9,50 Millarden Boni U.B.S. bei 15-20 Mrd. plus Verlust
Zürich/London - UBS-Präsident Marcel Ospel ist schwer angeschlagen. Das zeigte sich auch an der Investorenkonferenz in London am Dienstag. Der mächtigste Banker der Schweiz fühlte sich sichtlich unwohl. Er sprach mit schwacher Stimme, seine Augen wanderten durch den Saal, er vermied direkten Augenkontakt.
Viel zu sagen hatte er nicht. Sein Einsatz beschränkte sich auf eine kurze Ansprache. An der anschliessenden Fragerunde beteiligte er sich kaum und wirkte abwesend. Ursprünglich wollte er gar nicht auftreten, erst in letzter Sekunde entschied er sich, nach London zu reisen. Marcel Ospel machte nicht den Eindruck, als sei er der Mann, der die UBS aus
ihrer schlimmsten Krise führen wird. Er verschanzte sich zwischen CEO Marcel Rohner und Finanzchef Marco Suter. Letzterem schien es sichtlich Vergnügen zu bereiten, die missliche Lage im Detail zu beschreiben.
Die Bank wird kritisiert, weil sie mit immer neuen Hiobsbotschaften verunsichert. Anfang November hat die UBS erstmals 4,4 Milliarden Dollar auf ihren hypothekarisch gesicherten Wertpapieren abgeschrieben. Letzten Montag kamen 10 weitere Milliarden dazu. Die Sache ist längst nicht ausgestanden. Es verbleiben 29 Milliarden Dollar Subprime-verseuchte Papiere in den Büchern der Bank. Analysten erwarten deshalb weitere Milliardenabschreiber.
Die strukturellen Mängel, die zur Aufblähung des Eigenhandels geführt haben, sind noch nicht alle behoben. Bekannt ist, dass die Bank einen internen Zins eingeführt hat. Als Nächstes wird die Bank Limiten für grosse Länder und Anlageklassen bekannt geben, wie ein UBS-Kadermann sagt.
Milliardenhohe Finanzspritze aus Asien wäre gar nicht nötig
Die häppchenweise aufgetischte Wahrheit und die zögerliche Umsetzung von organisatorischen Massnahmen hat Marcel Ospel zu verantworten. Das rächt sich: Einem Aktionär in den USA ist jetzt der Kragen geplatzt; er wirft der Bank vor, falsch über die Abschreibungen informiert zu haben und verklagte die UBS wegen des Verdachts auf Irreführung.
Da könnte etwas dran sein. Nimmt man den inzwischen berühmt-berüchtigten ABX-Index, hätte die UBS bereits Anfang November 8 Milliarden Dollar auf ihren Subprime-Positionen abschreiben müssen. Die UBS berechnet nach einem internen Modell, das sie in den vergangenen Wochen neu kalibriert und offenbar näher an die Werte des ABX-Index herangebracht hat.
Kritische Stimmen an der Investorenkonferenz gab es auch zu der angekündigten Finanzspritze aus Singapur und den Emiraten. Zwar kann sich Ospel rühmen, den Geldhahn innerhalb von zwei Tagen geöffnet zu haben und so der Bank zu einer extrem soliden Kapitalbasis (Tier 1 von 12 Prozent) verholfen zu haben.
Madeleine Hofmann, Bankanalystin bei Bank Bär, findet das seltsam: «Die UBS sagt, dass sie die Krise auch ohne Zwangswandelanleihe überstehen kann. Warum macht sie diese dann?» Ospel sagt, dass sonst vermögende Kunden abspringen. Fakt ist: Die Bank schadet damit den Aktionären massiv. Das Kursziel für UBS-Aktien für 2008 haben Analysten um 10 bis 15 Prozent zurückgenommen. Es gibt Anzeichen, dass Investoren an der ausserordentlichen Generalversammlung Mitte Februar massiv Widerstand leisten werden. Auch angesichts der Tatsache, dass die Bank sich weigert, selbst ein Opfer zu bringen.
Tausende UBS-Banker werden trotz des Milliardendebakels einen üppigen Bonus kassieren. Letztes Jahr zahlte die Bank 19 Milliarden Franken an ihre Mitarbeiter – 9,5 davon in Form von Boni. Würde die Bank den Mitarbeitern für dieses Jahr den Bonus streichen, hätte sie auf die Milliardenspritze verzichten können.
Doch Marcel Ospel will keine «Sippenhaftung». Er argumentiert, dass sonst die besten Leute davonrennen. Das wäre ein Armutszeugnis für die UBS, deren Mitarbeiter nur des Geldes wegen bei der Bank arbeiteten.
Bankanalystin Hofmann spricht lakonisch vor einer asymmetrischen Risikoverteilung zwischen Bank und Aktionären. Im Klartext: Die Banker gewinnen auch in der Krise, bluten müssen die Aktionäre.
Dass Ospel immer noch Teil der UBS ist, hat er allein dem Machtvakuum zu verdanken, das er selbst geschaffen hat, zuletzt mit dem Abgang von Peter Wuffli. Marcel Ospel würde der Bank einen Dienst erweisen, wenn er auf eine weitere Amtsdauer verzichten und an der ordentlichen Generalversammlung im Frühling zurücktreten würde, so wie er es ursprünglich geplant hatte.
Der von Ospel handverlesene Verwaltungsrat muss sich jetzt zusammenraufen und schleunigst einen Nachfolger finden. Das Problem aussitzen geht nicht mehr. Dass neue Besen besser kehren, macht der neue Chef der Citigroup vor.
Emerald: (No Comment)
Quelle: Soontagszeitung aus Zürich