Praktische Relevanz des Debitismus?
Batox, Donnerstag, 19.05.2011, 10:15 (vor 4933 Tagen)
Debitismus scheint in diesem Forum eine zentrale Rolle zu spielen. Ich versuche gerade zu verstehen, was dahinter steckt. Der Wikipedia-Artikel ist mir zu kurz, den weiterfuehrenden Aufsatz (http://eigentumsoekonomik.de/docs/AP-2-Enghofer-Knospe-formatiert.pdf) versuche ich gerade zu lesen, frage mich aber, ob es mir die Zeit wirklich wert ist.
Mein Problem ist folgendes:
In der Physik leben fast alle Menschen in Newtons Universum. Seine Gesetze sind zwar bei genauer Betrachtung unvollstaendig, zu einfach und falsch, als Approximation reichen sie aber vollkommen aus, um die physikalischen Probleme unseres taegliches Lebens zu beschreiben.
Die Relativitaetstheorie ist wesentlich genauer, umfassender und "richtiger", und hat enorme praktische Auswirkungen, ihr detailliertes Verstaendnis ist aber noch nicht einmal dann notwendig, wenn es um die Funktionsweise eines Atomreaktors geht. Sie braucht nur verstanden zu werden von demjenigen, der einen Atomreaktor (oder eine Bombe) entwickeln will.
Die Stringtheorie geht noch einen Schritt weiter. Sie hat noch keine praktischen Auswirkungen. Sie ist ein noch umfassenderes Modell als die Relativitaetstheorie, welches mathematisch-theoretische Erklaerungsmoeglichkeiten fuer diverse Probleme in der Relativitaetstheorie zeigt. Praktisch relevant ist diese Theorie in keiner Weise.
Ich frage mich nun, ob es eine aehnliche Abfolge von praktischer Relevanz auch bei den Wirtschaftstheorien gibt. Entspricht die klassische Theorie Newton oder Einstein? Wo ist der Debitismus einzuordnen?
Welche konkreten praktischen Auswirkungen hat es, wenn die Politiker, Wirtschaftsfuehrer und Zentralbanker die Ergebnisse des Debitismus nicht beruecksichtigen? Entspricht das der Ignoranz der Stringtheorie? Oder eher dem Versuch, einen Atomreaktor zu entwerfen, ohne die Relativitaetstheorie zu kennen?
Und wenn es so waere, dann waere (im Beispiel des Atomreaktors) das Ergebnis ein Reaktor, der nicht funktioniert. Es kaeme maximal zu nuklearen Verpuffungen - die Wahrscheinlichkeit, dass aus Versehen eine Bombe entsteht, geht gegen Null.
Mir scheint im Fall des Debitismus eher die Ansicht verbreitet, dass wenn dessen Erkenntnisse nicht beruecksichtigt werden, das oekonomische System ex- bzw. implodieren wird, d.h. ein gewaltiges Ereignis mit grossen praktischen Auswirkungen eintritt?
alles nur graue Theorie
nereus , Donnerstag, 19.05.2011, 11:02 (vor 4933 Tagen) @ Batox
Hallo Batox!
Du schreibst: Mir scheint im Fall des Debitismus eher die Ansicht verbreitet, dass wenn dessen Erkenntnisse nicht beruecksichtigt werden, das oekonomische System ex- bzw. implodieren wird, d.h. ein gewaltiges Ereignis mit grossen praktischen Auswirkungen eintritt?
Man muß das alles nicht komplizierter machen als es tatsächlich ist.
Verträge sollten eingehalten werden und die Vertragspartner sollte sich nur das „leisten“, was sie irgendwann auch zurückerstatten können.
Je größer der Vertragspartner und je einflußreicher dessen Wirkungen auf die Gesellschaft, um so pingeliger müssen die vereinbarten Konditionen überwacht werden.
Mit diesen banalen Weisheiten erübrigen sich alle weiteren geistigen „Schlachtfeste“, die außer Verwirrung eh nicht viel bringen.
Sich in angeblich nicht funktionierenden oder auch wieder vernünftigen Theorien zu versenken bringt keine Lösung der Probleme.
Ob ein Land sich nun aufgrund, der Theorie X, Y oder Z bis an die Oberkante verschuldet, hat weniger mit ökonomischen Sachverstand, als viel mehr mit gesundem Menschenverstand zu tun.
Das hat sogar Onkel WU (Walter Ulbricht) einst richtig erkannt.
„Mir gönn uns nur das leisden, was mir uns ooch erarbeided hoaben.“
mfG
nereus
...mit interessanten praktischen Schlussfolgerungen
Mephistopheles , Datschiburg, Donnerstag, 19.05.2011, 13:31 (vor 4933 Tagen) @ nereus
bearbeitet von unbekannt, Donnerstag, 19.05.2011, 13:36
Man muß das alles nicht komplizierter machen als es tatsächlich ist.
Verträge sollten eingehalten werden
wenn Verträge eingehalten werden sollten, dann heißt das nichts anderes, als dass sie nicht eingehalten werden.
und die Vertragspartner sollte sich
nur das „leisten“, was sie irgendwann auch zurückerstatten können.
Wenn Vertragspartner sich nur das leisten sollten, was sie auch irgenwann zurückerstatten können, dann heißt das, dass Vertragspartner sich auch das leisten, was sie niemals zurückerstatten können.
Je größer der Vertragspartner und je einflußreicher dessen Wirkungen
auf die Gesellschaft, um so pingeliger müssen die vereinbarten Konditionen
überwacht werden.
Je größer der Vertragspartner und je einflussreicher dessen Wirkungen auf die Gesellschaft, um so weniger können die vereinbarten Konditionen überwacht werden.
Mit diesen banalen Weisheiten erübrigen sich alle weiteren geistigen
„Schlachtfeste“, die außer Verwirrung eh nicht viel bringen.
Genau!
Sich in angeblich nicht funktionierenden oder auch wieder vernünftigen
Theorien zu versenken bringt keine Lösung der Probleme.
Ob ein Land sich nun aufgrund, der Theorie X, Y oder Z bis an die
Oberkante verschuldet, hat weniger mit ökonomischen Sachverstand, als viel
mehr mit gesundem Menschenverstand zu tun.
oder mit der Machttheorie des Debitismus.
Das hat sogar Onkel WU (Walter Ulbricht) einst richtig erkannt.
„Mir gönn uns nur das leisden, was mir uns ooch erarbeided hoaben.“
Da wurde WU ganz eindeutig durch die Geschichte widerlegt. Die Übernahme der BRD durch die DDR beweißt eindeutig, dass die Menschen ind der (Ex-)DDR sich auch das leisten können, was in der DDR nicht erarbeitet wurde.
mfG
nereus
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
da hat aber einer wieder ganz genau hingeschaut
nereus , Donnerstag, 19.05.2011, 15:10 (vor 4933 Tagen) @ Mephistopheles
Hallo Meph!
Habe ich es wieder mal mit Dir zu tun.
Du schreibst: wenn Verträge eingehalten werden sollten, dann heißt das nichts anderes, als dass sie nicht eingehalten werden.
Ja, das war ungenau formuliert.
Der Punkt geht an Dich.
Wenn Vertragspartner sich nur das leisten sollten, was sie auch irgendwann zurückerstatten können, dann heißt das, dass Vertragspartner sich auch das leisten, was sie niemals zurückerstatten können.
Nein, das ist die typisch diabolische Sichtweise des Iblis.
Ich meinte damit, daß ein pragmatischeres Risikobewußtsein durchaus die gravierenden Fehleinschätzungen minimieren könnte.
Das sollte keine Empfehlung für den ganz großen Betrug sein.
Je größer der Vertragspartner und je einflussreicher dessen Wirkungen auf die Gesellschaft, um so weniger können die vereinbarten Konditionen überwacht werden.
Warum das denn?
Natürlich kann man auch die „Großen“ überwachen – wenn man denn will.
Da wurde WU ganz eindeutig durch die Geschichte widerlegt. Die Übernahme der BRD durch die DDR beweist eindeutig, dass die Menschen in der (Ex-)DDR sich auch das leisten können, was in der DDR nicht erarbeitet wurde.
Jetzt bist Du aber etwas kurz gesprungen.
Den WK II haben beide Landesteile verloren und während man im Westen die wirtschaftliche Entwicklung förderte, haben die Russen das noch nicht Zerstörte abgebaut und in die „Walachei“ verfrachtet.
Die Reparationen hat größtenteils die Ostzone bezahlt, nur um das einmal in Erinnerung zu bringen.
Und die Anschubfinanzierung der Zivilgesellschaft ist ja wohl kaum zu vergleichen mit dem Raubrittertum der westlichen Banker und Großindustrie.
Ja, der Westen hat dem Osten eine ganze Menge bezahlt und es wäre Blödsinn dies in Abrede zu stellen.
Doch eigentlich müßte man diese Kohle und noch viel mehr in Washington, London, Paris, Moskau und Tel Aviv zurückfordern.
DAS ist das Problem und nicht der künstlich inszenierte Hickhack zwischen Ost und West.
mfG
nereus
Der "gesunde Menschenverstand" (mT)
Melethron, Donnerstag, 19.05.2011, 17:30 (vor 4933 Tagen) @ nereus
bearbeitet von Melethron, Donnerstag, 19.05.2011, 18:11
Mit diesen banalen Weisheiten erübrigen sich alle weiteren geistigen
„Schlachtfeste“, die außer Verwirrung eh nicht viel bringen.
Sich in angeblich nicht funktionierenden oder auch wieder vernünftigen
Theorien zu versenken bringt keine Lösung der Probleme.
Ob ein Land sich nun aufgrund, der Theorie X, Y oder Z bis an die
Oberkante verschuldet, hat weniger mit ökonomischen Sachverstand, als viel
mehr mit gesundem Menschenverstand zu tun.
Der "gesunde Menschenverstand" glaubt aber auch, es gehe ohne Schulden.
Der "gesunde Menschenverstand" glaubt, dass man derartige Probleme wie in Gr durch Sparen lösen kann.
Der "gesunde Menschenverstand" glaubt, dass Banken Geld aus dem "Nichts" schöpfen können.
Einige Vertreter des "gesunden Menschenverstandes" glauben sogar, dass Konkurrenz eher zum Allgemeinwohl führt als Kooperation.
Ich denke, die Implikationen des Debitismus machen doch klar, dass wir eine Wirtschaft wie in Stammesgesellschaften brauchen. Imo lassen sich commons/allmende (ursprünglich Allgemeinbesitz) als Gemeineigentum in eine Eigentumsgesellschaft einbetten. Bei mir stehen gerade Ostrom und Wagenknecht auf der "to-do" Liste.
[diverse Rechtschreibfehler korrigiert]
Aha, der Kommunismus soll also die Welt erlösen???
GRIBA, Donnerstag, 19.05.2011, 18:05 (vor 4933 Tagen) @ Melethron
So kann nur jemand schreiben, der ihn nicht erlebt hat!!!
So kann nur jemand schreiben der nicht einmal den Unterschied von Sozialismus und Kommunismus kennt (mT)
Melethron, Donnerstag, 19.05.2011, 18:12 (vor 4933 Tagen) @ GRIBA
So kann nur jemand schreiben, der ihn nicht erlebt hat!!!
Wenn du den Unterschied zwischen Sozialismzs, Kommunismus und Commons herausfindest bin ich bereit zu diskutieren. Aber eine derartige Aussage ist einfach peinlich.
Soso, kenn ich nicht?
GRIBA, Donnerstag, 19.05.2011, 22:20 (vor 4933 Tagen) @ Melethron
Alle dies -Ismen begehen eine Kardinalfehler (auch Marx übrigens): sie berücksichtigen nicht, daß der Mensch in erster Linie sich selbst sieht, in zweiter Linie seine Familie und erst viel später sein gesellschaftliches Umfeld.
Es hat sich auch als schwerer Irrtum herausgestellt, daß es gelänge, diese Grundlagen menschlichen Handelns durch Erziehung zum "Sozialistischen Menschen" abzutrainieren. Das gelingt bestenfalls punktuell und führt schlimmstenfalls zu allgemeiner Verantwotungslosigkeit und seelischer Verwahrlosung.
Motto: Was Dein ist ist auch meins und was mir gehört, geht Dich nichts an.
In diesem Zusammenhang ist es völlig belanglos, die Unterschiede zwischen Sozialismus ("Jedem nach seinen Fähigkeiten") und Kommunismus ("Jedem nach seinen Bedürfnissen") herausarbeiten zu wollen.
Wie weit sich die Bedürfnissen im Zweifelsfall an die Gegenbenheiten anpassen lassen, darf man an Hand der Kulturrevolution oder der Diktatur der Roten Kmer studieren - zweifelsohne kommunistische Systeme.
Unter diesen Kautelen funktioniert eine klassenlose, archaische Gesellschaft ohne Abgabensystem nur solange, wie kein Mehrprodukt ensteht, daß sich wer auch immer aneignen könnte. Sobald dieses aneignungsfähige Mehrprodukt da ist, zerfällt diese Gesellschaft zwangsweise durch die Entstehung von Eigentum mit der Folge von Besitzern/Nichtbesitzern und hieraus wieder enwickeln sich Herrscher/Beherrschten- (=KLassen-)Gesellschaften.
Summa: es nützt nichts, sich Gedanken über das Funktionieren ökonomische Systeme zumachen, wenn man den Hauptakteur darin, den Menschen, nicht berücksichtigt.
Du hast wirklich keinen Plan wovon ich rede...
Melethron, Freitag, 20.05.2011, 01:02 (vor 4933 Tagen) @ GRIBA
Ich schreibe was zu commons und du fängst von einer klassen/eigentumslosen Gesellschaft an. Ich hab weder was von Marx noch von Kommunismus erzählt und du fängst ein stammtischgerede über die Natur des Menschen an, dass keinerlei wissenschaftliche Grundlage hat. Erkläre mir die Ergebnisse des Diktatorexperiment anhand des auf eigenen Vorteil bedachten Mensch. Aber lassen wir das Thema. Wenn du im 21 Jahrhundert angekommen bist und die Ergebnissen der Experimentalökonomie, Psychologie und Neurologie berücksichtigst können wir gerne über ein Menschenbild reden....
Aber erst erklär ich dir nochmal kurz über was ich geschrieben habe, da du es ja noch nicht mal schaffst Begriffe bei wiki nachzuschlagen. Commons haben nichts mit einer Eigentumslosen Gesellschaft zu tun. Commons sind Gemeineigentum (aber auch Gemeinbesitz wie etwa die Erdatmosphäre) innerhalb einer Eigentumsgesellschaft. Schon mal was von GPL gehört? Von GNU? Von Wikipedia? Das sind Paradebeispiele für äusserst effiziente Nutzung von Ressourcen. Und das hat nichts mit eigentumslos zu tun. Im Gegenteil: Ich kann den Zugang dazu einklagen. Wenn du einen Artikel veränderst habe ich ein einklagbares Urheberrecht darauf. Das ging mit den Villen der DDR Parteiführung nicht ... auch wenn diese als "Gemeineigentum" bezeichnet wurden.
Sorry, aber es ist absolut peinlich was über Marx zu predigen, wenn ich von etwas ganz anderem Rede. Dieses kreativitätslose denken, dass jede Kapitalismuskritik von jemandem mit Stalinposter an der Wand kommen muss, ist exemplarisch für Leute die in ewig gestrigen Ideologien denken: Links, Rechts. Schwarz, Weiß.
In solche Kategorien denke ich nicht. Meine Kategorien sind: Effizienz, Effektivität und Nachhaltigkeit.
Der Glaube daran, dass alle Menschen Brüder und Schwestern sein könnten oder dass eine zentrale Administration mit 5-Jahresplänen (oder Eu Verordnungen) effektiv, effizient und nachhaltig wirtschaften kann ist naiv. Ebenso naiv ist die Ansicht, dass es dem Gemeinwohl dient wenn sich alle gegenseitig übers Ohr hauen.
Kleiner Tipp: schlag mal Elinor Ostrom in der unkommunistischen Wikipedia nach bevor du antwortest. Ist weniger peinlich, wenn man die Sachen kritisiert über die der Kritisierte auch gesprochen hat.
Und was Wagenknecht angeht... die schreibt im aktuellen Buch über Hayek, Schumpeter, Eucken etc. Und mich interessiert ihr Ansicht zu ordoliberalen Ideen. Gerade in Bezug auf Hegels Staats/Gesellschaft Dualismus (vgl. auch Stützels Rationalitätenfalle) dessen "starker Staat" vergleichbar ist mit dem Euckens (und ebenso missverstanden).
Das mag sein, solange alle Gegenmodelle zum Kapitalismus scheitern/gescheitert sind, ...
GRIBA, Freitag, 20.05.2011, 09:05 (vor 4932 Tagen) @ Melethron
bearbeitet von GRIBA, Freitag, 20.05.2011, 09:09
halte ich eine Vertiefung dieser rein theoretischen Diskussion auch für sinnlos.
In der Theorie mag vieles einfach und logisch sein, die Praxis als Kriterium der Wahrheit ist jedoch i.d.R. völlig anders.
Übrigens: ich denke durchaus nicht schwarz/weiß, schließlich mußte ich einmal über Jahre hinweg internsiv Marxismus-Leninismus studieren und "betreiben" (und war sogar mal Verfechter dieser Irrlehre).
BTW: ich benutze zur Diskussion mein Gedächtnis und gleiche dieses nicht mit Wikipedia ab - daher sind Dissonanzen folgerichtig.
Und schon wieder falsch,... (mT)
Melethron, Freitag, 20.05.2011, 11:52 (vor 4932 Tagen) @ GRIBA
... denn Ostroms Studien sind rein empirisch. Sie untersucht bestehende Genossenschaften und stellt anhand funktionierender und gescheiterter Genossenschaften Kriterien auf, wann diese funktionieren. Desweiteren lehnt Sie pauschale Lösungen ab ...
Mal ein kleiner Tipp: Wenn man aus dem Gedächtnis heraus diskutieren möchte, dann sollte der Diskussionsinhalt dort zuerst mal vorhanden sein....
Wenns nicht selber klappt:
http://lmgtfy.com/?q=elinor+ostrom
Wir haben offenbar gundsätzlich unterschiedliche Herangehensweisen an dieses Thema.
GRIBA, Freitag, 20.05.2011, 12:23 (vor 4932 Tagen) @ Melethron
Sie: wirtschaftstheoretisch
Ich: aus der Erfahrung mit unterschiedlichen Systemen
Z.B. kenn ich Genossenschaften verschiedener Größen und unterschiedlichster Strukturen (Fischerei, Landwirtschaft, Wohnung), die, wenn sie denn scheitern, dann im Wesentlichen durch zwei Faktoren:
1. (veränderte) gesellschaftliche Rahmenbedingungen
2. individuelle Probleme (Mensch-Mensch-Interaktion, Unvermögen einzelner)
Insofern kann ich nicht erkennen, daß die Arbeit von Ostrom (wenn die Zusammenfassung auf Wikipedia denn wirklich stimmen sollte) hier so viel weiter führt.
Als Resümee ihrer Forschung nennt Ostrom folgende Prinzipien für erfolgreiche Lösungen von lokalen Allmendeproblemen:[2]
Klar definierte Grenzen und einen wirksamen Ausschluss von externen Nichtberechtigten.
Regeln bezüglich der Aneignung und der Bereitstellung der Allmenderessourcen müssen den lokalen Bedingungen angepasst sein.
Die Nutzer können an Vereinbarungen zur Änderung der Regeln teilnehmen, so dass eine bessere Anpassung an sich ändernde Bedingungen ermöglicht wird.
Überwachung der Einhaltung der Regeln.
Abgestufte Sanktionsmöglichkeiten bei Regelverstößen.
Mechanismen zur Konfliktlösung.
Die Selbstbestimmung der Gemeinde wird durch übergeordnete Regierungsstellen anerkannt.
Ostrom ist es mit diesem Buch gelungen, die Komplexität befriedigender Lösungen lokaler Ressourcenprobleme und die Unzulänglichkeit einfacher Rezepte zu verdeutlichen. Was ohne Zweifel gezeigt wird, ist, dass es Probleme von Allmenderessourcen gibt, die auch ohne eine Privatisierung dieser Ressourcen und auch ohne eine zentralstaatlich von oben angeordnete Lösung gelöst werden konnten.[3]
Wie der letzte Satz über Ostrom belegt wird, interessiert mich allerdings wirklich brennend, denn er steht im krassen Widerspruch zu den Erfahrungen aus meinem Umfeld.
Antwort (mT)
Melethron, Freitag, 20.05.2011, 17:17 (vor 4932 Tagen) @ GRIBA
bearbeitet von Melethron, Freitag, 20.05.2011, 17:22
Was meinen Ansatz angeht: Ich misstraue Pauschalisierung, vorallem von Einzelfällen. Ich nehme jemand der 20 Jahre Feldforschung betreibt ernster als einzelne Eindrücke (auch eigene). Da Ostrom gescheiterte Projekte keineswegs leugnet und ein "Kochrezept" ablehnt ist Sie imo Ernst zu nehmen und arbeitet seriös.
Ostrom ist es mit diesem Buch gelungen, die Komplexität befriedigender
Lösungen lokaler Ressourcenprobleme und die Unzulänglichkeit einfacher
Rezepte zu verdeutlichen. Was ohne Zweifel gezeigt wird, ist, dass es
Probleme von Allmenderessourcen gibt, die auch ohne eine Privatisierung
dieser Ressourcen und auch ohne eine zentralstaatlich von oben angeordnete
Lösung gelöst werden konnten.[3]
Wie der letzte Satz über Ostrom belegt wird, interessiert mich allerdings
wirklich brennend, denn er steht im krassen Widerspruch zu den Erfahrungen
aus meinem Umfeld.
Diese kleine 3 unter dem Text nennt sich Fußnote. Damit belegen Leute die wissenschaftlich arbeiten ihre Aussagen.
(ich konnte diese Polemik einfach nicht lassen).
Elinor Ostrom has challenged the conventional wisdom that common property is poorly managed and should be either regulated by central authorities or privatized. Based on numerous studies of user-managed fish stocks, pastures, woods, lakes, and groundwater basins, Ostrom concludes that the outcomes are, more often than not, better than predicted by standard theories. She observes that resource users frequently develop sophisticated mechanisms for decision-making and rule enforcement to handle conflicts of interest, and she characterizes the rules that promote successful outcomes.
Quelle:Nobelpreiskomitee
Also wenn ich mal tippen dürfte liegt der divergierende Befund in der Stichprobenanzahl. Aus meiner wissenschaftstheoretischen Sicht schlage ich dir eine Ausweitung der eigenen Messreihe vor ;) .
Das Problem liegt wohl darin, daß ich aller Wissenschaft mißtraue,...
GRIBA, Freitag, 20.05.2011, 22:19 (vor 4932 Tagen) @ Melethron
die ich in meinem Umfeld nicht nachvollziehen kann. Das mag dann einzelne Ergebnisse oder ganze Theorien unberechtigt treffen, aber dafür ist diese meine Anschauung ja auch unerheblich genug.
Allerdings gehe ich hoch wie eine A4 (andere sprechen von V2), wenn etwas auch nur nach Kommunismus riecht.
Ich denke, es ist Zeit
Mephistopheles , Datschiburg, Freitag, 20.05.2011, 08:09 (vor 4933 Tagen) @ Melethron
Ich denke, die Implikationen des Debitismus machen doch klar, dass wir
eine Wirtschaft wie in Stammesgesellschaften brauchen. Imo lassen sich
commons/allmende (ursprünglich Allgemeinbesitz) als Gemeineigentum in eine
Eigentumsgesellschaft einbetten. Bei mir stehen gerade Ostrom und
Wagenknecht auf der "to-do" Liste.
(Hervorhebung von mir Meph.)
Ich denke, es ist Zeit,
sich in Genossenschaften zu organisieren.
- dieses System ist auf technisch/wissenschaftliche Grundinnovationen alle 2 Generationenen angewiesen, welche die gesamte Wirtschaft umkrempeln.
Diese Grundinnovationenen bleiben seit mehr als 2 Generationen aus.
- ohne neue Grundinnovationen können die aus den vorangegangenen Innovationen geschaffenen Probleme nicht gelöst werden.
- Vorräte sammeln, jedweder Art, um zu versuchen, den Zusammenbruch des Wirtschaftssystems zu überstehen, halte ich für aussichtslos.
- Ich denke, es ist Zeit, sich in Genossenschaften zu organisieren. Wirtschaften wird mit dem Zusammenbruch des gegenwärtigen Systems nicht aufhören.
(Nebenbei frage ich mich natürlich, wie es geschehen konnte, dass der real existierende Sozialismus in Zusammenhang mit der Genossenschaftsbewegung gebracht wurde oder die katholische Kirche in Zusammenhang mit den Ideen eines Jesus Christus.
Beide sind das genaue Gegenteil der ursprünglichen Idee)
Sollte dem gegenwärtigen debitistischen System tatsächlich noch eine Grundinnovation gelingen, ist der Debitismus natürlich viel effizienter als eine Genossenschaft jemals sein kann.
Andersrum...
Jeder möge sich selbst die Chancen ausrechnen.
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Ja
DcMontain, Freitag, 20.05.2011, 20:38 (vor 4932 Tagen) @ Mephistopheles
Servus mein Gudster,
diesen Gedanken hatte ich auch schon. Bin aber auch, wie Du, nicht bei einer abschließenden Ausformung gelandet. Es stellt sich zB die Frage, wie ein genossenschaftliches System unterwandert werden kann.
Grüße
DcM
Weiteres per PM, das Thema ist sonst zu sehr OT
Mephistopheles , Datschiburg, Freitag, 20.05.2011, 20:54 (vor 4932 Tagen) @ DcMontain
Servus mein Gudster,
diesen Gedanken hatte ich auch schon. Bin aber auch, wie Du, nicht bei
einer abschließenden Ausformung gelandet. Es stellt sich zB die Frage, wie
ein genossenschaftliches System unterwandert werden kann.
Genau, das ist die alles entschiedende Frage:
Wie werden wir das Fell des Bären verteilen, wenn wir ihn erst erlegt haben werden?
Grüße
DcM
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Debitismus ist eine Variante des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik
Kurt, Donnerstag, 19.05.2011, 11:04 (vor 4933 Tagen) @ Batox
Ich frage mich nun, ob es eine aehnliche Abfolge von praktischer Relevanz
auch bei den Wirtschaftstheorien gibt. Entspricht die klassische Theorie
Newton oder Einstein? Wo ist der Debitismus einzuordnen?
Meiner bescheidenen Auffassung nach ist die klassische Wirtschaftstheorie auf dem Stand der mittelalterlichen Naturwissenschaft, mit anderen Worten (in weiten Teilen) auf dem Stand von Osterhase und Weihnachtsmann.
Mit dem Debitismus wird die Wirtschaftstheorie auf denselben Stand gehoben, den die Thermodynamik bereits im 19. Jahrhundert erreicht hat.
Mit der Thermodynamik kann man vieles erklären, bis hin zu dem Phänomen, dass die Evolution (lokal begrenzt!) von ganz alleine zu immer höherer Komplexität (z.B. nen Insektenauge oder nen Intel Pentium Prozessor) kommen kann, während doch eigentlich alles stattdessen dem Tod in der Wärmesuppe zustreben sollte. Die Thermodynamik hatte erkannt: man braucht ganz einfach nur ein anhaltendes Temperaturgefälle, damit all das wunderbar immer höher und weiter "evoluiert".
Im Debitismus braucht man analog immer nur ein anhaltendes Schuld(ner)gefälle, damit die Wirtschaft immer wunderbar so weitergeht. Sprich, jede Schuld eines Einzelnen braucht mehrere Nachschuldner (lustigerweise ist es bei der Religion genau umgekehrt), die ihm diese immer wieder abnehmen. Sprich, die ganze Wirtschaft ist ein Ponzi-System, das nun leider an seine Grenzen stößt, da man auf dem Globus keine Nachschuldner mehr findet, und im Weltall noch keine gefunden hat.
Hier nochmal kurz zur Einordnung von Wirtschaft, Religion und Energieversorgung in (ebendieses) Zweite-Hauptsatz-Gefälle-Schema der Thermodynamik.
Soweit meine zwei Cent,
Grüße Kurt
Der herrlich gruselige Blick in den Abgrund!
Lex Mercatoria , Donnerstag, 19.05.2011, 12:28 (vor 4933 Tagen) @ Batox
Hallo Batox!
Der Debitismus ist keine ökonomische Empfehlung oder Anleitung, wie man es "richtig" macht.
Der Debitismus reklamiert für sich lediglich die Entzauberung aller ökonomischen (und gesellschaftlichen!) Illusionen.
Der Debitismus liefert keinerlei Lösungsansätze.
Im Debitismus ist letztlich alles und jedes kollektive (auf Staaten basierende) Wirtschaften auf lange Sicht vergeblich.
Du fragst nach der praktischen Relevanz von Wirtschaftstheorien und dem Debitismus:
Grundsätzlich liefern ökonomische Denkschulen so etwas, wie ein gesellschaftliches Glaubensbekenntnis bzw. einen Teil des ideologischen Unterbaus für einen Staat/eine Gesellschaft. Wirtschaftstheorien sind, im Hinblick auf das Wirtschaften selbst, in aller Regel bestätigend und befürwortend. Sie sind konstruktiv formuliert und liefern eine positive(!) gesellschaftliche Vision. Sie sind somit auch immer gemeinschaftsbildend/kollektivierend.
Ein globales, kollektives Akzeptieren und Verinnerlichen des Debitismus hingegen müsste konsequenterweise zur vollständigen Dekonstruktion und Rückabwicklung aller Staaten und Wirtschaftssysteme führen hin zu reinen (Stammes bzw. Gruppen basierenden) Subsistenz-Wirtschaften.
Aber so lange dieses debitistische Nirvana noch nicht erreicht ist, bleibt für den beinharten Debitisten nur eine praktische Relevanz:
Die Vorteile des Wissens um die ökonomischen Illusionen und Hoffnungen gar nicht erst missionarisch in die Welt hinaus zu tragen, sondern diese stillschweigend nur für sich selbst (egoistisch) zu nutzen - sofern sich mit diesem Wissen überhaupt ein Vorteil erringen lässt.
Um zu Deiner Frage nach einer Analogie zu kommen:
Nach dem Debitismus können immer nur einige, aber niemals alle zum Zuge kommen, ähnlich dem Behauptungs-/Durchsetzungs-/Überlebensprinzip aus der Biologie/Soziologie. Der Debitismus wäre damit in der Ökonomie vielleicht das, was in der Biologie der Darwinismus ist.
Oder ein anderer Vergleich:
Der Debitismus (keine Vision, keine Hoffnung, keine Erlösung) ist in der Ökonomie ein bisschen das, was in der Welt der Religionen der Atheismus darstellt.
Einen Vergleich mit der Naturwissenschaft macht aus meiner Sicht wenig Sinn, da der Debitismus jedweden Lösungsansatz (im Rahmen der staatlichen/gesellschaftlichen Gegebenheiten) ja per se ausschließt. Und wenn man beispielsweise die liberale österreichische Denkschule (Mises/Hayek) in diesem Kontext bereits als anti-konstruktivistisch betrachten darf (freilich garniert mit viel Hoffnung auf das Gute im Menschen), dann wäre der Debitismus möglicherweise das, was einst FJS als rechts von sich beschrieb...
Viele Grüße
Lex
--
Disclaimer:
Article might contain explicit depictions of real things.
These real things are commonly known as life.
If it sounds sarcastic, don't take it seriously.
If it sounds dangerous, don't try it at home.
If it offends you, don't read it.
gruselig wird es erst dann
Mephistopheles , Datschiburg, Donnerstag, 19.05.2011, 13:42 (vor 4933 Tagen) @ Lex Mercatoria
wenn man sich überlegt, dass 7 Milliarden sich der Vertreibung aus dem debitistischen Paradies wohl nicht so widerspruchslos fügen werden wie dazumalen 2 Individuen.
Viele Grüße
Lex
Schön ,das du wieder Beiträge schreibst!
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Ja, an diesem Punkt endet dann wohl...
Lex Mercatoria , Sonntag, 29.05.2011, 01:51 (vor 4924 Tagen) @ Mephistopheles
wenn man sich überlegt, dass 7 Milliarden sich der Vertreibung aus dem
debitistischen Paradies wohl nicht so widerspruchslos fügen werden wie
dazumalen 2 Individuen.
...das gepflegte Wohnzimmer-Gruseltainment mit Lounge-Musik im Hintergrund!
Hi Meph!!!
Schön ,das du wieder Beiträge schreibst!
Danke Meph, aber eigentlich habe ich hier weitestgehend fertig. Ich befinde mich derzeit in einer schreibtechnisch eher unkreativen und lustlosen Phase. Dachte mir aber, ich schaue trotzdem mal wieder hier vorbei - um zu sehen, was so läuft und ob die Strahlungsintensität der Atombeiträge langsam wieder nachlässt. Und bei der Gelegenheit ist mir anscheinend versehentlich etwas aus der Tastatur gerutscht...wie soeben auch an anderer Stelle.
Freut mich zu sehen, dass Du Dich nach wie vor im präzisen Gebrauch Deines mephistophelischen Skalpells übst und Deinen staubtrockenen Humor wie gewohnt platzierst!
Ganz viele Grüße
Lex
--
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If it sounds dangerous, don't try it at home.
If it offends you, don't read it.
....denn er macht einsam!
Ashitaka , Donnerstag, 19.05.2011, 19:05 (vor 4933 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hallo Meph, Lex,
Die Vorteile des Wissens um die ökonomischen Illusionen und Hoffnungen
gar nicht erst missionarisch in die Welt hinaus zu tragen, sondern diese
stillschweigend nur für sich selbst (egoistisch) zu nutzen - sofern sich
mit diesem Wissen überhaupt ein Vorteil erringen lässt.
Als es in meinem Kopf das erste mal "klick" gemacht hat und mir die Wahrnehmung der unaufhörlichen, terminlichen Neuverschuldung bewusst wurde, da stand ich doch sehr alleine mit meinen Ableitungen und dem Umdenken bezogen auf alle wirtschaftswissenschaftlichen Vorgänge; dachte ich doch vorher wirklich an den Weihnachtsmann und dem Geld als festen Vermögenswert unserer Gesellschaft, beliebig steuerbar durch Eingriffe der Zentralbank. Es ist ein hoffnungsloses Unterfangen sich in volkswirtschaftliche und monetäre Diskussionen einzumischen. Ein Stück weit mag man sich mit seinen besser wissenden Äußerungen in Disskussionsrunden einmischen; nur fehlt es sehr schnell an der passenden Sprache und den schlagfertigen Bildern, damit die Lehren der Volkswirtschaften als eine hundertfach gespiegelte Nebenwirkung der Zwangsverschuldung und der damit einkehrenden Aufforderung zur Verteidigung des Eigentumtitels erkannt werden.
Der erkannte Debitismus ist vergleichbar mit dem Tod Gottes, dem Verlust des morgigen Sonnenaufgangs! Eine weder lebende, noch sterbende Welt, in der es sich gelegentlich träumen lässt, in der man seinen höllischen Verstand bei 100% Auslastung überhitzten darf, sich aufopfern muss um am Gefühl der geraubten Sicherheit und Wohlbefindlichkeit teilhaben zu dürfen.
Kurz gesagt: Mir gehen seit dem viele Ansichten unserer Gesellschaft am Arsch vorbei und ich bin an dem Punkt angelangt, an dem ich die alte Sprache und Denke verlernen mag. Das ist gefährlich! Ich bin heute zu viel mehr Offenheit bereit als noch vor einigen Jahren - fühle mich wie aufgewacht und opfere Status der Wahrnehmung und dem Verstehen dessen was vor sich geht!
In God i don't trust!
Ashitaka
--
Der Ursprung aller Macht ist das Wort. Das gesprochene Wort als
Quell jeglicher Ordnung. Wer das Wort neu ordnet, der versteht wie
die Welt im Innersten funktioniert.
Wie das so ist mit dem Kettenbrief
Morpheus , Donnerstag, 19.05.2011, 21:57 (vor 4933 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hallo Lex,
dieser Beitrag bringt es wie stets kurz und knackig auf den wesentlichen Punkt.
Du fragst nach der praktischen Relevanz von Wirtschaftstheorien und dem
Debitismus:
Aber so lange dieses debitistische Nirvana noch nicht erreicht ist, bleibt
für den beinharten Debitisten nur eine praktische Relevanz:
Die Vorteile des Wissens um die ökonomischen Illusionen und Hoffnungen
gar nicht erst missionarisch in die Welt hinaus zu tragen, sondern diese
stillschweigend nur für sich selbst (egoistisch) zu nutzen - sofern sich
mit diesem Wissen überhaupt ein Vorteil erringen lässt.
Das praktische Beispiel mit dem debitistischen Kettenbrief ist da der einzige Anhaltspunkt der mir bleibt. Bei jedem Kettenbrief gewinnen nur die, die ganz am Anfang der Kette stehen.
Wir haben das Spiel nicht angefangen, also trifft uns keine Schuld, keine rechtliche, keine moralische. Also sollte man wohl so egoistisch sein und sich so gut es eben geht an den Anfang der Kette begeben. Wobei es dafür kein allgemein gültiges Rezept gibt. Aber wenigstens bekommt so die von Ashitaka zutreffend beschriebene Einsamkeit irgendwie einen Sinn.
Grüße Morpheus
--
Es läuft der größte Verhaltensversuch der Menschheit und Du bist dabei!
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warum unser System nicht funktionieren kann
Die Illusion einer goldenen Ruebe
Batox, Donnerstag, 19.05.2011, 17:15 (vor 4933 Tagen) @ Batox
Danke fuer die guten Antworten - Faszinierend. Wir werden duch ein falsches Versprechen, durch die Illusion einer goldenen Ruebe, dazu gebracht, mehr Arbeit zu leisten als fuer unser reines Ueberleben notwendig waere.
Ich denke da ich Atheist und Darwinist bin und die Thermodynamik interessant finde, werde ich jetzt wohl auch noch Debitist werden muessen. Auf jeden Fall werde ich mich intensiv mit dem Thema befassen :)
"Geld arbeitet nicht" scheint mir hier eine zentrale Erkenntnis zu sein - es gibt in einem geschlossenen System keine Moeglichkeit, durch Kapitalanlage Gewinn zu erwirtschaften.
Moment.
DarkStar , Samstag, 21.05.2011, 13:11 (vor 4931 Tagen) @ Batox
Hi Batox,
der Enghofer-Knospe-Aufsatz lohnt sich in jedem Fall als Einstieg in das Thema.
"Geld arbeitet nicht" scheint mir hier eine zentrale Erkenntnis zu sein -
es gibt in einem geschlossenen System keine Moeglichkeit, durch
Kapitalanlage Gewinn zu erwirtschaften.
Das stimmt aber nicht: Ein einziger Umsatz eines Vermögenswertes zu einem höheren Preis lässt alle vergleichbaren Vermögenswerte auch im (bilanzierbaren) Wert steigen --> Gewinn für alle Vermögenswerteigentümer.
Und das geht natürlich auch schön in "einem geschlossenen System".
--
DS
---
"Things usually work --- until they dont."
Kritik am Debitismus
Francisco d'Anconia, Donnerstag, 19.05.2011, 20:20 (vor 4933 Tagen) @ Batox
bearbeitet von Francisco d'Anconia, Donnerstag, 19.05.2011, 20:24
Eine Kritik am Debitismus erweitert durchaus die Theorien:
Privateigentum und Geld
Kontroversen um den Ansatz von Heinsohn und Steiger
http://www.buchhandel.de/detailansicht.aspx?isbn=9783895182587
Kontrovers
tar , Gehinnom, Donnerstag, 19.05.2011, 20:47 (vor 4933 Tagen) @ Francisco d'Anconia
Eine Kritik am Debitismus erweitert durchaus die Theorien:
Privateigentum und Geld
Kontroversen um den Ansatz von Heinsohn und Steigerhttp://www.buchhandel.de/detailansicht.aspx?isbn=9783895182587
Es klingt vom Inhaltsverzeichnis schon interessant.
Dennoch ist das doch das Buch, bei dem Riese diesen Aufsatz von Theil angefordert hat - Betz/Roy den aber einfach gestrichen haben
Gruß!
--
Gruß!™
Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.
BTC: 12aiXGLhHJVETnmGTLbKtAzJNwqh6h6HN4
Warum einfach, wenn's auch ....
Zandow , Heidenau/Sachsen, Freitag, 20.05.2011, 00:29 (vor 4933 Tagen) @ tar
Hi tar,
Dennoch ist das doch das Buch, bei dem Riese
diesen Aufsatz
von Theil angefordert hat - Betz/Roy den aber einfach gestrichen
haben
der von Dir gezeigte Aufsatz läßt sich einfach nicht ausdrucken. Kannst Du mir irgendwie diesen Aufsatz als Word- oder pdf-Datei zukommen lassen?
Mein Drucker mag irgendwie bestimmte Sachen nicht.
Beste Grüße, Zandow
--
Nuclear power? Yes please!
PN angekommen? (oT)
tar , Gehinnom, Freitag, 20.05.2011, 18:28 (vor 4932 Tagen) @ Zandow
- kein Text -
--
Gruß!™
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Den Theil-Aufsatz gibt es auch hier:
DarkStar , Samstag, 21.05.2011, 13:06 (vor 4931 Tagen) @ Zandow
http://www.eigentumsoekonomik.de/publikationen.php
--
DS
---
"Things usually work --- until they dont."
Debitismus ist Grundlage jedes realistischen ökonomischen und sozialen Lösungsansatzes :-)
Onkel Otto, Donnerstag, 19.05.2011, 22:42 (vor 4933 Tagen) @ Batox
bearbeitet von Onkel Otto, Donnerstag, 19.05.2011, 22:54
arbeitsteiliges Wirtschaften ist vorfinanzieren und nicht tauschen, eine ökonomische Jahrhunderterkenntnis und zutreffende Beschreibung der Realität zur konstruktiven Problemanalyse und Lösung.
Auch wenn einige Ökonomie-Punks hier recht destruktive Schlüsse ziehen, wohl weil die Guthabenrückzahlung außerhalb Ihrer Vorstellungskraft oder emotionalen Toleranzschwelle liegt, ich sehe die neuen Schabowskies von Neuhortland sich schon "warmstammeln".
Wieso sollte man bei 'Guthabenrückzahlung' überhaupt wirtschaften? Aus Spaß an der Freude? (oT)
Aljechin , Donnerstag, 19.05.2011, 23:06 (vor 4933 Tagen) @ Onkel Otto
- kein Text -
Wenn nicht aus Spaß an der Freude könnte man es ja lassen und stattdessen spielen gehen. (oT)
Orlando , Donnerstag, 19.05.2011, 23:21 (vor 4933 Tagen) @ Aljechin
- kein Text -
aus Freude am Leben statt am Horten :-)
Onkel Otto, Donnerstag, 19.05.2011, 23:26 (vor 4933 Tagen) @ Aljechin
verrate mir mal bitte, wozu man ein Guthaben braucht, wenn man es eh nie "zurückzahlen" möchte, also eh nie irgendwas kaufen möchte?
Ich habe auf diese Frage nur die stroblsche/freudsche Erklärung - das unvergängliche Guthaben als Ausgleich der eigenen Vergänglichkeit. Ist aber gaga - weil die eigene Vergänglichkeit natürlich bleibt?
Ich kann mir so was wirklich nur in einer "Stammesgesellschaft" oder im
Aljechin , Donnerstag, 19.05.2011, 23:39 (vor 4933 Tagen) @ Onkel Otto
Ameisenhaufen vorstellen.
Man müsste Jahre/Jahrhunderte der menschlichen Entwicklung auf den Kopf stellen. Es gab immer jemanden, der mehr hatte. Ob König oder Pharao. Alle hatten, durch horten, mehr als der Rest. Selbst in der DDR/SU gab es Leute, die mehr als andere hatten.
Und Du musst auch bedenken, was ist, wenn man z.B. durch Arbeit nichts mehr erwerben kann (Krankheit z.B), aber nichts gehörtet hat? Oder Dein Geschäftspartner fällt weg.
Was macht man dann?
Gruß, Aljechin
natürlich will man sich absichern,
Onkel Otto, Freitag, 20.05.2011, 00:08 (vor 4933 Tagen) @ Aljechin
nur - ich zahle als Unternehmer nicht in die Rentenkasse, käme aber auch nie auf die Idee, diese Vorsorge für ein eventuelles Alter in Geld, also anderer Leute/Länder Schulden zu betreiben.
Und da sind wir beim grundlegenden Denkfehler des GO-Debitismus, nur Geld = Gewinn. Dies ist doch eine logische Inkonsistenz, wenn ich gleichzeitig beschreibe, dass die Schulden irgendwann platzen und diese absehbar wertlosen Titel gleichzeitig zum einzigen Sinn des Wirtschaftens erkläre?
Weltnettovermögen = Weltsachvermögen, Weltnettogeldvermögen = Null,Nix,Njente -
fertsch und gute Nacht, Jörg
Btw. so einen Ansatz hatte schon mal einer, "oberste Stelle". Hatte aber auch wenig Erfolg
Aljechin , Freitag, 20.05.2011, 00:08 (vor 4933 Tagen) @ Aljechin
Statt Überproduktion jetzt mit dem Grundeinkommen gar kein Zwang mehr überhaupt irgend etwas zu leisten?!
Morpheus , Donnerstag, 19.05.2011, 23:37 (vor 4933 Tagen) @ Onkel Otto
also ehrlich, warum soll wirtschaften so funktionieren?
In diesem schönen Beitrag von Zandow wird die Herkunft der Überproduktion beschrieben.
Und ein bedingungsloses Grundeinkommen, das jegliche Produktionsnotwendigkeit abschafft, soll da helfen oder gar funktionieren. Kannst Du mir mal erklären, wie das in den damals historisch noch sehr einfachen gesellschaftlichen Systemen, die Bernbeck schildert, funktionieren sollte.
Wenn es da plausibel funktionieren kann, dann reden wir weiter. Bin gespannt wie Du das erklärst.
Übrigens haben die das in Griechenland doch gerade probiert. Da hatten doch 40 bis 60% der Leute noch ein "Quasi Grundeinkommen" durch den Staat. Und wo stehen die jetzt? Manche von den Griechen mit Grundeinkommen haben zusätzlich auch gewirtschaftet.
Grüße Morpheus
--
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warum unser System nicht funktionieren kann
Urschuld + Kontraktschuld > Grundeinkommen
Onkel Otto, Donnerstag, 19.05.2011, 23:54 (vor 4933 Tagen) @ Morpheus
dann klappts auch mit dem Angebot - ein kleines Grundeinkommen ist angebotserhöhend - angebotsdeflationär!
Und positive Angebotsdeflation bitte nicht mit der GO-Nachfragedeflation verwechseln.
Wichtig ist nur Geld-Sparpläne =< Netto-Verschuldungspläne - dies geht auch mit fallenden Nominal-Preisen.
Und diese makroökonomische Feinsteuerung könnte man wettbewerbsneutral und marktentstörend halt auch über das Grundeinkommen machen.
Ja, mit einer leichten Deflation würde alles besser funktionieren
Morpheus , Freitag, 20.05.2011, 00:12 (vor 4933 Tagen) @ Onkel Otto
nur müssten dann auch die Löhne sinken können etc. etc.
Das hat auch dottore ganz klar so beschrieben.
Und neben den Preisen würde auch die Werte von Sicherheiten fallen und nicht steigen. Das ganze leicht deflationäre System ist sehr kompliziert. So kompliziert, dass es die Politik den "normalen" Menschen nicht zumuten will/wollte oder kann/konnte.
Und genau deshalb haben sie dieses gute/bessere System auf Rat von Ökonomen durch eines mit Wachstumszwang ersetzt. Und genau deshalb lieber Jörg geht es leider irgendwann in der DeDe zu Ende. Leider, wie ich betonen möchte, ich bin keinesfalls glücklich darüber, nur hilft es nicht sich die Augen zu zu halten.
Grüße Morpheus
--
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warum unser System nicht funktionieren kann
wenn man die "Nachfrageschöpfung aus dem Nichts" verstanden hat,
Onkel Otto, Freitag, 20.05.2011, 00:28 (vor 4933 Tagen) @ Morpheus
bearbeitet von Onkel Otto, Freitag, 20.05.2011, 00:33
Und genau deshalb haben sie dieses gute/bessere System auf Rat von
Ökonomen durch eines mit Wachstumszwang ersetzt. Und genau deshalb lieber
Jörg geht es leider irgendwann in der DeDe zu Ende. Leider, wie ich
betonen möchte, ich bin keinesfalls glücklich darüber, nur hilft es
nicht sich die Augen zu zu halten.Grüße Morpheus
dann gibt es keinen sachlichen Grund für Deinen Pessimismus. Ein monetär souveräner Staat, der nicht von Horterideologie auf den Kriegspfad geführt wird, kann jederzeit seine eigene Nachfrage schöpfen und eine zerstörerische Nachfragedeflation verhindern.
Da diese Sache aber nicht von Wiederwahl-Korruptions-Subventionen zu unterschieden ist, sollte es eine "unwählbare Monetative" geben, welche bei monetär bedingter Unternachfrage das Grundeinkommen auf Staatsschulden aufstockt und bei Übernachfrage durch Steuern auf das Grundeinkommen tilgt = Stabilisierung des Systems bei Nullzins, die deutsche Sparneigung wird zum Geschenk der Zinsfreiheit.
Grüße
Pessimismus, Realismus, Optimismus, Idealismus, Aktionismus, ......
Morpheus , Freitag, 20.05.2011, 07:36 (vor 4933 Tagen) @ Onkel Otto
Hallo Jörg,
Und genau deshalb haben sie dieses gute/bessere System auf Rat von
Ökonomen durch eines mit Wachstumszwang ersetzt. Und genau deshalb lieber
Jörg geht es leider irgendwann in der DeDe zu Ende. Leider, wie ich
betonen möchte, ich bin keinesfalls glücklich darüber, nur hilft es
nicht sich die Augen zu zu halten.
dann gibt es keinen sachlichen Grund für Deinen Pessimismus. Ein monetär
souveräner Staat, der nicht von Horterideologie auf den Kriegspfad
geführt wird, kann jederzeit seine eigene Nachfrage schöpfen und eine
zerstörerische Nachfragedeflation verhindern.
Was meinst Du mit Pessimismus?
Wo siehst Du in Euroland einen monetär souveränen Staat?
Was ist mit dem monetär souveränen Amerika, die sich bisher recht geschickt verhalten hatten. Bernanke & Co wissen schon was läuft und auch was hilft. Nur haben sie inzwischen ein politischen Patt, der weitere Fortgang ist mehr als ungewiss.
Da diese Sache aber nicht von Wiederwahl-Korruptions-Subventionen zu
unterschieden ist, sollte es eine "unwählbare Monetative" geben, welche
bei monetär bedingter Unternachfrage das Grundeinkommen auf Staatsschulden
aufstockt und bei Übernachfrage durch Steuern auf das Grundeinkommen tilgt
= Stabilisierung des Systems bei Nullzins, die deutsche Sparneigung wird
zum Geschenk der Zinsfreiheit.
Diese tollen Wortschöpfungen (fett hervorgehoben), Sprechblasen wie sie heute überall üblich sind, bei denen jeder das verstehen soll, was er gerade möchte, helfen nicht weiter. Sie sind blinder Aktionismus.
Ich verstehe Deinen Idealismus. Hatte ich früher auch. Aber wenn man die Menschen und demokratische Politik eine Weile beobachtet, dann erkennt man, dass beide mit Vernunft und Logik nicht viel zu tun haben. Und tendenziell ist dies in den letzten Jahren exponentiell schlimmer geworden.
Politik muss in diesen (End-)Zeiten anders arbeiten.
Die Ausdehnung der Staaten ist einfach zu groß, das ging nur über einen Betrug. Über Versprechen, die niemals so haltbar sind, wie sie vom betrogenen Volk verstanden wurden. Eine nominelle Erfüllung mag machbar sein. Nur wer hat da was davon.
Jeder sucht sich seine Lösung.
Ich versuche die auf den Eisberg gestoßene Titanic zu verlassen indem ich in ein kleines Beiboot steige und schnell weg rudere. Du versuchst beim Kapitän einen Termin zu bekommen, um ihm zu erklären: "Wie sein Reeder den Konstrukteur hätte beauftragen müssen, um das Unglück zu vermeiden".
Der Kapitän hat leider andere Sorgen. Selbst wenn Du dann mal einen Termin bekommen solltest, ist noch lange nichts passiert. Und es wird und kann auch danach nichts passieren. - Das musst Du nicht einsehen. Mach nur weiter.
Solange Du keinen plausiblen Plan hast, mit wem Du Deine Ideen durchsetzen willst, solange kannst Du uns die obigen unverständlichen, phantasievollen Sprechblasen auch ersparen. Sie sind kein Zeichen von Optimismus, sondern von Aktionismus und Idealismus.
Ich bin noch optimistisch mit meinem Ruderboot aus dem Strudel raus zu kommen.
Grüße Morpheus
--
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warum unser System nicht funktionieren kann
Paradigmenwechsel bespricht man nicht auf der Brücke
Kurt, Freitag, 20.05.2011, 08:59 (vor 4932 Tagen) @ Morpheus
bearbeitet von Kurt, Freitag, 20.05.2011, 09:03
Ein Paradigmenwechsel (Bifurkation) wird natürlich niemals durch Bequasseln der aktuellen Systemvertreter (in deren Büros) eingeleitet. Das ist bekanntlich der beste Weg, um einen neuen Ansatz für immer verschwinden zu lassen.
Der Kapitän hat leider andere Sorgen. Selbst wenn Du dann mal einen
Termin bekommen solltest, ist noch lange nichts passiert. Und es wird und
kann auch danach nichts passieren. - Das musst Du nicht einsehen.
Mach nur weiter.
Bitte ja.
Solange Du keinen plausiblen Plan hast, mit wem Du Deine Ideen
durchsetzen willst, solange kannst Du uns die obigen
unverständlichen, phantasievollen Sprechblasen auch ersparen.
Bitte nein.
Gute Ideen werden irgendwann zu Memen, und die setzen sich dann von alleine durch (bottom-up). IMHO sind die bemängelten Begriffe übrigens nicht nur treffend, sondern in ihrer destillierten Art auch zeitsparend.
Einen guten Morgen
Kurt
Genau so ist es, Du gibst mir (ohne es zu merken) Recht
Morpheus , Freitag, 20.05.2011, 23:26 (vor 4932 Tagen) @ Kurt
lieber Kurt,
ich will mal versuchen mich etwas deutlicher zu erklären.
Ein Paradigmenwechsel (Bifurkation) wird natürlich
niemals
durch Bequasseln der aktuellen Systemvertreter (in deren Büros)
eingeleitet. Das ist bekanntlich der beste Weg, um einen neuen Ansatz für
immer verschwinden zu lassen.
Gut wie soll es denn dann passieren. An unseren tollen Institutionen vorbei geht aber auch gar nichts. Und Bottom-Up geht in diesem Fall erst recht nicht weil:
Sobald eine Mehrheit verstanden hat, dass das System nicht funktioniert, ist das System tot. (If you panic, panic first.) Nur die ersten kriegen ihr Geld noch von der Bank. Der Rest geht leider leer aus bzw. wir haben G.O.
Deshalb müsste diese Änderung von oben durchgesetzt werden und zwar sehr rechtzeitig. Deshalb braucht man die Kapitäne leider doch und wenn Du weiter bei Deiner Ansicht bleibst, dann bist Du genau bei meiner Ansicht.
Damit wird die Sache sicher so nicht kommen sondern sie werden es (in der Tonne) verschwinden lassen, wie Du es sehr zutreffen festgestellt hast.
Solange Du keinen plausiblen Plan hast, mit wem Du Deine Ideen
durchsetzen willst, solange kannst Du uns die obigen
unverständlichen, phantasievollen Sprechblasen auch ersparen.
Bitte nein.
Gute Ideen werden irgendwann zu Memen, und die setzen sich dann von
alleine durch (bottom-up). IMHO sind die bemängelten Begriffe übrigens
nicht nur treffend, sondern in ihrer destillierten Art auch zeitsparend.
Zu den Sprechblasen: Ich verstehe diese "destillierten Begriffe" nicht wirklich. Wenn sie allgemein bekannt wären, jeder sofort weiß, was gemeint ist, dann stimmt es, dass sie zeitsparend sind. Für mich sind sie das glatte Gegenteil.
Jeder einzelne Leser muss seine Phantasie spielen lassen, was denn evtl. damit gemeint sein könnte. Entweder die Begriffe werden irgendwo erklärt / definiert oder sie stiften nicht als Unsicherheit und Verwirrung.
Kannst Du mir die drei Begriffe bitte mal erklären oder noch besser sie definieren.
- unwählbare Monetative
- Grundeinkommen auf Staatsschulden
- Geschenk der Zinsfreiheit
Mit einer sinnvollen Definition wird aus einer Sprechblase ein hilfreicher Begriff. Nur kann man erst mit der Definition / Erklärung genau diese Sinnhaftigkeit prüfen. Und wenn man sich bewusst oder unbewusst so ausdrückt, dass da jeder nach seiner persönlichen Tagesform irgendetwas vermutet und sein Urteil auf dieser Vermutung bildet, dann kann da auch nichts für unsere Gemeinschaft sinnvolles raus kommen.
Es ist heute üblich mit solchen Begriffen Formelkompromisse zu füllen, weil jeder beim Lesen das versteht, was er gerne verstehen möchte. So sind immer alle in der Politik ganz glücklich und in der Praxis funktioniert gar nichts.
Grüße Morpheus
--
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warum unser System nicht funktionieren kann
hast ja auch teilweise recht - aber dies ändert nichts
Onkel Otto, Samstag, 21.05.2011, 07:33 (vor 4932 Tagen) @ Morpheus
bearbeitet von Onkel Otto, Samstag, 21.05.2011, 07:39
Sobald eine Mehrheit verstanden hat, dass das System nicht funktioniert,
ist das System tot. (If you panic, panic first.) Nur die ersten kriegen ihr
Geld noch von der Bank. Der Rest geht leider leer aus bzw. wir haben G.O.
Oder das Bargeld wird an der Stelle mit genau diesem Begründung global abgeschafft und damit ist das Geldmarktproblem gelöst. Also der fehlende Marktmechanismus für die bedarfsweise Guthabenrückzahlung wird dann möglich. Wir haben dies doch schon so oft durchgekaut - bist Du so vergesslich oder verdrängst Du dies?
Kannst Du mir die drei Begriffe bitte mal erklären oder noch besser sie
definieren.
- unwählbare Monetative
- Grundeinkommen auf Staatsschulden
- Geschenk der Zinsfreiheit
Auch wenn ich es hier schon detailierter erläutert habe, war diese verkürzte Erwähnung in dem Beitrag sicher kritikwürdig. Werde im zweiten Halbjahr mal versuchen, die neue Gesellschaftsordnung "Marktwirtschaft" auf meinem Blog nochmal neu exakt und einfach zu definieren ohne eigene Wortschöpfungen zu verwenden. Die Erfahrungen, gerade auch aus Diskussionen mit Dir zeigt aber, dass die Menschen auch in einfachen klaren Worten nichts verstehen, was Sie nicht verstehen wollen.
Das Problem der fehlenden Guthabenrückzahlung wird für die Deutschen deshalb in die Eskalation führen. Ob diese Eskalation zu Lösungen oder Leichenbergen führt, weis ich natürlich auch nicht. Ich kann nur Alternativen zu Leichenbergen vordenken, ob und wer dies nutzt wird, werden wir sehen.
Jetzt habe ich erst mal Urlaub und versuche auch hier mal abzuschalten.
Grüße
Gute Erholung und schönen Urlaub
Morpheus , Samstag, 21.05.2011, 08:19 (vor 4932 Tagen) @ Onkel Otto
lieber Jörg,
Sobald eine Mehrheit verstanden hat, dass das System nicht funktioniert,
ist das System tot. (If you panic, panic first.) Nur die ersten kriegen ihr
Geld noch von der Bank. Der Rest geht leider leer aus bzw. wir haben G.O.
Oder das Bargeld wird an der Stelle mit genau diesem Begründung global
abgeschafft und damit ist das Geldmarktproblem gelöst. Also der fehlende
Marktmechanismus für die bedarfsweise Guthabenrückzahlung wird dann
möglich. Wir haben dies doch schon so oft durchgekaut - bist Du so
vergesslich oder verdrängst Du dies?
Ich glaube nicht, dass genau so etwas - selbst mittelfristig - global funktionieren kann.
Kannst Du mir die drei Begriffe bitte mal erklären oder noch besser sie
definieren.
- unwählbare Monetative
- Grundeinkommen auf Staatsschulden
- Geschenk der Zinsfreiheit
Auch wenn ich es hier schon detailierter erläutert habe, war diese
verkürzte Erwähnung in dem Beitrag sicher kritikwürdig. Werde im zweiten
Halbjahr mal versuchen, die neue Gesellschaftsordnung "Marktwirtschaft" auf
meinem Blog nochmal neu exakt und einfach zu definieren ohne eigene
Wortschöpfungen zu verwenden. Die Erfahrungen, gerade auch aus
Diskussionen mit Dir zeigt aber, dass die Menschen auch in einfachen klaren
Worten nichts verstehen, was Sie nicht verstehen wollen.
Zugegebener Maßen verfolge ich Eure Web-Seite nicht und auch nicht die tiefen all Deiner vielen Diskussionen. Und deshalb komme ich da nicht immer mit bzw. hinter her. Wobei ich meine erkannt zu haben, dass ihr Euer Konzept auch beständig weiter entwickelt habt und meine Diskussionen liegen schon lange zurück.
Außerdem gibt es wirklich Teile die ich absolut ablehne, wie den "staatlichen Verschuldungszwang", den Elli neulich so schön auf den Punkt gebracht hat.
Ansonsten bin ich schon an Lösungen orientiert/interessiert. Nur mit einem Grundeinkommen habe ich Probleme, wenn es mehr ist als ein besseres Wort für Sozialhilfe oder ein noch viel besseres Wort als "Hartz IV". Und selbst mit H4 habe ich bei jungen, arbeitsfähigen Menschen massive prinzipielle Probleme.
Das Problem der fehlenden Guthabenrückzahlung wird für die Deutschen
deshalb in die Eskalation führen. Ob diese Eskalation zu Lösungen oder
Leichenbergen führt, weis ich natürlich auch nicht. Ich kann nur
Alternativen zu Leichenbergen vordenken, ob und wer dies nutzt wird, werden
wir sehen.
Ja, vordenken kannst Du und hier liegt ja auch mein Punkt: Denken geht, ist vielleicht sogar alles theoretisch richtig, das Umsetzen wird mit den aktuellen "Eliten" trotzdem nicht funktionieren.
Bis nach dem Urlaub !
Grüße Morpheus
--
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warum unser System nicht funktionieren kann
Bifurkation
Kurt, Dienstag, 24.05.2011, 09:08 (vor 4928 Tagen) @ Morpheus
Hi Morph,
Gut wie soll es denn dann passieren. An unseren tollen Institutionen
vorbei geht aber auch gar nichts.
Hier nur eine kleine systemische Betrachtung zum Wandel zweiter Ordnung drüben beim Jörg
(getextmarkerter Direktlink zu Global Change 2009)
Kannst Du mir die drei Begriffe bitte mal erklären oder noch besser sie
definieren.
- unwählbare Monetative
- Grundeinkommen auf Staatsschulden
- Geschenk der Zinsfreiheit
Eine Erklärung oder gar Definition der Begriffe von Jörg möchte ich mir auf keinen Fall anmaßen. Da ich den Onkel Otto aber an verschiedenen Stellen regelmäßig lese, kann ich mir durchaus Konkretes darunter vorstellen.
Das, wofür diese Begriffe stehen, muss ja noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Da ich aber selber mal Soziologe und Ingenieur war (-; und nach wie vor täglich mit Ingenieuren und deren Lösungen zu tun habe) bin ich (bei mir) sicher, dass die notwendige Geldsystemrevolution nur in Form einer "ingeniösen" (sic) Lösung bottom-up von Seiten der "Nerds", niemals aber von Seiten (oder auch nur unter Beteiligung) der bisherigen Systemvertreter kommen kann.
Das heißt nicht, dass sie kommen wird. Aber sie kann kommen. Und wenn einer auf einem guten Weg dorthin ist, dann ist das z.B. der Onkel Otto.
Meine zwei Cent am Dienstagmorgen,
Grüße Kurt
Warum haben Menschen Hobbys, schreiben bei wikipedia, coden für linux, arbeiten ehrenamtlich ...
Melethron, Freitag, 20.05.2011, 08:03 (vor 4933 Tagen) @ Morpheus
Wenn Menschen nur für materielle Entlohnung arbeiten würden gäbe es all das nicht. Es gäbe keine Kunst, keine Kultur, keine Philosophie.
Ja, für bestimmte Segmente mag das funktionieren
Morpheus , Freitag, 20.05.2011, 21:32 (vor 4932 Tagen) @ Melethron
Hallo Melethron,
ich habe lange in der IT-Branche zu tun gehabt. Da geht so etwas, weil:
Hoher Wissens-Anteil, hohe Möglichkeit zur Selbstbestimmung. IT ist nichts anderes als Kunst. Jede Software ist ein Einzelkunstwerk.
Wenn Menschen nur für materielle Entlohnung arbeiten würden gäbe es all
das nicht. Es gäbe keine Kunst, keine Kultur, keine Philosophie.
Aber es gibt leider eine Mehrheit der Arbeitsplätze, bei der aus Qualitätsgesichtspunkten nun mal 98% der Arbeit vorgegeben sind. Und genau in diesen Bereichen funktioniert das Prinzip leider nicht.
Aber auch im Bereich Kunst und Kultur wird von Staaten inzwischen eine Menge Geld bezahlt, wobei die Qualität in der Folge in vielen Bereichen eher sinkt. Gerade da sieht man, dass ein Einkommen unabhängig von der Akzeptanz durch Kunden, nicht zu einer besseren sondern zu einer schlechteren Leistung führt. In der Regel muss in staatlich finanzierte Kultureinrichtung mehr und immer mehr Geld rein gepumpt werden. Häufig um überhaupt noch eine Leistung zu bekommen, weil Künstler mit Zahlungsgarantie eben z.B. nicht mehr die Karten abreißen oder sich ums Bühnenbild kümmern, was bei kleinen freien Theatern durchaus passiert.
Vielleicht kennst Du Arbeitgeber, die mit wenig qualifizierten Kräften arbeiten müssen. Sprich mal mit denen. Insbesondere, wenn die nicht auf dem Land mit sozialer Kontrolle, sondern in einer anonymen, städtischen Umgebung arbeiten.
Grüße Morpheus
--
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warum unser System nicht funktionieren kann
Materialismus = Ideologie
moneymind , Freitag, 20.05.2011, 23:46 (vor 4932 Tagen) @ Melethron
Wenn Menschen nur für materielle Entlohnung arbeiten würden gäbe es all
das nicht. Es gäbe keine Kunst, keine Kultur, keine Philosophie.
Yup. Wozu nämlich dienten Kunst und Kultur ursprünglich? Nicht dem materiellen Reichwerden, sondern sakralen Zwecken (Könige waren ursprünglich Gottkönige-Priester), und Philosophen beerben sie in dieser Funktion (siehe Plato).
Daß Kunst allein der "freien Selbstverwirklichung des Individuums" dienen soll, ist eine moderne, von vorn bis hinten von aufklärerischen Idealen durchdrungene Vorstellung, die an archaischer "Kunst" samt ihrer Entstehung nicht das geringste erklärt und nichts mit ihr zu tun hat.
Die aufklärerisch-materialistisch Vorstellung, Staat und Königtum seien aus reiner Machtgier und mithilfe brachialer Waffengewalt entstanden, um andere auszubeuten, ist aufklärerisch-mythologisches Wunschdenken bar jeglichen auch nur einigermaßen detaillierten historischen und kulturvergleichenden Blicks auf die ersten Königtümer (Staaten).
Das ist verständlich, die Aufklärer wollten religiös begründete Herrschaft ja gerade abschaffen.
Wir hier wollen sie samt ihrem Ursprung aber doch vor allem erstmal verstehen, oder? Leider sind die Axiome der Aufklärung mittlerweile so tief in den Köpfen verankert, daß die meisten auf ihrer Basis blind wahrnehmen, ohne diese Axiome hinterfragen zu können.
Beim dottore hält daher die von vorn bis hinten unverstandene Religion dann halt durch die Hintertüre Einzug, mit seiner Fetischisierung der Schuld, die er als wissenschaftlicher Ökonom allein in der Ökonomie suchen will.
Seiner Methode, isolierte Aspekte der traditionalen Welt herauszugreifen (Gold, Schwert/Waffe, etc.) und sie dann im Sinne seiner eigenen machttheoretischen Vorurteile zu interpretieren, würde ich eine ganz andere Methode vorziehen, nämlich den systematischen Vergleich sämtlicher bekannten archaischen Kulturen und "Religionen" (Mythologien). Die vergleichende Methode hilft dann dabei, die richtigen Fragen zu formulieren, d.h. bietet Orientierung dafür, wonach man eigentlich genau suchen/fragen muß, wenn man wissen, will, wie die archaischen Kulturen (Staaten, Priesterkönigtümer) entstanden sind, und wie aus ihnen dann in Griechenland Eigentum, Freiheit, Wirtschaft und Philosophie entstanden sind.
Wäre viell. interessant, dazu mal nicht nur marxistische Ethnologen wie Sahlins zu lesen, sondern auch sowas wie ...
Eliade, Das Heilige und das Profane
Guenon, Der König der Welt
Evola, Revolte gegen die moderne Welt (online: Der sakrale Charakter des Königtums)
Was all das mit dem "Himmel" zu tun hat, von dem die "Götter" ja hergekommen sein sollen, erforschen übrigens mittlerweile u.a. diverse Archäoastronomen. Einer der Begründer des Felds, Giorgio De Santillana (mit Herta von Dechend: "Die Mühle des Hamlet") hat übrigens auch ein interessantes Buch über die Enstehung von Wissenschaft und Philosophie im antiken Griechenland geschrieben ...
Klar, sumpfiges Feld. Spannend aber allemal.
Aber sorry, steht ja vermutlich eh alles schon bei Hegel ...
Jetzt kommen gleich wieder sämtliche Aufklärungsfetischisten und erzählen, Religion sei eine willkürliche Erfindung machtgieriger Unterdrücker. Spart Euch das bitte, und behaltet Eure uninformierten Vorurteile für Euch.
Ich mache derweil vergleichende Mythen- und Religionsforschung.
Was wurde eigentlich aus Deinem H/S-Kritik-Paper?
Ciao.
--
BLOGGING: Never before have so many people with so little to say said so much to so few.
Abwendung der Not
tar , Gehinnom, Samstag, 21.05.2011, 01:49 (vor 4932 Tagen) @ moneymind
Hallo MM,
Die aufklärerisch-materialistisch Vorstellung, Staat und Königtum seien
aus reiner Machtgier und mithilfe brachialer Waffengewalt entstanden, um
andere auszubeuten, ist aufklärerisch-mythologisches Wunschdenken bar
jeglichen auch nur einigermaßen detaillierten historischen und
kulturvergleichenden Blicks auf die ersten Königtümer (Staaten).Das ist verständlich, die Aufklärer wollten religiös begründete
Herrschaft ja gerade abschaffen.
Das Vertrauen der einerseits eintreibenden [color=888888](Sanktionen predigenden und ausführenden)[/color] Schergen und andererseits tributwilligen [color=888888](opfernden)[/color] Untertanen in die Abwendung der [color=888888](wiederkehrenden?)[/color] Not durch den [color=888888](dadurch sakral erhobenen)[/color] Machthaber ist doch Voraussetzung eines jedweden hierarchischen Gebildes?
Wohin führte dieser "Erfolgsdruck" des Machthabers, auf dem ja nicht gerade wenig Verantwortung lastete? Er musste doch beschützen und notwendend versorgen [color=888888](ist das nicht der klassische Feudalismus?)[/color], was bei Populationsvergrößerung zu Verteilungskonflikten führen dürfte.
Ergo bedurfte es der brachialen Waffengewalt nicht nur zur Verteidigung, sondern eben v.a. zur Ausweitung des eigenen "Rechtsgebiets" [color=888888](Schutzgebiets)[/color]. Anderenfalls wären die Anatolier oder Sumerer doch da geblieben, wo sie vor ihren Unterwerfungsausflügen waren?
Beim dottore hält daher die von vorn bis hinten unverstandene Religion
dann halt durch die Hintertüre Einzug, mit seiner Fetischisierung der
Schuld, die er als wissenschaftlicher Ökonom allein in der Ökonomie
suchen will.
Sucht und findet er sie nicht beim [color=888888](Über-)[/color]Leben selbst - und leitet daraus den Zwang zum Wirtschaften samt den daraufhin folgenden staatlich geförderten Ökonomie-Lehren ab?
Seiner Methode, isolierte Aspekte der traditionalen Welt herauszugreifen
(Gold, Schwert/Waffe, etc.) und sie dann im Sinne seiner eigenen
machttheoretischen Vorurteile zu interpretieren, würde ich eine ganz
andere Methode vorziehen, nämlich den systematischen Vergleich sämtlicher
bekannten archaischen Kulturen und "Religionen" (Mythologien).
Wo fangen wir denn am Besten an, ohne lediglich die zu erwischen, die nur abgeschrieben haben?
Was hälst du da bspw. von den Veden, die je nach Gusto zwischen 6000 oder 3000 Jahre alt sein sollen und ihr religiöses Opfer [color=888888](Abgabe)[/color] forderten?
Die
vergleichende Methode hilft dann dabei, die richtigen Fragen zu
formulieren, d.h. bietet Orientierung dafür, wonach man eigentlich genau
suchen/fragen muß, wenn man wissen, will, wie die archaischen Kulturen
(Staaten, Priesterkönigtümer) entstanden sind, und wie aus ihnen dann in
Griechenland Eigentum, Freiheit, Wirtschaft und Philosophie entstanden
sind.
Das klingt folgerichtig. Hat Heinsohn nicht in dem 90-Minuten-Interview was bzgl. dem Übergang (Entstehung von Eigentum und Vertragsfreiheit) heruntergebrochen und bspw. auf England 1497/1688 verwiesen?
Ich mache derweil vergleichende Mythen- und Religionsforschung.
Ich hoffe, du berichtest davon in gewohnter Manier
Gruß!
--
Gruß!™
Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.
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Vergleichende Methode
moneymind , Samstag, 21.05.2011, 03:56 (vor 4932 Tagen) @ tar
Hi tar,
Die aufklärerisch-materialistisch Vorstellung, Staat und Königtum
seien
aus reiner Machtgier und mithilfe brachialer Waffengewalt entstanden,
um
andere auszubeuten, ist aufklärerisch-mythologisches Wunschdenken bar
jeglichen auch nur einigermaßen detaillierten historischen und
kulturvergleichenden Blicks auf die ersten Königtümer (Staaten).Das ist verständlich, die Aufklärer wollten religiös begründete
Herrschaft ja gerade abschaffen.
Das Vertrauen der einerseits eintreibenden
[color=888888](Sanktionen predigenden und ausführenden)[/color] Schergen
Ein Satz, bei dem ich den Verdacht hege, daß er auf keinerlei historischem Wissen basiert, dafür aber voller unerkannter und ohne Bewußtsein gewohnheitsmäßig gemachter aufklärerischer Wertungen und Vorurteile steckt:
"Sanktionen" - welcher Art genau, und wie/wo sind sie dokumentiert?
"Schergen" - impliziert einen käuflichen Verräter. Das ist bestes Aufklärungsdenken ("herrschaftskritischer" bias), hat aber nichts damit zu tun, wie in diesen Kulturen selbst gedacht wurde.
Daß ab dem Zeitpunkt, ab dem die Opferrituale ihre Funktion verloren haben (wohl Ende der Bronzezeit), Priester auch Machtmißbrauch betrieben haben und Herrschaftskritik näherlag, ist auch klar. Trotzdem setzte sie sich nur an wenigen Stellen wirklich durch (Griechenland ab 800 v.Chr., Christentum re-institutionalisierte mit dem Papst quasi das Priesterkönigtum, dann erst wieder herrschaftskritische Aufklärung in der Renaissance, wo man eben die alten griechischen Philosophen ausgrub, wiederbelebte und weiterentwickelte).
Es tut mir leid, aber ich halte mich lieber an Zusammenfassungen von Leuten, die sich mit diesen alten Kulturen vergleichend und im Detail beschäftigt haben.
Das heißt nicht, daß ich sofort mit einer schlüssigen Alternativtheorie dienen kann. Ich wäre auch ganz schön blöd, wenn ich auf der Basis meines jetzigen Kenntnisstandes so tun würde, als ob ich das könnte.
Es heißt aber, daß ich Fragen an kompetente vergleichend arbeitende Experten stelle, und daß mich offensichtlich vorurteilsbeladene Denkweisen, die (wahrscheinlich Dir völlig unbewußt) von einem Paradigma geprägt sind, dessen Geschichte ich mittlerweile etwas besser durchschaue, nicht mehr interessieren (in Deinem Alter bin ich dieser Denke auch noch auf den Leim gegangen).
und andererseits tributwilligen [color=888888](opfernden)[/color]
Untertanen
Du setzt Opfer einfach ganz oberflächlich mit Tribut gleich und meinst, es damit schon verstanden zu haben.
Schon mal mit der Funktion des Opfers beschäftigt? Du weißt, daß man in Uruk ("first true city state and civilization") ebenso der Venus (Inanna) opferte wie bei den Azteken (anderer Kontinent) und den Skidi Pawnee (wiederum anderer Kontinent)? Weißt du, zu welchem "Zweck", welche Bedeutung diese Rituale hatten? Ich fürchte, Du hast nicht den blassesten Schimmer.
Hier z.B. ein sumerischer Inanna-(Venus-)Mythos, Inanna und der Weltenbaum. Die sumerischen Königslisten sagen direkt, daß das Königtum "vom Himmel kam" (siehe wikipedia-artikel dazu).
Ich verstehe das alles auch nicht wirklich, aber immerhin vermeide ich, dieses Unverständnis durch Fragen zu verkleinern, anstatt meine eignen Vorurteile auf das Opfer zu projizieren und das dann für eine "Erklärung" zu halten. Davon, daß da weitaus mehr dahintersteckt als nur dottore'sche simple zirkuläre Machtphantasien, bin ich allerdings überzeugt, sonst würde ich ja nicht weiterfragen.
Ich hätte gern eine "Erklärung", die die obigen Beobachtungen schlüssig integrieren kann. Habe ich die schon? Also schaue ich, welche Erklärungen andere anbieten und vergleiche sie.
in die Abwendung der
[color=888888](wiederkehrenden?)[/color] Not durch den
[color=888888](dadurch sakral erhobenen)[/color] Machthaber ist doch
Voraussetzung eines jedweden hierarchischen Gebildes?
Welcher Not genau, und was hat diese Not mit dem von den alten Kulturen in diesem Zusammenhang immer wieder genannten "Himmel" (-> Archäoastronomie) zu tun?
Das scheint mir da die entscheidende Frage zu sein.
Du aber stelltst solche Fragen gar nicht, sondern fragst nur rhetorisch: "Aber ich habe doch recht, oder?"
Mal ehrlich, Mann - so ein Vorgehen ist für mich ein joke. Ist ja schlimmer als der schlimmste Pfarrer!
Wohin führte dieser "Erfolgsdruck" des Machthabers, auf dem ja nicht
gerade wenig Verantwortung lastete? Er musste doch beschützen und
notwendend versorgen [color=888888]
Ja
(ist das nicht der klassische
Feudalismus?)[/color],
Ja
was bei Populationsvergrößerung zu
Verteilungskonflikten führen dürfte.
Warum? Wieso überhaupt "Populationsvergrößerung"?
Ergo bedurfte es der brachialen Waffengewalt nicht nur zur
Verteidigung, sondern eben v.a. zur Ausweitung des eigenen "Rechtsgebiets"
[color=888888](Schutzgebiets)[/color].
Reine Spekulation, wiederum rein materialistisch gedacht. Kriege hatten - wie Spiele (Olympiade z.B.) - nach allem, was ich bisher von vergleichenden Mythologen gelesen habe, v.a. rituelle Funktionen. Ein materialistischer Aspekt ist natürlich immer impliziert, aber m.E. nicht der treibende Faktor.
Anderenfalls wären die Anatolier
oder Sumerer doch da geblieben, wo sie vor ihren Unterwerfungsausflügen
waren?
Hm, ich kann nicht behaupten, daß ich da voll durchblicken würde. Bin aber nicht gewillt, zirkulär begründete Vorurteile einfach zu übernehmen, sondern ziehe es vor, erstmal weiterzufragen (Fragen an die Experten, und die sind sicherlich nicht hier im Forum).
Beim dottore hält daher die von vorn bis hinten unverstandene Religion
dann halt durch die Hintertüre Einzug, mit seiner Fetischisierung der
Schuld, die er als wissenschaftlicher Ökonom allein in der Ökonomie
suchen will.
Sucht und findet er sie nicht beim [color=888888](Über-)[/color]Leben
selbst - und leitet daraus den Zwang zum Wirtschaften samt den daraufhin
folgenden staatlich geförderten Ökonomie-Lehren ab?
Eine von vorn bis hinten zirkuläre Scheinerklärung. Warum gibt es dann bis heute Stammesgesellschaften, die eben nicht wirtschaften und das auch nie gemacht haben? Die nicht mal einen Staat haben? Und auch aus sich heraus jahrhundertelang keinerlei Wirtschaften hervorbringen (Sahlins' "Original Aflluent Societies"). Aber dann, sobald sie auf eine solche Wirtschaft treffen, durchaus ebenfalls das Wirtschaften erlernen?
Und viel mehr noch: wieso kann das Wirtschaften historisch auch einfach wieder verschwinden? (Ende röm. Reich)? Das soll aus dem "Leben selbst", der "menschlichen Natur" zu erklären sein? Sorry mein Freund, ich behaupte, das ist ein elender Zirkelschluß, reiner theoretischer Selbstbetrug.
Seiner Methode, isolierte Aspekte der traditionalen Welt
herauszugreifen
(Gold, Schwert/Waffe, etc.) und sie dann im Sinne seiner eigenen
machttheoretischen Vorurteile zu interpretieren, würde ich eine ganz
andere Methode vorziehen, nämlich den systematischen Vergleich
sämtlicher
bekannten archaischen Kulturen und "Religionen" (Mythologien).
Wo fangen wir denn am Besten an, ohne lediglich die zu erwischen, die nur
abgeschrieben haben?
Wo wir anfangen, ist egal. Wichtig ist, daß wir systematisch vergleichend vorgehen (Kulturen aller Kontinente) und gemeinsame Muster in den Überlieferungen finden. Schauen wir nur auf eine einzige Kultur, bleibt alles zu komplex und unübersichtlich, und unsere Interpretationen bleiben subjektiv und vorurteilsbeladen. Nur eine systematisch vergleichender Ansatz bringt da wirklich weiter.
Ist leider mühsahm, und gerade bei der Mythologie gibt's nur wenig gute Vorarbeit (aber es gibt welche). Was die Methode selber angeht, die haben leider auch nicht viele wirklich kapiert. Immerhin ein paar, z.B. Bateson, Glaser/Strauss, die Blending-Theorists, und ein paar, die einen konsequent vergleichenden Ansatz praktizieren (z.B. Eliade).
Was hälst du da bspw. von den Veden, die je nach Gusto zwischen 6000 oder
3000 Jahre alt sein sollen und ihr religiöses
Opfer
[color=888888](Abgabe)[/color] forderten?
Siehe oben. Gehören mit sämtlichen anderen Überlieferungen verglichen, um gemeinsame Muster zu finden. Opferrituale spielten z.B. (weltweit) oft die Schöpfungsmythologie nach (vgl. Eliade). Schöpfungsmythen ähneln sich weltweit erstaunlich und lassen sich typologisieren in die Kategorien "ex nihilo", "world parent", "earth diver" und "from chaos", etc.
Die
vergleichende Methode hilft dann dabei, die richtigen Fragen zu
formulieren, d.h. bietet Orientierung dafür, wonach man eigentlich
genau
suchen/fragen muß, wenn man wissen, will, wie die archaischen Kulturen
(Staaten, Priesterkönigtümer) entstanden sind, und wie aus ihnen dann
in
Griechenland Eigentum, Freiheit, Wirtschaft und Philosophie entstanden
sind.
Das klingt folgerichtig. Hat Heinsohn nicht in dem 90-Minuten-Interview
was bzgl. dem Übergang (Entstehung von Eigentum und Vertragsfreiheit)
heruntergebrochen und bspw. auf England 1497/1688 verwiesen?
Er arbeitet bei der Begriffsbildung für die Eigentumstheorie vergleichend, nach dem Muster von Marx. Bei seiner Opfertheorie leider nicht (systematischer Bezug auf die besten Arbeiten der vergleichenden Mythologie fehlt völlig), d.h. er hat die vergleichende Methodik nicht als allgemeine Vorgehensweise verstanden.
Ich mache derweil vergleichende Mythen- und Religionsforschung.
Ich hoffe, du berichtest davon in gewohnter Manier
Nur, wenn es interessante Diskussionen mit Leuten gibt, die ähnlich gelagerte Fragen stellen.
Wieso sollte ich sonst? Nur weil ich die Welt oder Leute, die das sowieso für durchgeknallten Quark halten und nur noch rhetorisch fragen, "aber ich habe doch recht?", mit meinen Privatergüssen gratis beglücken will?
Das wäre vielleicht bissle arg idealistisch, meinste nicht?
GdNite.
--
BLOGGING: Never before have so many people with so little to say said so much to so few.
Vergleichende Methode - Buchtipp
Zaunreiter , Samstag, 21.05.2011, 09:44 (vor 4931 Tagen) @ moneymind
Ich fand dieses Buch zum Thema sehr hilfreich:
Natural Experiments of History
Jared Diamond und James A. Robinson
ISBN: 978-0674060197
Eine ganz außergewöhnliche gemeinschaftliche Erarbeitung über den Einsatz vergleichender Methoden in der Wissenschaft.
Im übrigen wäre das eine interessante Diskussion, wenn nicht die persönlichen Angriffe wären. Ich empfehle den Schreibern, einfach nochmal über den eigenen Beitrag drüberzulesen und alle Passagen mit "Du", "immer" und anderen Verallgemeinerungen wegzulassen.
Danke,
Bernhard
--
"Das Konstrukt Staatenlosigkeit wird immer scheitern, weil Freiwilligkeit immer scheitern muss. Im Prinzip scheitert alles irgendwann." :o) Eine Frage der zeitlichen Betrachtung.
Vergleichende Methode - dann mach dich mal an die Arbeit!
Mephistopheles , Datschiburg, Samstag, 21.05.2011, 10:59 (vor 4931 Tagen) @ moneymind
Hi moneymind,
deine von dir angeführten Beispiele sind mir alle zu eurozentristisch.
Religionen im heutigen Sinne, und Kunst, gibt es wohl erst seit der neolithischen Revolution und der Erfindung von Ackerbau und Viehzucht.
Ackerbau und Viehzucht wurden aber außer in Mesopotamien auf der Welt nch mindestens 3mal unabhängig voneinander erfunden:
- in China
- in Afrika
- in Südamerika
- wahrscheinlich auch in Indien.
Nur die mesopotamische Variante kennt einen patriarchalen, exklusiven Gott mit Schuldkult und institutionalisierter Religion, allen anderen ist das fremd.
Mich würde schon sehr interessieren, was die Chinesen, Inder, Zulus und Südamerikaner, sofern nicht ausgerotet, unter Religion und Religionsausübung verstehen.
Wie laufen allzuleicht in die Falle, anzunehmen, wenn etwas mit demselben Begriff bezeichnet wird, dann wäre es auch das Selbe.
So wie wenn wir von Religion reden, dass ein Inder oder Chinese darunter dasselbe verstehen würde wie wir.
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Auch in Mesopotamien wurden (dominierende) patriarchale Götter
Zarathustra, Samstag, 21.05.2011, 13:22 (vor 4931 Tagen) @ Mephistopheles
bearbeitet von Zarathustra, Samstag, 21.05.2011, 13:39
... erst dann erfunden, als die Patriarchen bereits das Kommando übernommen hatten.
Warum hiess INANNA nicht NIN.AN , oder NIN.ANNA, vergleichbar den sumerischen Göttinnen NIN.HURSAG(A), NIN.GAL, NIN.LIL, NIN.MAH, NIN.TU , NIN.SUM usw. ? ( Es ist mir ferner immer unverständlich geblieben, warum männliche Götter wie NIN.URTA oder NIN.GIRSU nicht EN.URTA und EN.GIRSU hiessen ? War der Titel NIN seit Anbeginn für weibliche UND männliche Götter möglich ? ). Vielleicht lassen sich zu dieser Frage Hinweise finden aus dem kritischen Studium der Hymnen, die Sargons Tochter, die ja mit ISHTAR aufgewachsen war, zu Ehren der , bei den Besiegten, vorgefundenen INANNA gedichtet hat.
Die , der (angenommen bereits ubaidianischen) INANNA vergleichbare , Grosse Göttin der Sumerer war mit grosser Wahrscheinlichkeit NIN.GAL (wie schon ihr Name "Grosse Göttin" nahelegt) ; denn es ist NIN.GAL , die in den späteren Mythen zur MUTTER der INANNA umgeschrieben wird: DUMUZI muss -das ist ja bemerkenswert- bei der Mutter NINGAL um die Hand ihrer Tochter INANNA anhalten; von einem VATER Inannas , bzw. einem Ehegatten der Mutter , Ningal , ist in diesen frühen Mythen keine Rede. Daraus folgt: . Ningal hat noch keinen Gatten und Inanna keinen Vater. (Dies ist bereits ein Beleg dafür, dass ein Himmelsgott mit Namen AN erst in späteren Mythen zum "Vater" der Inanna umgeschrieben wurde . - vgl. unten Ziff. 3 ). Skepsis und gründliche Nachforschung ist also gefordert.
http://gerhardbott.de/ii-neolithikum-und-danach/sumerische-goetter-genealogien.html
Grüsse, Zara
Kategorien - Von der Rosen-Dose und der Tulpen-Dose
Neverbird, Sonntag, 22.05.2011, 07:30 (vor 4931 Tagen) @ Mephistopheles
Mich würde schon sehr interessieren, was die Chinesen, Inder, Zulus und
Südamerikaner, sofern nicht ausgerotet, unter Religion und
Religionsausübung verstehen.
Wie laufen allzuleicht in die Falle, anzunehmen, wenn etwas mit demselben
Begriff bezeichnet wird, dann wäre es auch das Selbe.
So wie wenn wir von Religion reden, dass ein Inder oder Chinese darunter
dasselbe verstehen würde wie wir.
Und erst recht gilt das für Gesellschaften, die wir nicht mehr fragen können. Allein schon der Begriff/die Kategorie "Religion" impliziert eine Abgrenzung zu anderen Begriffen/Kategorien wie z.B. "Wissenschaft" oder "Wirklichkeit", die in diesen anderen Gesellschaften womöglich überhaupt nicht existiert und vielleicht nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar ist.
Grund ist die völlig verschiedene Antwort auf die Frage, wie die Welt funktioniert, in der wir leben. Die verschiedenen Funktionen werden von den Menschen verschieden identifiziert und benannt. Wo die eine Gesellschaft eine Unterteilung in verschiedenen Funktionen vornimmt, sieht die andere Gesellschaft eine Einheit, und andersherum.
Vergleiche hinken immer, aber hier ein Beispiel:
In einer Küche stehen zwei Dosen mit Weißmehl, eine mit Rosen drauf, eine mit Tulpen. Das Mehl in der Rosen-Dose ist ausschließlich für Opferspeisen vorgesehen und entsprechend geweiht. Das Mehl in der Tulpen-Dose ist für den Alltagsgebrauch vorgesehen. Das Mehl in der Rosen-Dose unterscheidet sich von seiner Beschaffenheit in keiner Weise von dem Mehl in Tulpen-Dose. Man würde keinen Unterschied finden, wenn man Proben nehmen würde. Dennoch achten die Benutzer der Küche peinlich genau darauf, die beiden Dosen nicht zu verwechseln, weil nach ihrem Verständnis vom Funktionieren der Welt die Götter etc. bestohlen würden, wenn man "ihr" Mehl für sich selbst verwendete. Das eine Mehl ist in ihren Augen etwas völlig anderes als das andere.
Gerät nun jemand in diese Küche, der das nicht weiß und nicht im Traum darauf kommen würde, man könne einen Unterschied machen zwischen Weißmehl und Weißmehl, weil da doch keiner ist, der sieht nur: reichlich Mehl zum Backen da. Zwei Dosen voll. Nach welcher er greift, ist eine Frage des Zufalls oder seiner Händigkeit oder seiner Entfernung von den Dosen. Vielleicht glaubt er nicht an Götter und er hat deshalb keinen Schimmer von solchen Unterscheidungen, vielleicht ist es bei ihm zu Hause so, daß das den Göttern geweihte Mehl im Tempel aufbewahrt wird, vielleicht ist der Meinung seiner Leute nach alles Mehl den Göttern geweiht und die Menschen dürfen sich freundlicherweise auch etwas davon nehmen ... Wäre er mit den Gebräuchen der eigentlichen Küchennutzer vertraut, würde er nichts anrühren, bevor er nicht weiß, welche von den Dosen das Mehl für die Götter enthält.
Religion und Wissenschaft, Glauben und Wissen, sind auch zwei solche Dosen. Für die meisten Menschen der westlich geprägten Kultur ist in den Dosen mit entsprechend beschrifteten Etiketten etwas sehr, sehr Unterschiedliches drin. Fragt man jemanden aus einem anderen Kulturkreis, so würde der diese Unterscheidung vielleicht nicht verstehen. "Wieso steht da was anderes drauf? Ist doch dasgleiche drin - Antworten."
Neverbird
Religion IST GLEICH Wissenschaft IST GLEICH Kunst
Mephistopheles , Datschiburg, Sonntag, 22.05.2011, 08:46 (vor 4930 Tagen) @ Neverbird
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 22.05.2011, 09:30
Religion und Wissenschaft, Glauben und Wissen, sind auch zwei solche
Dosen. Für die meisten Menschen der westlich geprägten Kultur ist in den
Dosen mit entsprechend beschrifteten Etiketten etwas sehr, sehr
Unterschiedliches drin. Fragt man jemanden aus einem anderen Kulturkreis,
so würde der diese Unterscheidung vielleicht nicht verstehen. "Wieso steht
da was anderes drauf? Ist doch dasgleiche drin - Antworten."
Ich halte die Trennung zwischen Religion und Wissenschaft und Kunst für ein rein westliches Phänomen, entstanden in der Dichotomie der Aufklärung.
Tatsächlich würde ein Ägypter, wenn wir die Pyramiden als Kultur, Isis und Osiris als Reigion und die Voraussagen der jährlichen Nilfluten durch Himmelsbeobachtungen als Wissenschaft bezeichnen, den Unterschied gar nicht verstehen.
Oder den Unterschied zwischen Operationen und Kräutern zu Heilzwecken, das eine als Schulmedizin, das andere als Alternativmedizin; das wäre ihm total unverständlich.
Tatsächlich erfüllt unsere Wissenschaftsgläubigkeit und die Riesenkunstbauten des CERN keine andere soziale Funktion wie Wissenschaft/Religion/Kunst in jeder anderen Kultur vor - und nach uns(!) - auch:
Nämlich Kultur, also das (Über-)Leben der Menschen durch Veränderung der Natur erst zu ermöglichen.
Die Wissenschaftsreligion zählt in der Religionsgeschichte zum Kreis der Mysterienreligionen.
Ihre Geheimnisse sind nur einem kleinen Kreis von eingeweihten Priestern, Wissenschaftler genannt, bekannt, und keiner kennt alle Geheimnisse dieser Religion.
Der Satz: Glaube heißt nicht Wissen, ist zu kurz gegriffen. Gemeint ist damit lediglich, dass der Glaube an die Aufklärung und die Wissenschaftsreligion ein anderern Glaube ist als der Glaube an die Offenbatrungsreligionen, und dass die Wissenschaftsreligion ihren Wahrheitsgehalt täglich aufs Neue unter Beweis stellt durch die Evidenz der Wunder, bezeichnet als technischer Fortschritt, die sie täglich aufs Neue unter Beweis stellt.
Von den Wundern, die die Priester der Wissenschaftsreligion täglich erschaffen, leben jedoch alle - Menschen.
Deswegen ist es auch müßig, über einen Zusammenbruch unseres Systems zu spekulieren.
Ein Zusammenbruch dieses Systems bedeutet nichts anderes als die Ausrottung aller Menschen, die ihr Leben nur durch Kultur fristen können.
Es wird niemanden mehr geben, der diese Botschaften lesen, verstehen, oder daraus Nutzen ziehen könnte, ganz einfach: Weil es nach dem Total-Zusammenbruch dieses Systems keine Menschen mehr gibt.
Neverbird
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Zustimmung, aber ...
Neverbird, Sonntag, 22.05.2011, 09:58 (vor 4930 Tagen) @ Mephistopheles
Deswegen ist es auch müßig, über einen Zusammenbruch unseres Systems zu
spekulieren.
Ein Zusammenbruch dieses Systems bedeutet nichts anderes als die
Ausrottung aller Menschen, die ihr Leben nur durch Kultur fristen können.
Es wird niemanden mehr geben, der diese Botschaften lesen, verstehen, oder
daraus Nutzen ziehen könnte, ganz einfach: Weil es nach dem
Total-Zusammenbruch dieses Systems keine Menschen mehr gibt.
Das glaube (sic!) ich nicht. Es wird Menschen mit einer anderen Kultur geben. Von dieser unserer heute wird es bestenfalls seltsam klingende Überlieferungen und ansonsten viele rätselhafte Artefakte geben. Es gibt ja auch bis heute Vertreter der Saurier, nur halt nicht mehr so groß. Die Natur, oder wer auch immer da zuständig ist, wird sich schon was einfallen lassen, auch im Falle eine globalen Nuklearkatastrophe, da bin ich sicher.
Es geschieht am Ende, was wir erwarten.
Neverbird
Oh Wunder, oh Wunder: ein Wunder!
Hardy, der Student , Sonntag, 22.05.2011, 10:05 (vor 4930 Tagen) @ Mephistopheles
Von den Wundern, die die Priester der Wissenschaftsreligion täglich
erschaffen, leben jedoch alle - Menschen.
Es lebe der kleine Unterschied: die Funktionsfähigkeit.
Es ist ja sehr schön für Jesus, daß er übers Wasser gehen konnte...
Bei mir klappt das leider nicht, selbst wenn ich noch so sehr daran glaube.
Es sei denn, ich ziehe mir diese überdimensionierten Plastikschuhe an, dann klappt es, ggf. mit einiger Übung, doch.
Das basiert dann allerdings wieder auf Wissenschaft.
Die Plastikschuhe funktionieren sogar dann, wenn ich überhaupt nicht daran glaube.
Thema verfehlt
Neverbird, Sonntag, 22.05.2011, 10:10 (vor 4930 Tagen) @ Hardy, der Student
Nirgendwo wurde hier behauptet, die Wissenschaft habe keine Existenzberechtigung. Nur, daß sie nicht das Maß aller Dinge ist, sondern Teil aller Dinge. Oder so.
Neverbird
Ursprache
Leserzuschrift , Samstag, 21.05.2011, 11:50 (vor 4931 Tagen) @ moneymind
Hi moneymind,
ich studiere gerade eingehend und mit immer größer werdendem Interesse die Philogenetik einer eventuellen Ursprache.
Dies streift zwar Religion und Wirtschaften augenscheinlich nur peripher, bildet im Grunde aber den Ursprung all dieser, denn durch das Wort formt Gott.
Danke für deine Beiträge und für Dich folgende unterstützende und vielleicht nützliche Hinweise:
+ M. Kahir - Das verlorene Wort & Nahe an 2000 Jahre
+ A. Wadler - Der Turm von Babel
+ H. Beckh - Neue Wege zur Ursprache
Es finden sich dann dort noch weiterführende Literaturverzeichnisse.
Es grüßt herzlichst
throne
Mal vorab
tar , Gehinnom, Samstag, 21.05.2011, 11:56 (vor 4931 Tagen) @ moneymind
Was würdest du davon halten, wenn du, der du dich ja selbst als immerwährender, vergleichender Fragestellender hervorhebst, solche herablassenden Antworten auf deine Fragen, die selbstredend deine bisherige Weltsicht samt unterschiedlich verwendetem Vokabular enthalten müssen, erhieltest?
Diese Art ist ja echt zum
--
Gruß!™
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Alles Ideologie außer Muddi
RogRog, Samstag, 21.05.2011, 16:01 (vor 4931 Tagen) @ tar
Was würdest du davon halten, wenn du, der du dich ja selbst als
immerwährender, vergleichender Fragestellender hervorhebst, solche
herablassenden Antworten auf deine Fragen, die selbstredend deine bisherige
Weltsicht samt unterschiedlich verwendetem Vokabular enthalten müssen,
erhieltest?Diese Art ist ja echt zum
Moneymind befindet sich in einem Kampf gegen aufklärerische Ideale ( @ mm). Sobald er irgendeine Sichtweise wittert, die auf Veränderung zielt, ist sie für ihn a priori falsch (Ideologie). Dass er gute Argumente überprüft, habe ich bisher noch nicht erlebt. Diese Methode gilt nur für diejenigen, die von ihm lernen sollen (Flut an Literaturhinweisen). Er versteht sich mMn als Lehrer und Forscher, der das Stadium der Schülerhaftigkeit verlassen hat ("Ich war auch mal so wie Du") und in das Stadium der Weisheit gelangt ist ("Ich hinterfrage alles radikal"). Diese Erfahrung habe ich durch einen endlosen Email-Kontakt gemacht.
Er bekämpft die aufklärerischen Ideale mit aufklärerischen (bürgerlichen) Idealen, ob sie nun einer Überprüfung standhalten oder nicht, was aber aus mir bisher unverstandenen Gründen okay sein soll. Er stellt sich als der objektiv, vorurteilslose Frager dar, weil er Mythen vergleicht und dadurch unhinterfragte Muster im Denken erkennt. Dass er Mythen vergleicht, finde ich hochinteressant, genau wie die Ergebnisse. Dass er selbst nur bestimmte Fragen stellt, die in eine gewisse Richtung zielen (Stillstand, keine praktische Relevanz) und vor anderen Fragen zurückweicht (Veränderung, praktische Relevanz), das hat er meines Wissens an bisher keiner Stelle zugegeben.
Gegen den radikalsten, ersten und letzten Aufklärer, den Aufklärer aller Aufklärer, Siddharta Gautama
Zarathustra, Samstag, 21.05.2011, 17:31 (vor 4931 Tagen) @ RogRog
bearbeitet von Zarathustra, Samstag, 21.05.2011, 17:39
... ist aus meiner Perspektive alles, was danach an "Aufklärung" kam, im Prinzip nur noch ein fader Abklatsch von allerlei "gelehrten" Systemlingen (Staatsbürgern).
Grüezi RogRog
Siddharta G. wendete sich, als atheistischer Freigeist bereits vor 2'500 Jahren gegen weltliche Herrscher und deren - nebst der Waffe – wirksamstes Herrschaftswerkzeug, die schuldverkündende und heilsverheissende Theologie des Götter- und Götzentums als notwendigen Bestandteil jeglicher Herrschaft. Mit der Lehre vom "endgültigen Verlöschen" und vom Leben in der "Hauslosigkeit" war allerdings weder bei den Herrschern (den einst vor den Sumerern geflohenen Brahmanen) noch bei den Beherrschten ein Staat zu machen, und deshalb wurde diese Ketzerei bereits ab den ersten Konzilen wieder vernebelt, verwedelt und umgedeutet. Wie das halt so üblich ist in Herrschaftssystemen.
Grüsse
Zara
Zustimmung (mT)
Melethron, Samstag, 21.05.2011, 17:34 (vor 4931 Tagen) @ RogRog
bearbeitet von Melethron, Sonntag, 22.05.2011, 08:46
(Vortext entfernt. HM)
Ich muss dir hier zum Teil zustimmen. Der Knackpunkt ist, dass ein radikaler Zweifler eigentlich auch an seinem Zweifel zweifeln müsste. Dagegen wehrt sich moneymind aber partout. Es ist eben auch eine äußerst bequeme Position keine konkreten Antworten zu Praxisfragen geben zu müssen. So bewahrt man sich vor dem Irrtum ... aber kann es nicht sein, "daß diese Furcht zu irren schon der Irrtum selbst ist." ( @mm)
Grüße
melethron
Vergleichende Methode – Lesetipps zu INANNA
Zarathustra, Samstag, 21.05.2011, 13:05 (vor 4931 Tagen) @ moneymind
bearbeitet von Zarathustra, Samstag, 21.05.2011, 13:09
Grüezi Moneymind
Ideologie ist meiner Ansicht nach nicht grundsätzlich abzulehnen. Immerhin geht es dabei um ausformulierte Zielvorstellungen, ohne die weder Individuen noch Gesellschaften auskommen, und zu welchen man durchaus auch aufgrund vergleichender Methoden kommen kann, und nicht nur aus dem Bauch heraus.
Wir sind auch gut beraten, wenn wir noch darauf achten, WER denn vergleicht. Meine Antwort: fast durchwegs erzieherisch und kulturell vorgeprägte Patriarchen (die Urvatergemeinde: Abrahamiten und die ganze Palette an fleischgewordenen Derivaten derselben) oder deren Umkehrung, Feministinnen. Deshalb meine - in Ergänzung zu Deinem ewigen Eliade - ewig wiederkehrende Empfehlung: Gerhard Bott – der räumt mit beiden und mehr Seiten derart gründlich auf, dass es nur so eine Freude ist, und das nicht minder selbstbewusst als Du " />
Mit INANNA hat er sich reichlich und in vergleichender Methodik beschäftigt und die Interpretationen der Ideologen verglichen. Viel aufschlussreicher Stoff für solche, die von INANNA tatsächlich keinen „blassen Schimmer“ haben, wie Du vermutest. Also nicht für Dich, Du kennst das ja alles schon in und auswendig.
http://gerhardbott.de/component/search/?searchword=Inanna&ordering=&searchphras...
und insbesondere:
http://gerhardbott.de/ii-neolithikum-und-danach/sumerische-goetter-genealogien.html
Grüsse, Zara
Konstruktivismus
tar , Gehinnom, Sonntag, 22.05.2011, 03:02 (vor 4931 Tagen) @ moneymind
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 22.05.2011, 03:08
Hallo MM,
nach ein paar Stunden Abstand und intensiverem Lesen bin ich mir noch immer nicht so recht schlüssig, was du eigentlich willst. Einerseits forderst du einen fragenden, vergleichenden Ansatz, andererseits beschimpfst du mich dann ja mehr als nur subtil, ich würde lediglich Fragen, ob ich denn Recht hätte.
Vielleicht sagt dir meine Art der Fragestellung nicht zu, in der ich meine Sicht der Dinge bereits argumentierend einbaue, um die entgegnete Antwort vorzupräzisieren, statt - wie auch im Gelben öfters üblich - einfach einen allgemeinen, nichtssagenden Verweis zu erhalten?
So fehlt wohl sicher nicht nur mir einfach aus bestimmten Umständen die Zeit, mich eingehend mit jedwedem Experten (Welch Wort! Wer bestimmt denn an welchen (Vor-)Urteilen, wer Experte ist?) im Einzelnen auseinanderzusetzen, geschweige denn diesen erst biographisch-historisierend-vergleichend zu analysieren. Diesen Luxus kann ich mir eben erst dann in ernsthafter Weise gönnen, wenn mein Einkommen gesichert ist, so dass ich ja auf deine Sicht der Dinge, der du dich damit offenbar eingehender und in dieser vergleichenden Art beschäftigen kannst, besonderen Wert lege. Diese Anerkennung trittst du aber geradezu mit Füßen und machst mir vielmehr den Eindruck, als ob du genau diese vergleichende Analyse als Drecksarbeit ansiehst, bei der du es leid bist, sie für andere - Fragende! - zu erledigen.
Daß ab dem Zeitpunkt, ab dem die Opferrituale ihre Funktion verloren
haben (wohl Ende der Bronzezeit), Priester auch Machtmißbrauch betrieben
haben und Herrschaftskritik näherlag, ist auch klar.
Machtmissbrauch ist zumindest meinem Verständnis von Macht nach begrifflich unscharf, denn meinem Kenntnisstand nach nutzten sie (Priester, Schamanen) ihr "geheimes" Wissen, um Macht zu entfalten. Dabei ist Macht definitionsgemäß das Durchsetzen des eigenen Willens (Weber) und beinhaltet damit bereits den Missbrauch. Meintest du das auch so?
Es tut mir leid, aber ich halte mich lieber an Zusammenfassungen von
Leuten, die sich mit diesen alten Kulturen vergleichend und im Detail
beschäftigt haben.
Das klingt wie ein Vorwurf. Wieso tut dir das leid und wieso lieber (im Gegensatz zu?)?
Das heißt nicht, daß ich sofort mit einer schlüssigen Alternativtheorie
dienen kann. Ich wäre auch ganz schön blöd, wenn ich auf der Basis
meines jetzigen Kenntnisstandes so tun würde, als ob ich das könnte.
Alternative wofür? Strebst du denn eine Widerlegung der debitistischen Machttheorie an?
Es heißt aber, daß ich Fragen an kompetente vergleichend arbeitende
Experten stelle, und daß mich offensichtlich vorurteilsbeladene
Denkweisen, die (wahrscheinlich Dir völlig unbewußt) von einem Paradigma
geprägt sind, dessen Geschichte ich mittlerweile etwas besser durchschaue,
nicht mehr interessieren (in Deinem Alter bin ich dieser Denke auch noch
auf den Leim gegangen).
Ich kann dir hier wohl erst folgen, wenn du konkreter wirst.
und andererseits tributwilligen [color=888888](opfernden)[/color]
Untertanen
Du setzt Opfer einfach ganz oberflächlich mit Tribut gleich und meinst,
es damit schon verstanden zu haben.
Ich wollte es mit den Klammerbemerkungen nicht gleichsetzen, sondern in Vergleich setzen.
Zum o.g. religiösen Machtgebrauch gehört ja aus meiner Sicht u.a. gerade auch die Menschenopferung, durch die das sonst drohende Unheil (böse Geister, Beschwichtigung von Gottheiten, etc.) abgewendet werden soll, d.h. die Sanktion schwingt mEn mit.
Du scheinst aber eine davon abweichende Erklärung zu haben!?
Schon mal mit der Funktion des
Opfers
beschäftigt?
Gibt es noch andere Opfer-Funktionen, als zur Abwendung eines abergläubischen (religiösen) Unheils und zur Abschreckung/Beseitigung etwaig Aufmüpfiger (Festigung der Macht)?
Du weißt, daß man in
Uruk ("first
true city state and civilization") ebenso der
Venus
(Inanna) opferte wie bei den Azteken (anderer Kontinent) und den
Skidi Pawnee (wiederum anderer Kontinent)? Weißt du, zu welchem "Zweck",
welche Bedeutung diese Rituale hatten?
Ich gehe vorverurteilend davon aus, dass diese Opfer (zunächst v.a.) der Abwendung einer (himmlischen?) Katastrophe, (später?) einer möglichst erfolgreichen Vieh-/Land-Bewirtschaftung und (schließlich zuletzt v.a.) einfach der Machtfestigung dienen sollten.
Ich fürchte, Du hast nicht den blassesten Schimmer.
Wozu diese Furcht? Erleuchte mich einfach
Spielst du womöglich auf die menschliche Selbstreflexion (Blending) bzgl. der Geburt und der Erkenntnis des eigenen Todes (Vergänglichkeit) und dessen Bewältigung an (dem Dasein einen irgendwie entarteten Sinn geben - eine Art Selbstschutz)? Das ist zwar eine Erklärung für die Herkunft der Götter, aber nicht für Menschenopfer.
Hier z.B. ein sumerischer Inanna-(Venus-)Mythos,
Inanna und
der Weltenbaum. Die sumerischen Königslisten sagen direkt, daß das
Königtum "vom Himmel kam" (siehe
wikipedia-artikel
dazu).
Da steht nichts von Opfern und Opferungen. Was meinst du hier also konkret?
Ich verstehe das alles auch nicht wirklich, aber immerhin vermeide ich,
dieses Unverständnis durch Fragen zu verkleinern, anstatt meine eignen
Vorurteile auf das Opfer zu projizieren und das dann für eine "Erklärung"
zu halten.
Ich kann dir leider nicht im Ansatz folgen, was du mir eigentlich sagen willst und wo ich offenbar etwas projiziere? Handelt es sich vielleicht um ein Missverständnis?
Davon, daß da weitaus mehr dahintersteckt als nur dottore'sche
simple zirkuläre Machtphantasien, bin ich allerdings überzeugt, sonst
würde ich ja nicht weiterfragen.
Achso - du meinst, PCM hat die Religion einzig zur Machtetablierung und nicht auch zur Bewältigung der eigenen Vergänglichkeit (und ggf. noch andere Dinge?) dargestellt/definiert und das wäre halt noch klärungsbedürftig? OK, das kann ich nachvollziehen.
Ich hätte gern eine "Erklärung", die die obigen Beobachtungen schlüssig
integrieren kann. Habe ich die schon? Also schaue ich, welche Erklärungen
andere anbieten und vergleiche sie.
OK.
in die Abwendung der
[color=888888](wiederkehrenden?)[/color] Not durch den
[color=888888](dadurch sakral erhobenen)[/color] Machthaber ist doch
Voraussetzung eines jedweden hierarchischen Gebildes?
Welcher Not genau, und was hat diese Not mit dem von den alten Kulturen in
diesem Zusammenhang immer wieder genannten "Himmel" (-> Archäoastronomie)
zu tun?Das scheint mir da die entscheidende Frage zu sein.
Ja und für mich stellt sich die entscheidende Frage an anderer Stelle (siehe unten).
Mit Not meine ich eben Engpässe jedwelcher Art, worunter eben auch "himmlische Katastrophen" zählen (bspw. anhaltende Dürreperioden aufgrund ausbleibenden Regens, der ja bekanntlich vom Himmel fällt - man muss hier also nicht zwingend Meteore (fallende Sterne) bemühen).
Du aber stelltst solche Fragen gar nicht, sondern fragst nur rhetorisch:
"Aber ich habe doch recht, oder?"
Logisch, da ich argumentierend frage, damit der Antwortende an der passenden Stelle einhaken kann. Aus meiner Sicht erspart das den Diskutanten Zeit.
Mal ehrlich, Mann - so ein Vorgehen ist für mich ein joke. Ist ja
schlimmer als der schlimmste Pfarrer!
Diesen Vorwurf kann ich nicht nachvollziehen - nur weil ich andere oder anders Fragen stelle, als du es tust!? Das ist doch bescheuert.
was bei Populationsvergrößerung zu
Verteilungskonflikten führen dürfte.
Warum? Wieso überhaupt "Populationsvergrößerung"?
Hier liegt für mich die entscheidende Frage, denn meiner Kenntnis zufolge ist es die durch die "Überpopulation" zwangsläufig entstehende Entsolidarisierung (Dunbar), die eine wesentliche Voraussetzung zur Entwicklung eines Staatsgebildes darstellt, bei dem die Solidarisierung ggü. Anonymen mittels Waffengewalt durchgesetzt werden muss.
Die Ursache der Populationsvergrößerung liegt mEn nun wiederum beim überschüssigen Kalorienvorrat, also bei Viehzucht und Ackerbau - womit sich der Kreis der Entstehung von Opfer-Ritualen schließt. Fürs Vermeiden von Missernten usw., sprich: zum Beschwichtigen der Götter braucht es wohl eher sakrale Opfer, als zum Geben eines Lebenssinns?
Ergo bedurfte es der brachialen Waffengewalt nicht nur zur
Verteidigung, sondern eben v.a. zur Ausweitung des eigenen
"Rechtsgebiets"
[color=888888](Schutzgebiets)[/color].
Reine Spekulation, wiederum rein materialistisch gedacht. Kriege hatten -
wie Spiele (Olympiade z.B.) - nach allem, was ich bisher von vergleichenden
Mythologen gelesen habe, v.a. rituelle Funktionen. Ein materialistischer
Aspekt ist natürlich immer impliziert, aber m.E. nicht der treibende
Faktor.
Da ist doch Bott interessant. Laut ihm entstanden Kriegsgötter erst viel später, d.h. die rituelle Funktion war eben anderen, wichtigeren (allgemeineren?) Funktionen untergeordnet.
Anderenfalls wären die Anatolier
oder Sumerer doch da geblieben, wo sie vor ihren
Unterwerfungsausflügen
waren?
Hm, ich kann nicht behaupten, daß ich da voll durchblicken würde. Bin
aber nicht gewillt, zirkulär begründete Vorurteile einfach zu
übernehmen, sondern ziehe es vor, erstmal weiterzufragen (Fragen an die
Experten, und die sind sicherlich nicht hier im Forum).
Wo genau liegt denn dMn der Zirkelschluss?
Beim dottore hält daher die von vorn bis hinten unverstandene
Religion
dann halt durch die Hintertüre Einzug, mit seiner Fetischisierung
der
Schuld, die er als wissenschaftlicher Ökonom allein in der Ökonomie
suchen will.
Sucht und findet er sie nicht beim [color=888888](Über-)[/color]Leben
selbst - und leitet daraus den Zwang zum Wirtschaften samt den
daraufhin
folgenden staatlich geförderten Ökonomie-Lehren ab?
Eine von vorn bis hinten zirkuläre Scheinerklärung. Warum gibt es dann
bis heute Stammesgesellschaften, die eben nicht wirtschaften und das auch
nie gemacht haben? Die nicht mal einen Staat haben? Und auch aus sich
heraus jahrhundertelang keinerlei Wirtschaften hervorbringen (Sahlins'
"Original Aflluent Societies"). Aber dann, sobald sie auf eine solche
Wirtschaft treffen, durchaus ebenfalls das Wirtschaften erlernen?
Da war wohl Lex schneller: http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=120105
Und viel mehr noch: wieso kann das Wirtschaften historisch auch einfach
wieder verschwinden? (Ende röm. Reich)?
Äh, das Wirtschaften war verschwunden?!
Was bringt dich denn zu dieser Aussage? Es gibt doch kein einziges Beispiel, in dem das einmal etablierte Wirtschaften einfach wieder verschwand!?
Das soll aus dem "Leben selbst",
der "menschlichen Natur" zu erklären sein? Sorry mein Freund, ich
behaupte, das ist ein elender Zirkelschluß, reiner theoretischer
Selbstbetrug.
Ich ziehe es vor, Experten zu fragen, statt Behauptungen aufzustellen
Spaß beiseite, aber ich kann deiner Argumentation hier nicht zustimmen.
Was hälst du da bspw. von den Veden, die je nach Gusto zwischen 6000
oder
3000 Jahre alt sein sollen und ihr religiöses
[color=888888](Abgabe)[/color] forderten?
Siehe oben. Gehören mit sämtlichen anderen Überlieferungen verglichen,
um gemeinsame Muster zu finden. Opferrituale spielten z.B. (weltweit) oft
die Schöpfungsmythologie nach (vgl. Eliade). Schöpfungsmythen ähneln
sich weltweit erstaunlich und lassen sich
typologisieren
in die Kategorien "ex nihilo", "world parent", "earth diver" und "from
chaos", etc.
Danke für diesen gut klingenden Hinweis. Schaue ich mir auf alle Fälle näher an.
Ich hoffe, du berichtest davon in gewohnter Manier
Nur, wenn es interessante Diskussionen mit Leuten gibt, die ähnlich
gelagerte Fragen stellen.Wieso sollte ich sonst? Nur weil ich die Welt oder Leute, die das sowieso
für durchgeknallten Quark halten und nur noch rhetorisch fragen, "aber ich
habe doch recht?", mit meinen Privatergüssen gratis beglücken will?Das wäre vielleicht bissle arg idealistisch, meinste nicht?
Bleib mal auf dem Boden, Mensch. Wer sagt denn hier, dass die Nachforschungen zum Ursprung der Religiosität Unsinn seien - und vor allem: in Bezug worauf? Sie sind mEn doch eine prima Ergänzung zum historisch-debitistischen Gesamtbild, deren Grundaussage sich bis dato mangels nachvollziehbarer Widerlegung oder Alternativtheorie nicht geändert hat. Und wenn es letztlich nur eine Begriffsreiterei um die "Urschuld" ist, wäre es die Mühe wohl kaum wert, gell?
Guts Nächtle!
--
Gruß!™
Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.
BTC: 12aiXGLhHJVETnmGTLbKtAzJNwqh6h6HN4
Antwort (mT)
Melethron, Samstag, 21.05.2011, 11:16 (vor 4931 Tagen) @ moneymind
Hey moneymind,
Wenn Menschen nur für materielle Entlohnung arbeiten würden gäbe es
all
das nicht. Es gäbe keine Kunst, keine Kultur, keine Philosophie.
Yup. Wozu nämlich dienten Kunst und Kultur ursprünglich? Nicht dem
materiellen Reichwerden, sondern sakralen Zwecken (Könige waren
ursprünglich Gottkönige-Priester), und Philosophen beerben sie in dieser
Funktion (siehe Plato).Daß Kunst allein der "freien Selbstverwirklichung des Individuums" dienen
soll, ist eine moderne, von vorn bis hinten von aufklärerischen Idealen
durchdrungene Vorstellung, die an archaischer "Kunst" samt ihrer Entstehung
nicht das geringste erklärt und nichts mit ihr zu tun hat.
Ich würde hier nicht per se von "aufklärerischen Idealen" sprechen als eher von "materialistischen". In der Aufklärung wird (befeuert durch die Konkurrenz der naturwissenschaftlichen Erklärungen) Gott tendenziell als Gegenstand der Erkenntnistheorie verbannt (Stichwort "theoretische Vernunft"). In der Moral und der Ästhetik nimmt er aber eine große Stellung ein (Stichwort praktische Vernunft und Urteilskraft). In dieser Hinsicht haben wir heutzutage auch ein leichtes Zerrbild der Aufklärung.
Die aufklärerisch-materialistisch Vorstellung, Staat und Königtum seien
aus reiner Machtgier und mithilfe brachialer Waffengewalt entstanden, um
andere auszubeuten, ist aufklärerisch-mythologisches Wunschdenken bar
jeglichen auch nur einigermaßen detaillierten historischen und
kulturvergleichenden Blicks auf die ersten Königtümer (Staaten).Das ist verständlich, die Aufklärer wollten religiös begründete
Herrschaft ja gerade abschaffen.Wir hier wollen sie samt ihrem Ursprung aber doch vor allem erstmal
verstehen, oder? Leider sind die Axiome der Aufklärung mittlerweile
so tief in den Köpfen verankert, daß die meisten auf ihrer Basis blind
wahrnehmen, ohne diese Axiome hinterfragen zu können.Beim dottore hält daher die von vorn bis hinten unverstandene Religion
dann halt durch die Hintertüre Einzug, mit seiner Fetischisierung der
Schuld, die er als wissenschaftlicher Ökonom allein in der Ökonomie
suchen will.Seiner Methode, isolierte Aspekte der traditionalen Welt herauszugreifen
(Gold, Schwert/Waffe, etc.) und sie dann im Sinne seiner eigenen
machttheoretischen Vorurteile zu interpretieren, würde ich eine ganz
andere Methode vorziehen, nämlich den systematischen Vergleich sämtlicher
bekannten archaischen Kulturen und "Religionen" (Mythologien). Die
vergleichende Methode hilft dann dabei, die richtigen Fragen zu
formulieren, d.h. bietet Orientierung dafür, wonach man eigentlich genau
suchen/fragen muß, wenn man wissen, will, wie die archaischen Kulturen
(Staaten, Priesterkönigtümer) entstanden sind, und wie aus ihnen dann in
Griechenland Eigentum, Freiheit, Wirtschaft und Philosophie entstanden
sind.Wäre viell. interessant, dazu mal nicht nur marxistische Ethnologen wie
Sahlins zu lesen, sondern auch sowas wie ...Eliade, Das Heilige und das Profane
Guenon, Der König der Welt
Evola, Revolte gegen die moderne Welt (online:
Der
sakrale Charakter des Königtums)Was all das mit dem "Himmel" zu tun hat, von dem die "Götter" ja
hergekommen sein sollen, erforschen übrigens mittlerweile u.a. diverse
Archäoastronomen. Einer der Begründer des Felds,
Giorgio De
Santillana (mit Herta von Dechend: "Die Mühle des Hamlet") hat
übrigens auch ein interessantes Buch über die Enstehung von Wissenschaft
und Philosophie im antiken Griechenland geschrieben ...Klar, sumpfiges Feld. Spannend aber allemal.
Dieses Thema hatten wir ja schon. Und ich teile (damals wie auch jetzt) deine Sichtweise. Selbst die moderne Staatsform der absolutistischen Demokratie huldigt doch nur den leeren Thron als ihren Gottkönig...
Aber sorry, steht ja vermutlich eh alles schon bei Hegel ...
Naja, kann ich nicht beurteil, aber ich denke jemandem der schrieb:
„Der Gegenstand der Religion wie der Philosophie ist die ewige Wahrheit in ihrer Objektivität selbst, Gott und nichts als Gott und die Explikation Gottes“
und
"Es ist der Gang Gottes in der Welt, daß der Staat ist, sein Grund ist die Gewalt der sich als Wille verwirklichenden Vernunft“
...wird man zumindest nicht absprechen können, dass er Religion/Gott eine große Bedeutung zugesprochen hat .
Jetzt kommen gleich wieder sämtliche Aufklärungsfetischisten und
erzählen, Religion sei eine willkürliche Erfindung machtgieriger
Unterdrücker. Spart Euch das bitte, und behaltet Eure uninformierten
Vorurteile für Euch.Ich mache derweil vergleichende Mythen- und Religionsforschung.
Was wurde eigentlich aus Deinem H/S-Kritik-Paper?
Ist ja eigentlich eher eine Marx kritik in Hinblick auf Hegels Rechtsphilosophie mit ökonomischer Erweiterung von Stadermann-Steigers Nominalökonomie (die ich H/S und PCM aus dir bekannten Gründen vorziehe).
Ich bin prinzipiell noch dran aber mir fehlt es schlicht an praxisrelevanten Schlussfolgerungen. Der Konflikt Staat/Gesellschaft (inhaltlich am besten dargestellt in Stützel Rationalitätenfalle - also Konflikt kollektive Rationalität/individuelle Rationalität) den Hegel schon in jungen Jahren umgetrieben hat, hat er in meinen Augen nicht wirklich gelöst, sondern sich damit abgefunden darzustellen bis wohin der "Weltgeist" gekommen ist. Ich möchte hierzu praktische Verbesserungsvorschläge aufstellen. Das was ich bisher zusammen hab (und teilweise zu papier gebracht) ist eigentlich nur eine Rechtsphilosophische und ökonomische Darstellung unserer politischen Ökonomie. Was nun Verbesserungen angeht so möchte ich mich erstmal mit Elinor Ostrom und Wagenknechts neustem Buch befassen. Bei Wagenknecht finde ich interessant, dass sie sich an Ordoliberalen wie Walter Eucken orientiert.
Ich denke bis das paper mal fertig wird, wird noch einige Zeit vergehen und unter 100 Seiten wird es auf keinen Fall haben. Vermutlich weit mehr. Vielleicht schicke ich dir mal einen "Zwischenstand"
Ciao.
Grüße
melethron
"absolutistische Demokratie"! Danke für den Begriff. Das ist er, nach dem ich lange gesucht habe.
Mephistopheles , Datschiburg, Samstag, 21.05.2011, 16:09 (vor 4931 Tagen) @ Melethron
Absolutistisch bedeutet souverän, aus sich heraus, völlig losgelöst von Volk und Vaterland.
Über den Demokraten steht niemand.
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Demokratie: in der Form Absolutismus; im Inhalt aufgehobener Terror (mT)
Melethron, Samstag, 21.05.2011, 16:59 (vor 4931 Tagen) @ Mephistopheles
Absolutistisch bedeutet souverän, aus sich heraus, völlig losgelöst von
Volk und Vaterland.
Über den Demokraten steht niemand.
Der Begriff kam mir durch einen Text von Slavoj Zizek. Ich denke der Abschnitt aus dem Text spricht im Großen und Ganzen für sich. Was wohl anzumerken ist, dass es hier um die Idee der Demokratie geht. In der Realität kann es natürlich gut sein, dass hinter dem Thron Lobbyisten mit Dolchen in den Gewändern sitzen und somit das Negative Moment des Übergangs verhindern.
"Democracy itself provides another example of such an egalitarian link based on terror. As Claude Lefort notes, the democratic axiom is that the place of power is empty, that there is no one directly qualified for the vacancy, either by tradition, charisma, or leadership qualities. This is why, before democracy can enter the stage, terror has to do its work, forever dissociating the place of power from any natural or directly qualified pretender: the gap between this place and those who temporarily occupy it must be maintained at all costs. This is also why Hegel’s deduction of the monarchy can be given a democratic supplement: Hegel insists on the monarch as the “irrational†(i.e., contingent) head of state precisely in order to keep the summit of state power apart from the expertise embodied in the state bureaucracy. While the bureaucrats are chosen on account of their abilities and qualifications, the king is the king by birth—that is, ultimately, he is chosen by lot, on account of natural contingency. The danger Hegel was trying to avoid here exploded a century later in Stalinist bureaucracy, which was precisely the rule of (Communist) experts: Stalin is not a figure of a master, but the one who “really knows,†an expert in all imaginable fields, from economy to linguistics, from biology to philosophy.
We can well imagine a democratic procedure maintaining the same gap on account of the irreducible moment of contingency in every electoral result: far from being a limitation, the fact that elections do not pretend to select the most qualified person is what protects them from the totalitarian temptation (which is why, as was already clear to the Ancient Greeks, choosing rulers by lot is the most democratic form of selection). That is to say, as Lefort has again demonstrated, the achievement of democracy is to turn what for traditional authoritarian power is the moment of greatest crisis—the moment of transition from one master to another, the panic-inducing instant at which “the throne is emptyâ€â€”into the very source of its strength: democratic elections thus represent the passage through that zero-point at which the complex network of social links is dissolved into a purely quantitative multiplicity of individuals whose votes are mechanically counted. The moment of terror, of the dissolution of all hierarchical links, is thereby re-enacted and transformed into the foundation of a new and stable political order.
Measured by his own standards of what a rational state should be, Hegel was thus perhaps wrong to fear universal democratic suffrage (see his nervous rejection of the English Reform Bill in 1832). It is precisely democracy (universal suffrage) which, much more appropriately than Hegel’s own State of estates, performs the “magic†trick of converting radical negativity into a new political order: in democracy, the negativity of terror (the destruction of everyone who pretends to identify with the place of power) is aufgehoben and turned into the positive form of the democratic procedure."(fett von mir)
Grüße
melethron
Contradictio in adjecto
Tempranillo, Samstag, 21.05.2011, 17:30 (vor 4931 Tagen) @ Mephistopheles
Hallo Mephistopheles,
Absolutistisch bedeutet souverän, aus sich heraus, völlig losgelöst von
Volk und Vaterland.
Über den Demokraten steht niemand.
Als Zustandsbeschreibung sind Deine Zeilen glänzend. Nur hat sich damit die Demokratie als Regierungsform der Volkssouveränität selbst abgeschafft.
Demokratischer Absolutismus ist ein Widerspruch in sich wie hölzernes Eisen oder trockenes Wasser.
Dennoch verdient Dein Gedanke breiteste Resonanz, denn er öffnet die Schleusen, um der Einsicht Platz zu machen, daß mit den *demokratischen* Souveränen so zu verfahren wäre wie mit den absolutistischen Herrschern, etwa Madame und Monsieur Capet.
Tempranillo
Demokratischer Absolutismus und seine Zukunft
Mephistopheles , Datschiburg, Samstag, 21.05.2011, 21:36 (vor 4931 Tagen) @ Tempranillo
Absolutistisch bedeutet souverän, aus sich heraus, völlig losgelöst
von
Volk und Vaterland.
Über den Demokraten steht niemand.
Als Zustandsbeschreibung sind Deine Zeilen glänzend. Nur hat sich damit
die Demokratie als Regierungsform der Volkssouveränität selbst
abgeschafft.
Unter Absolutismus versteht man vielfach eine frühneuzeitliche Regierungsform, die – nach lange vorherrschender Auffassung – von der Regierung eines aus eigener Machtvollkommenheit handelnden Herrschers ohne politische Mitwirkung ständischer Institutionen bestimmt war.
http://de.wikipedia.org/wiki/Absolutismus
Das ist genau das, was wir derzeit erleben:
Ob jetzt die Volksabstimmung über die deutsche Verfassung, die den Deutschen laut Grundgesetz für den Fall der deutschen Einheit zugesichert worden war, und welche die Demokraten qua eigene Machtvollkommenheit hinwegsetzten, ob die Bankengarantie, welche die Demokraten ohne das Volk zu fragen übernahmen, ob der Euro, welchen die Demokraten, ohne das Volk zu fragen durchdrückten, gegen den Unwillen der Mehrheit, dass die Demokraten laut eigener Aussage seit Jahrzehnten über unsere Verhältnisse gelebt haben oder die europäische Verfassung, die genau das beinhaltet, was Gaddafi vorgehalten wird, nämlich die erklärte Absicht der Demokraten, das Volk bei Aufständen niederzuschießen; die Demokraten regieren absolutistisch am Volk vorbei.
Die Gegenseite ist sich dieser Sachlage übrigens durchaus bewusst, der bayerische Verfassungsgerichtshof entschied bei einem Urteil über die Zulässigkeit von Volksentscheiden, dass diese nicht zulässig seien, wenn sie Auswirkungen auf den Haushalt hätten, da sie dann das Budgetrecht des Souveräns, und Souverän sei der bayerische Landtag, untergraben würden.
M.a.W., die Demokraten bestimmen sich selber zum Souverän, der seine Souveränitätsrechte im Zweifelsfall gegen das Volk durchsetzt.
(leider finde ich dieses Urteil nicht mehr, ich habe es mir aber gemerkt, weil es auf mich wie ein wake-up-call gewirkt hat)
Demokratischer Absolutismus ist ein Widerspruch in sich wie hölzernes
Eisen oder trockenes Wasser.Dennoch verdient Dein Gedanke breiteste Resonanz, denn er öffnet die
Schleusen, um der Einsicht Platz zu machen, daß mit den *demokratischen*
Souveränen so zu verfahren wäre wie mit den absolutistischen Herrschern,
etwa Madame und Monsieur Capet.
Der absolutistische Herrscher war Louis quartoze, und den hätte niemand der Guillotine zugeführt; Louis Capet dagegen war bei allem Glanz schwach, weil er es zugelassen hat, dass ihm die finanzielle Basis seiner Souveränität abhanden kam. Da half dann aller absolutistische Pomp nichts mehr.
Unsere Demokraten und ihr demokratischer Pomp...
Tempranillo
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Dem Bernbeck war die Schöpfung des Tribut-Bürgers selbst schleierhaft
Zarathustra, Freitag, 20.05.2011, 08:29 (vor 4933 Tagen) @ Morpheus
bearbeitet von Zarathustra, Freitag, 20.05.2011, 08:39
„Antworten darauf, warum die häusliche Produktionsweise in eine neue Produktionsweise überging, sind nur schwer zu finden. Denn es handelt sich bei dieser wirtschaftlichen Organisationsform um Gebilde, die nicht so schnell aus dem Gleichgewicht zu bringen sind"
Dabei ist dieses Rätsel doch inzwischen gelüftet: Mit der Domestizierung und der Zucht des Viehs, und damit verbunden der Entdeckung der Vaterschaft etablierten sich erstmals in der Geschichte des homo sapiens patriarchale, monogame, subsistenzunfähige Paarungsfamilien anstelle matrifokaler, autarker Blutsfamilien(Grossfamilien), und damit war die Basis geschaffen für sämtliche künftigen, unsolidarischen Herrschafts- und Klassensysteme.
Wir haben jetzt das Privilieg, den Todeskampf des Patriarchats und mit ihm des tributären, raubbauenden, artenvernichtenden Kollektivismus zu erleben.
Grüsse, Zara
Natur und Klassensysteme
aprilzi , tiefster Balkan, Sonntag, 22.05.2011, 12:43 (vor 4930 Tagen) @ Zarathustra
Dabei ist dieses Rätsel doch inzwischen gelüftet: Mit der Domestizierung
und der Zucht des Viehs, und damit verbunden der Entdeckung der Vaterschaft
etablierten sich erstmals in der Geschichte des homo sapiens patriarchale,
monogame, subsistenzunfähige Paarungsfamilien anstelle
matrifokaler, autarker Blutsfamilien(Grossfamilien), und damit war
die Basis geschaffen für sämtliche künftigen, unsolidarischen
Herrschafts- und Klassensysteme.
Hi,
also was heisst Grossfamillien? Was du predigst sind Inzeste. Und die Natur schickt diese Ausgeburte in die Klapsmuehle. Wenigstens ist das die heutige Lehrmeinung. Die Natur erlaubt keine Wohlfuehlgesellschaft, das waere die Schlussfolgerung oder?
Gruss
Grossfamilien/Blutsfamilien vs. Paarungsfamilien
Zarathustra, Sonntag, 22.05.2011, 13:23 (vor 4930 Tagen) @ aprilzi
bearbeitet von Zarathustra, Sonntag, 22.05.2011, 14:19
Hi,also was heisst Grossfamillien?
Hallo Aprilzi,
wie beschrieben: matrifokale, autarke Blutsfamilienverbände
Was du predigst sind Inzeste.
Und die
Natur schickt diese Ausgeburte in die Klapsmuehle. Wenigstens ist das die
heutige Lehrmeinung. Die Natur erlaubt keine Wohlfuehlgesellschaft, das
waere die Schlussfolgerung oder?
Wie meinen? In natürlichen, matrifokalen Blutsfamilien herrscht Exogamie, und sicher kein Inzest. Inzest ist eine "Errungenschaft" der Herrschaftssysteme.
Ich "predige" (fordern kann ich es nicht) die Natur, die herrschaftsfreie, solidarische, autarke Blutsfamilie als ein System, welches während 99 Prozent der Geschichte des homo sapiens vorherrschte, bis die patriarchalen Prediger des Wahnsinns und der Widernatur (Staat, Götter, heilige Hochzeit, obrigkeitsabhängige Paarungsfamilie, Züchtigung von Vieh und Mensch etc.) das Zepter übernahmen und für die gesamte Spezies Klappsmühlen errichteten, in welchen man seither den Tag und das "Leben" durchbringt. (Tempel, Schulen, Fabriken)
Doch das geht nun zu Ende, es zerfällt, weil es ein System ist, das nur mit Gewalt, und folgedessen nur vorübergehend und bis zum Maximum der Dekadenz aufrechterhalten werden kann. Dekadent war es seit dessen Entstehung, ein zum vornherein gescheiterter Irrläufer in der Evolution. Der Tatbeweis wurde lokal mehrmals und eindrücklich erbracht. Nun erbringen wir ihn - zuguterletzt - noch global.
Grüsse, Zara
Da zerfällt noch mehr
Mephistopheles , Datschiburg, Sonntag, 22.05.2011, 13:42 (vor 4930 Tagen) @ Zarathustra
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 22.05.2011, 13:52
Doch das geht nun zu Ende, es zerfällt, weil es ein System ist, das nur
mit Gewalt, und folgedessen nur vorübergehend und bis zum Maximum der
Dekadenz aufrechterhalten werden kann. Dekadent war es seit dessen
Entstehung, ein zum vornherein gescheiterter Irrläufer in der Evolution.
Der Tatbeweis wurde lokal mehrmals und eindrücklich erbracht. Nun
erbringen wir ihn - zuguterletzt - noch global.
Allerdings würden wir, wenn wir die Zivilisation den Frauen überlassen hätten, laut Esther Vilar noch heute auf den Bäumen hocken.
"Es ist ganz logisch, dass der Mann, der die Frau für seinesgleichen hält und dabei mit ansehen muss, was für ein stupides Leben sie neben ihm führt, glaubt, er unterdrücke sie. Doch solange man sich erinnert, ist die Frau nicht mehr zu irgendeiner Unterwerfung unter den Willen des Mannes gezwungen "worden, im Gegenteil: Es sind ihr alle Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, sich unabhängig zu machen. Wenn sich also die Frau in dieser langen Zeit nicht von ihrem »Joch« befreit hat, dann gibt es dafür nur eine Erklärung: Sie hat keins." ebda.
Grüsse, Zara
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Wie bloed sind die wirklich?
Batox, Freitag, 20.05.2011, 08:24 (vor 4933 Tagen) @ Batox
Dass Staatsverschuldung nur eine lustige Zahl ist, die ohne Schaden fuer die reale Oekonomie von dem Staat selber einfach auf Null gesetzt werden kann, diese Tatsache ist meines Erachtens jedem, der sich an verantwortlicher Stelle ernsthaft mit dem Thema beschaeftigt, klar. In anderen Worten, die Ackermaenner, Bernankes und ihre Hintermaenner wissen genau, dass Staatsverschuldung ein Bluff ist.
Gleichzeitig ist sie ein hervorragendes Mittel zur Umverteilung von Unten nach Oben. Eine Sichtweise auf Staatsanleihen ist, dass sie ein Steuernachlass sind. Beim Kauf der Staatsanleihe gibt jemand freiwillig dem Staat Geld - wenn derselbe Vorgang unfreiwillig stattfindet heisst das Steuer. Dafuer bekommt der Kaeufer regelmaessig Geld vom Staat - angenommen derjenige ist steuerpflichig koennen wir sagen, er hat seine Steuerlast reduziert. Wenn der Staat seine Anleihen platzen laesst ist das nichts Anderes als eine Verstaatlichung von privatem Vermoegen - auch das kann als eine Art Steuer aufgefasst werden.
Staatsverschuldung bedeutet somit, dass eine Stelle mit Geld (eine reiche Person, ein Unternehmen oder eine Bank) eine Forderung an den Staat stellt, eine Forderung an die gesamte Gesellschaft. Das genau ist Umverteilung von Unten nach Oben.
Wir haben also z.B. in GR eine Situation in der die Beguenstigten dieser Umverteilung darueber zu entscheiden haben, wie es weitergeht. Sie werden ihr Blatt ausreizen bis zum Letzten, aber sie werden es nicht zu einem Showdown kommen lassen. Der griechische Staat wird ausgepluendert (z.B. durch Privatisierungen), aber bevor es zu Generalstreik oder Revolten kommt werden sie einen Schritt zurueck machen, und sich dem naechsten Land (z.B. Spanien) zuwenden.
Der Kampf findet dabei an zwei Fronten statt. Einerseits versucht jeder, der griechische Staatsanleihen besitzt, so viel wie moeglich Geld aus GR zu pressen. Gleichzeitig befinden sich diejenigen, die viele dieser Anleihen halten (also z.B. die griechischen Milliardaere) in einer schwachen Position gegenueber denjenigen, die nur wenige dieser Anleihen besitzen. Die zweite Front ist der Kampf der Reichen untereinander. Es geht beim aktuellen Spektakel um beides - das griechische Volk und die griechischen Milliardaere sollen beide geschroepft werden.
Keiner der Beteiligten will jedoch das System selber in Frage stellen. Es geht im Moment nur darum, die Schmerzgrenze herauszufinden, den Punkt, an dem GR glaubwuerdig damit droht, sich Pleite zu erklaeren. Sobald dieser Punkt erreicht ist, wird sich die internationale Finanzwelt wie durch Zauberei einem anderen Thema zuwenden - oder sind sie wirklich so bloed, die Gans zu schlachten, die goldene Eier legt?
Es gibt kein Nettogeld
Mephistopheles , Datschiburg, Freitag, 20.05.2011, 08:41 (vor 4932 Tagen) @ Batox
Dass Staatsverschuldung nur eine lustige Zahl ist, die ohne Schaden fuer
die reale Oekonomie von dem Staat selber einfach auf Null gesetzt werden
kann, diese Tatsache ist meines Erachtens jedem, der sich an
verantwortlicher Stelle ernsthaft mit dem Thema beschaeftigt, klar.
Es gibt kein Nettogeld. Jeder, der sich Staatsschulden auf der Habenseite verbucht, hat damit das Soll auszugleichen.
Werden Staatsschulden nicht mehr bedient, hat er den entsprechenden Posten auf NULL zu setzen.
In vielen Fällen kann dann die Bilanz nicht mehr ausgeglichen werden.
Dann muss Konkurs angeldet werden.
Um genau das zu vermeiden, deswegen, und wegen nichts anderem, das Gehampele, was du so schön im Rest deines Postings beschreibst.
Man möchte die Ausbuchung solange ziehen, wie es nur geht.
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Freilich gibt es Nettogeld
Hardy, der Student , Sonntag, 22.05.2011, 10:24 (vor 4930 Tagen) @ Mephistopheles
Es gibt kein Nettogeld.
Ist das jetzt Dein Bekenntnis zur "nicht einlösbaren Banknote?"
Falls ja, wirst Du uns demnächst einen Würfel auf den Tisch legen und mit ernster Miene erklären: Das ist eine Kugel!"?
Aufkommenden Widerspruch könntest Du dann entsprechend kontern, daß es sich bei Deiner Kugel um eine "nicht runde Kugel" handelt.
Jeder, der sich Staatsschulden auf der Habenseite
verbucht,
Es wird immer skurriler!
Auf meiner Habenseite stehen höchstens Forderungen, gerne auch gegen den Staat gerichtete Forderungen.
Die entsprechenden Schulden, hier dann die Staatsschulden, findest Du beim Staat, nicht bei mir. An den Schulden des Staates habe ich kein Interesse!
hat damit das Soll auszugleichen.
Werden Staatsschulden nicht mehr bedient, hat er den entsprechenden Posten
auf NULL zu setzen.
Ja, wenn meine Forderungen uneinbringlich werden, dann buche ich sie aus.
Das gilt auch für Forderungen gegen den Staat, logisch.
In vielen Fällen kann dann die Bilanz nicht mehr ausgeglichen werden.
Dann muss Konkurs angeldet werden.
Richtig, wenn ich selber auch Schulden habe. Pech gehabt.
Um genau das zu vermeiden, deswegen, und wegen nichts anderem, das
Gehampele, was du so schön im Rest deines Postings beschreibst.Man möchte die Ausbuchung solange ziehen, wie es nur geht.
Ein Ausbuchung ist überhaupt nicht zwingend nötig, ein Staat kann jeden Betrag in eigener Währung zahlen. Jeden!
Wann ist das möglich?
Das ist dann möglich, wenn der Staat das Zahlungsmittel, insbesondere durch Bezifferung, verschlechtert.
Du kennst doch sicherlich das Schachbrettspiel?
Mit Getreidekörnern ist es nicht zu erfüllen, mit Euro, Dollar, usw. schon!
@batox: US-Schulden "zack" auf "0" setzen-->Systemkollaps
Liated M.I. Lefuet, Sonntag, 22.05.2011, 21:51 (vor 4930 Tagen) @ Batox
Mama mia, Batox!
Du schreibst:
Dass Staatsverschuldung nur eine lustige Zahl ist, die ohne Schaden fuer
die reale Oekonomie von dem Staat selber einfach auf Null gesetzt werden
kann, diese Tatsache ist meines Erachtens jedem, der sich an
verantwortlicher Stelle ernsthaft mit dem Thema beschaeftigt, klar. In
anderen Worten, die Ackermaenner, Bernankes und ihre Hintermaenner wissen
genau, dass Staatsverschuldung ein Bluff ist.
Die Schulden des Einen (USA), sind Forderung in Form von US-Staatsobligationen bei Andern.
D.h. M.E ist weder die Staatsverschuldung eine "lustige" Zahl, noch kann sie "einfach" so auf Null gesetzt werden. Ähnlich wie eine Boutique ihre Geschenkgutscheine, die sie bar gegen emittiert hat, nicht auf "null" setzten kann, ohne die Inhaber der Geschenkgutscheine zu schädigen/zu betrügen (und den eigenen Ruf zu ruinieren), so kann z.B. die USA ihre Staatsverschuldung nicht auf "null" setzten. Z.B., der Chinesische Staat, globale Banken, Versicherungskonzerne, die US Oblis(='Geschenkgutscheine') halten, würden Riesenverluste erleiden, die m.E. das Weltfinanzsystem in einen Sturm stürzen würde, gegen den die letzte Finanzkrise nur ein "Furz" war.
Gruss
Liated, der Dich bittet, Dich ein bisschen ernsthafter mit der Schuldenthematik zu beschäftigen.
@Batox
Chef , Montag, 23.05.2011, 11:33 (vor 4929 Tagen) @ Batox
Dass Staatsverschuldung nur eine lustige Zahl ist, die ohne Schaden fuer
die reale Oekonomie von dem Staat selber einfach auf Null gesetzt werden
kann, diese Tatsache ...
Das ist wirklich ein Ding!
Du fragst zuerst (durchaus lobenswert) nach der praktischen Relevanz des Debitismus und auch, ob es sich wohl lohnen würde, sich damit zu beschäftigen, und du bekommst danach -zig Antworten, darunter einige wirkliche Perlen - und DANACH kommt dieser Satz von dir?
Sorry, deutlicher geht es gar nicht. Viel Spaß noch in anderen Foren.
@Batox: (un)gefährliche VWL-Theorien?
Liated M.I. Lefuet, Sonntag, 22.05.2011, 15:16 (vor 4930 Tagen) @ Batox
Salü Batox
Batox schreibt:
Ich frage mich nun, ob es eine aehnliche Abfolge von praktischer Relevanz
auch bei den Wirtschaftstheorien gibt. Entspricht die klassische Theorie
Newton oder Einstein? Wo ist der Debitismus einzuordnen?
Um zunächst ein Beispiel zu bringen: GPS (Autonavigation) braucht m.W. Einstein's Relativitätstheorie(ER). Grund: Newton's Mechanik wäre dafür zu ungenau. Im bewegten System GPS-Satelliten läuft die Zeit langsamer ab (ein Effekt, den ER u.a. beschreibt). Dieser Effekt muss (und wird natürlich) bei GPS mit berücksichtigt. Ohne ER wäre die Autonavigation u.U. lebensgefährlich bzw würde zum Chaos führen: Z.B. wenn jemand in eine Autobahnausfahrt auf die Autobahn geleitet würde, weil das Navy "glaubt" es befinde sich bei der Einfahrt zur Autobahn. Oder: DAs Navy "vorschlägt", in der falschen Richtung in eine Einbahnstrasse abzubiegen, weil sie diese mit "normalen" Strasse verwechselt, die 50m weiter vorne ist.
Welche konkreten praktischen Auswirkungen hat es, wenn die Politiker,
Wirtschaftsfuehrer und Zentralbanker die Ergebnisse des Debitismus nicht
beruecksichtigen? Entspricht das der Ignoranz der Stringtheorie? Oder eher
dem Versuch, einen Atomreaktor zu entwerfen, ohne die Relativitaetstheorie
zu kennen?
Siehe oben. Falsche Theorien in der Praxis anzuwenden, oder ohne passende Theorie einfach so drauflos wursteln, ist u.U. lebensbedrohlich; Nicht nur für den Einzelnen, sondern für alle. Z.B. die Theorie -die in Wahrheit eine Hypothese war- bei AKWs mit westlichen Sicherheitsstandards könne nichts schlimmer passieren.
Zurück zu "Geld": Aus den Medien erfährt man, dass die Zentralbanken die "Geldmenge steuern", die "Inflation bekämpfen". Ob das aufgrund wissenschaftlich fundierten Theorien" geschieht, darf man -bzw muss man bezweifeln:
Irgendwann nach dem 2. Weltkrieg fing man m.W. mit Statistiken M123, ZBGM an. In der Schweiz wurden die Statistiken mehrfach "revidiert" ( was harmloser tönt wie "völlig umgekrempelt"): 1975, 1985, 1995. Grund: Mit den publizierten Prognosen wie sich Geldmengen entwickelten sollten, lag die SNB viel zu oft völlig daneben. Ab 2000 wurde solche Prognosen in der Schweiz stillschweigend aufgegeben, wie andern Ländern auch: Zinsprognosen wurden "in". Diese wackeln mittlerweile auch aus den selben Gründen. So hat beispielsweise Richard Werner(*) -im 2003 beim WEF als "Global Leader of the Year" gewählt- empirisch belegt, dass ZB-Leitzinsen, ZB-Geldpolitik wirkungslos verpufften. Oder: Werner dokumentierte empirisch, dass boomende Immobilienpreise(vorher), die die Bankbilanzen(nachher) aufblähten, und nicht umgekehrt, wie der Mainstream behauptet.
Mit der "Inflation-Targeting" -Inflationssteuerung- der ZBen sieht es ebenfalls zappenduster aus. So versprach Otmar Issing (ehem. Chefökonom BuBa, ehem. EZB Direktoriumsmitglied") neulich an einem Seminar des IMF, jenen einen Nobelpreis, ich zitiere: “...I am not responsible for that, but I promise a Nobel prize to anybody who can do that, combining money and credit quantities with the usual concept of inflation targeting. We are still looking for such a solution...†Vgl. http://www.imf.org/external/np/seminars/eng/2011/res/pdf/OIpresentation.pdf, Seite 4. Übersetzung: "...Ich bin dafür (zwar) nicht verantwortlich, aber ich verspreche jedermann einen Nobelpreie, der Geld- und Kreditmengen mit dem Konzept der Inflationssteuerung kombinieren kann. Wir suchen immer noch nach einer solchen Lösung....""
Fazit: Beten ist angesagt, um die nächste schwere Wirtschaftskrise zu verhindern, deren letztes Auftreten übrigens die Zentralbanken, Wirtschaftspolitiker, die Banken und Mainstream-Ökonomen auch nicht voraus gesehen haben, sondern seit vielen Jahren "weggesehen" haben, wie folgendes Zitat aus 1994 demonstriert: Spektrum-der-Wissenschaft (Deutsche Ausgabe von "Scientific American"), "Digest 1994, S. 54: Umwelt und Wirtschaft". Der "Abweichler-Ökonom" Prof. Herman E. Daly,: " ...mich plagt heute die Sorge, dass die typische Vorliebe meines Berufstandes für logisch wunderschöne Ergebnisse –bei gleichzeitiger Geringschätzung der Praxis- derart fanatische Züge angenommen hat, dass wir Wirtschaftsforscher für die Erde und ihre Bewohner zu einer Gefahr geworden sind..." [Ende Zitat]
Freundlicher Gruss
Liated
(*) Quelle
Richard Werner versteht unter Geldmenge nicht eine konkrete Menge i.S. "Dingen", sondern abstrakt als "Menge" von Forderungen, denen Schulden gegenüberstehen. Das Banksystem sieht er als "Clearingsystem" im Schumpeter'schen Sinne an. Sein Hauptvorwurf: Die heutige VWL arbeitet fast nur deduktiv(abstrakt theoretisch herleitend), und verweigert die induktive Herangehensweise (empirisch prüfen) und somit das vereinen induktiv und deduktiv wie das bei Naturwissenschaftler "Standard" ist.