@Fabio: Dafür, dass Du einer der Wenigen bist, die aus dem Debitismus einen konkreten Nutzen ziehen konnte...
Lex Mercatoria , Sonntag, 04.09.2011, 01:24 (vor 4830 Tagen)
bearbeitet von unbekannt, Montag, 05.09.2011, 11:00
...musst Du hier ganz schön viel Prügel ausgerechnet dafür beziehen, dass Du angeblich den Debitismus nicht verstanden haben sollst.
Lieber Fabio,
irgendwie liegt mir dieser Thread weiter unten noch im Magen, weshalb ich hier noch mal gesondert ein grundsätzliches Statement loswerden will.
Mehr als dies wird in der Praxis nicht einmal der eingefleischteste Debitist an sinnvoller Umsetzung in der Praxis zustande bringen:
Für mich war als Asset Manager Debitismus sehr praktisch um "Deflation" in einem Kreditgeldsystem zu begreifen, weil ich nie nie nie wieder davon überrascht werden will, daß mich das dumme Papiergeld in den Hintern tritt.Für mich war als Asset Manager Debitismus sehr praktisch um "Deflation" in einem Kreditgeldsystem zu begreifen, weil ich nie nie nie wieder davon überrascht werden will, daß mich das dumme Papiergeld in den Hintern tritt.
Auch diese Einschätzung Deinerseits ist durchaus nicht völlig verkehrt:
Politisch finde ich ihn nutzlos, weil er - das meine ich nicht böse, ist nur mein Eindruck - offenbar nur verkopfte resignierend-fatalistische Untertanen und Staatsmachtsapologeten hervorbringt.
Allerdings gibt es hier weniger resignierende Fatalisten, als es auf den ersten Blick scheint. Kaum jemand kann sein Leben in der Praxis nach dem Grundgedanken gestalten, dass es sowieso keinerlei Aussicht auf Erfolg gibt, oder dauerhaft mit der Vorstellung herumlaufen, dass demnächst alles auseinander bricht. Dazu müsste man ja den letzten Rest seiner Lebensmotivation nur noch dadurch aufrechterhalten, dass man sich an der Aussicht auf die Genugtuung labt, eines Tages die "Ungläubigen" und "Unwissenden" in göttlicher Gerechtigkeit untergehen zu sehen (ein paar von dieser Sorte mag es schon geben, aber die haben definitiv nur das Ende ihres *eigenen* Weges erreicht - und meinen halt in ihrer persönlichen Sackgasse, dass es die anderen sind, die bald fertig haben).
Wenn Du hier aufmerksam liest, dann wirst Du feststellen, dass zwar viel lamentiert wird, aber im fast gleichen Atemzug ein erfolgreicher Börsen-Zock begossen wird, oder es rutscht dann doch wieder ein Beitrag heraus, der stark darauf schließen lässt, dass das Leben des Beitragsschreibers wohl doch nicht so hoffnungslos und frustrierend ist, wie es an anderer Stelle manchmal anklingt. Da wird der Untergang des Abendlandes heraufbeschworen, Deutschland zu einem Schrotthaufen erklärt, und dann aber wieder über Hausbau und Immobilienpreise gesprochen. Wer kümmert sich denn bitteschön in einem Land, das angeblich restlos fertig hat, um Immobilien? Daran sieht man schon, dass man die Frustbeiträge nicht auf die Goldwaage legen sollte (die überzeugten Alleshasser kannst Du getrost ausblenden - die würden vermutlich noch im Paradies rummosern).
Was die politische Tauglichkeit des Debitismus angeht:
Politik wird logischerweise immer mit Hoffnung gemacht. Mit der Aussicht auf eine Verbesserung oder zumindest auf den Erhalt des Status quo. Aber das kann der Debitismus nicht leisten. Er ist ja nur der Versuch, *jenseits* der Politik eine Beschreibung zu liefern. Dummerweise ist er dabei von allen Erklärungsmodellen, das vermutlich mit Abstand hässlichste und abstoßendste, was sich auf diesem Gebiet überhaupt auftreiben lässt.
Und genau deshalb liegt dieses elende Miststück bei mir verschlossen in der Kiste. Das Teil kann man doch nicht mit sich herumtragen. Soll ich mir etwa von einem ökonomische Erklärungsmodell Tag für Tag die Laune verderben lassen? Oder vor der Nase anderer Menschen damit wild herumfuchteln?
Ab und an schaue ich hinein in die Kiste, wenn ich mir auf dies und jenes spontan keinen Reim machen kann. Und manchmal hilft mir dann das Biest tatsächlich, ein paar lose Enden zusammenzubringen. *Aber mehr auch nicht!*
Du konntest in der Praxis einen ganz konkreten Nutzen aus dem Debitismus ziehen. Mehr als das kann man nicht erwarten. Sollen doch die Vollblutdebitisten auch mal berichten, wie sich ihr Dasein *zum Positiven* gewandelt hat, seit sie ihn in ihr Leben geholt haben...
Viele Grüße
Lex
--
Disclaimer:
Article might contain explicit depictions of real things.
These real things are commonly known as life.
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If it sounds dangerous, don't try it at home.
If it offends you, don't read it.
Beitragslöschung von Lex Mercatoria
paranoia , Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Montag, 05.09.2011, 00:26 (vor 4829 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hallo Chef!
Ich habe den Text überhaupt nicht als beleidigend empfunden.
Die debitistische Erkenntnis auf der einen Seite und deren Einfluß auf die eigene Lebensgestaltung, bzw der Hinweis auf eventuelle Widersprüche fand ich eigentlich ganz lustig.
Irgendwie wurde einem da der Spiegel vorgehalten.
Leider kann ich aus dem Beitrag nicht mehr zitieren, ich hab' ihn nirgendwo präventiv abgelegt.
Gerne möchte ich von Lex Mercatoria weiterhin Beiträge lesen können, beispielsweise den hier:
http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=218306
Aber auch z.B. der Beitrag "Verschwoerungstheorie: Geplante Obsoleszenz" von Highroller
http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=229654
wurde dank Lex Mercatoria so richtig würzig.
Der Fachmann begann, sich die Haare zu raufen und die Wände hochzulaufen, wie man so etwas in einem dieser asiatischen Kampfsportfilme sieht...
Nicht zuletzt kann Lex eben auch selbstständig eigenständige Texte verfassen, was ja auch nicht jedem vergönnt ist. Früher, als ich noch etwas aktiver schrieb, hatte ich ja 'mal moniert, daß einige Leute einfach nur kommentarlos irgendwelche Links im Forum abladen. Lex gehört nicht dazu.
In dubio pro leg**** (der Ablativ von "lex" ist mir entfallen)
Gruß
paranoia
--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.
Danke paranoia ! ... dem kann ich mich
Jeanna , Montag, 05.09.2011, 00:43 (vor 4829 Tagen) @ paranoia
nur vollumfänglich anschliessen!
Hatte den Text leider auch nicht gespeichert ... da beim Lesen keinen Moment lang gedacht, er könnte beleidigend oder sonst was (!) sein ...............
(Btw: Ablativ singular: lege. Plural: legibus)
Beste Grüsse
Jeanna
Möchte auch gerne weiterhin Lex M. lesen (oT)
Kurt, Montag, 05.09.2011, 08:42 (vor 4829 Tagen) @ paranoia
- kein Text -
Vielleicht noch mal überdenken
Hardy, der Student , Montag, 05.09.2011, 08:03 (vor 4829 Tagen) @ Lex Mercatoria
Moin Chef!
Den Beitrag von Lex habe ich leider nicht gelesen, aber wenn Paranoia und Jeanna gut mit dem Beitrag leben konnten, könntest Du die Löschung vielleicht noch mal überdenken.
Dem Lex die Schreibberechtigung zu entziehen, fände ich persönlich sehr schade.
(Nicht nur, weil ich selber noch ein paar Themen mit ihm diskutieren möchte.)
Wir brauchen unbedingt auch den Widerspruch.
Beste Grüße!
wollte nicht der Erste sein - aber bitte überleg es Dir noch mal, der Beitrag war n.m.E. doch nicht "feindlich" gemeint? (oT)
Onkel Otto, Montag, 05.09.2011, 08:14 (vor 4829 Tagen) @ Lex Mercatoria
- kein Text -
sehe ich anders
Dieter , Didschullen + alto alentejo, Montag, 05.09.2011, 09:46 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hallo Chef,
den Beitrag hatte ich gelesen und ich hatte nicht den Eindruck, daß er beleidigend war. Lex hat Schlußfolgerungen dargestellt, anhand dessen was er beim mehr oder minder regelmäßigem Lesen des Forums wahrgenommen hat, insbesondere eine mangelnde Stringenz beim Umsetzen von "Erkenntnissen".
Diese seine Sicht wird nicht mit der Realität übereinstimmen, kann sie gar nicht, da die Hintergründe vieler Handlungen und Denkprozesse dem Leser des Forums in aller Regel verborgen bleiben.
Trotz alledem mag es Anlaß sein, sein eigenes Handeln kritisch zu hinterfragen.
Insofern habe ich in seinem Text zwar deutliche Merkmale einer allgemeinen Kritik am Handeln etlicher Forumsteilnehmer (mich eingeschlossen) wahrgenommen aber keine Beleidigung.
Gruß Dieter
--
Die größte und gefährlichste Seuche unserer Zeit scheint mir die Zustimmung zu den "Grünen" zu sein.
Der Beitrag war absolut ok, verstehe ich nicht
Gaby , Montag, 05.09.2011, 09:58 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hi Chef,
ich verstehe diese Entscheidung nicht. Habe den Beitrag gelesen, darauf hin auch den "Auslöser" in einem anderen Thread, wie Fabio dort tw. angegangen wurde.
Der Beitrag von Lex war absolut ruhig und gut im Ton, ich habe da überhaupt nichts Destruktives entdecken können.
Ich würde mich freuen, wenn Du Deine Entscheidung hier noch mal überdenken könntest.
Viele Grüße
Gaby
--
"Das Dumme an Internetzitaten ist, dass man nie weiß, ob sie auch stimmen." Leonardo da Vinci
Chef, hast vermutlich übersehen, dass ...
Zarathustra, Montag, 05.09.2011, 10:01 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
... das Beleidigendste und Lächerlichste im Text ein Zitat (!) über den Debitismus war:
Politisch finde ich ihn nutzlos, weil er - das meine ich nicht böse, ist nur mein Eindruck - offenbar nur verkopfte resignierend-fatalistische Untertanen und Staatsmachtsapologeten hervorbringt.
Grüsse, Zara
Verstehe ich auch nicht ...
Arithmos, Montag, 05.09.2011, 10:58 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
Abgesehen von einer von Fehlern wimmelndelnden Betreffzeile ist der Text
eine pauschale Beleidigung für das gesamte Forum.
Ich hatte den Beitrag bereits gelesen und das Fenster noch offen, daher konnte ich auch die Betreffzeile studieren - fand aber überhaupt keinen Fehler. In Deinem Beitrag, Chef, jedoch schon
Schreibe mir doch bitte mal per PN, ob du zukünftig noch etwas Positives
zum Forum beitragen möchtest, oder ob es zu deinem persönlichen Feind
erklärt hast.
Danach hebe ich die Sperre vielleicht wieder auf.
Gestern ging es mit dem Sperren und Entsperren ziemlich hoch her - vielleicht war das hier ja nur ein versehentlicher Kollateralschaden?
Mich hat Lex' Beitrag jedenfalls auch zum Nachdenken gebracht (und das nicht zum ersten Mal).
Beste Grüße
Arithmos
Ich habe den Beitrag wieder eingestellt und entschuldige mich...
Chef , Montag, 05.09.2011, 11:01 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
... dafür, dass ich den Beitrag wohl völlig falsch aufgefasst habe. Die Sperre ist selbstverständlich auch aufgehoben.
Vielen lieben Dank an alle...
Lex Mercatoria , Montag, 05.09.2011, 18:15 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
...für den positiven Zuspruch. Auch ein herzliches Dankeschön für die Zuschriften per PN.
@Chef: Danke für die Rückgängigmachung der Sperrung. Und ein dickes Dankeschön für Deine Entschuldigung!
Viele Grüße
Lex
--
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Positive Aspekte des Debitismus: ein Anfang
Miesespeter , Montag, 05.09.2011, 19:50 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
bearbeitet von unbekannt, Montag, 05.09.2011, 20:01
Herzlichen Glueckwuensch Lex,
zur Analogie mit der Metallkugel, und dazu, dass Du in der Lage bist, die Buechse des Debitismus meistens verschlossen zu halten.
Mir selbst gelingt das nicht, da ich nicht weiss, wie ich einmal erkannte Zusammenhaenge so wegsperren kann, dass ich mich ihrer nur erinnere, wenn ich gerade dazu aufgelegt bin.
Gluecklicherweise komme ich allerdings auch mit der postulierten 'Hoffnungslosigkeit' gut zurecht, vielleicht weil ich vorher schon Cioran (" Es gibt nur ein Zeichen, dass man alles verstanden hat: grundlos weinen") gelesen habe, vielleicht auch, weil ich taeglich ausserhalb des Debtismus im Umgang mit den Mitmenschen genuegend hoffnungslosere Dinge erlebe, und ich mir schon aus Selbstschutz schon seit langem weder vom Dasein, und sicherlich schon gar nicht von erkannten wirtschaftlichen Determinismen die Freude am Sonnenschein verderben lasse.
Zu Deiner Frage
Du konntest in der Praxis einen ganz konkreten Nutzen aus dem Debitismus
ziehen. Mehr als das kann man nicht erwarten. Sollen doch die
Vollblutdebitisten auch mal berichten, wie sich ihr Dasein *zum Positiven*
gewandelt hat, seit sie ihn in ihr Leben geholt haben..
kann ich mich daher positiv aeussern:
- Ich bin ausgeglichener, weil ich mich nicht mehr staendig ueber eingebildete Idioten und Schuldige in Politik und Finanzwirtschaft aufregen muss, da mir klar ist, dass die Akteure nur der Systemlogik folgen und sicher nicht in der Lage sind, das System zu aendern.
- Das Systemverstaendnis erlaubt mir auch sinnvolle Gespraeche mit politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen zu fuehren, aus welchen ich wiederum auch einiges gelernt habe.
- Ich erwarte nichts mehr von der Politik, schon gar nicht etwas, was sie nicht leisten kann. Einhergehend damit die Erkenntnis, dass ich selbst die einzige Person bin, von welcher ich ueberhaupt irgendetwas erwarten sollte (und auch das nur eingeschraenkt, dem Determinismus sei auch dort geschuldet). Realismus ist nicht fatalistisch, sondern eben realitaetsbezogen, und als solches eine wesentlich gesuendere Handlungsgrundlage als Schwaermerei und Traeumerei, die nur auf Enttaeuschung warten.
- Das Verstaendnis des Systems erlaubt eine bessere Einschaetzung von wirtschaftlichen Risiken und Chancen, wie ja auch Fabio erkannt hat, was sich ganz unmittelbar positiv auf die eigene finanzielle Position auswirkt
Das waeren jetzt mal, aus der Huefte geschossen, einige positive Effekte, welche ich durchaus der Kenntnis des Debitismus zuschreiben moechte.
Dazu kommt noch folgende Anmerkung:
Was die politische Tauglichkeit des Debitismus angeht:
Politik wird logischerweise immer mit Hoffnung gemacht. Mit der Aussicht
auf eine Verbesserung oder zumindest auf den Erhalt des Status quo. Aber
das kann der Debitismus nicht leisten.
Politik wird nicht mit Hoffnung gemacht, sondern mit Macht, Intrige, Gewalt, Verhandlung, Vorteilsgewaehrung. Mit Hoffnung wird sie nur verkauft.
Wer mit Hoffnung Politik macht, ohne die wahre Kunst der Politik zu verstehen und zu beherrschen, der spielt bestenfalls in der historischen Kategorie 'nuetzlicher Idiot' mit, und wird, wenn er sehr talentiert ist, vielleicht eine Weile im Verkauf von Politik auftreten duerfen. Bis er dann entweder erkennt, wie der Hase laeuft, oder aber abserviert wird.
Wer in der Politik irgendetwas bewegen will, muss Politik beherrschen. Dafuer ist der Debitismus zwar nicht zwingend notwendig, aber sicherlich hilfreich, weil er systematisch erfasst, was ein 'Vollblutpolitiker' lediglich erspuert und erahnt.
Gruss,
mp
PS:
All unsere Gedanken sind Funktion unseres Elends. Wenn wir bestimmte Dinge verstehen, so kommt das Verdienst aussschliesslich gewissen Maengeln unserer Gesundheit zu. (Cioran: Die verfehlte Schoepfung)
--
Everything is ok
Vollste Zustimmung, sehr schön ausgedrückt! (oT)
Elli , Montag, 05.09.2011, 20:04 (vor 4828 Tagen) @ Miesespeter
- kein Text -
Fein - wir kommen also doch noch zu einer Diskussion!
Lex Mercatoria , Dienstag, 06.09.2011, 00:26 (vor 4828 Tagen) @ Miesespeter
bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 06.09.2011, 00:31
Hi Miesespeter!
zur Analogie mit der Metallkugel, und dazu, dass Du in der Lage bist, die
Buechse des Debitismus meistens verschlossen zu halten.
Ich bin ein stark visuell-orientierter Mensch, daher habe ich fast immer eine bildhafte Analogie zu allerlei Dingen im Kopf...
Mir selbst gelingt das nicht, da ich nicht weiss, wie ich einmal erkannte
Zusammenhaenge so wegsperren kann, dass ich mich ihrer nur erinnere, wenn
ich gerade dazu aufgelegt bin.
Nun ja, im Alltag bewegen mich meist Themen, welche auch beim besten Willen nicht mit den Prinzipien des Debitismus sinnvoll zu verknüpfen sind, da eben keine unmittelbare Relevanz vorliegt.
Außerdem nutzt sich jedes Wissen und jede Erkenntnis bei mir ab einem gewissen Punkt (z.B. bezüglich seiner Faszination) auch ab und wird dann zu einem Teil der großen Sammlung an Hintergrundbildern für meinen geistigen Desktop.
Gluecklicherweise komme ich allerdings auch mit der postulierten
'Hoffnungslosigkeit' gut zurecht, vielleicht weil ich vorher schon Cioran
(" Es gibt nur ein Zeichen, dass man alles verstanden hat: grundlos
weinen") gelesen habe, vielleicht auch, weil ich taeglich ausserhalb
des Debtismus im Umgang mit den Mitmenschen genuegend hoffnungslosere Dinge
erlebe, und ich mir schon aus Selbstschutz schon seit langem weder vom
Dasein, und sicherlich schon gar nicht von erkannten wirtschaftlichen
Determinismen die Freude am Sonnenschein verderben lasse.
Was aber eben doch bedeutet, dass es Dir sehr wohl gelingt, im Alltag auch völlig anderen Dingen einen hohen Stellenwert einzuräumen, ohne dabei bewußt die Hand auf die Öffnung der Debitismus-Büchse zu pressen. Somit relativiert sich auch bei Dir das "wegsperren müssen" ein wenig, oder?
Das waeren jetzt mal, aus der Huefte geschossen, einige positive Effekte,
welche ich durchaus der Kenntnis des Debitismus zuschreiben moechte.
Ja, dass man hier und da einen persönlichen Mehrwert aus den gewonnenen Erkenntnissen ziehen kann, steht für mich außer Frage. Diese Aussage klang ja im Forum immer wieder an, und ich selbst hatte an anderer Stelle auch darauf verwiesen. So gesehen würde ich zu Deinen aufgelisteten Punkten sagen: Haken dahinter, passt!
Politik wird nicht mit Hoffnung gemacht, sondern mit Macht, Intrige,
Gewalt, Verhandlung, Vorteilsgewaehrung. Mit Hoffnung wird sie nur
verkauft.
Ich habe natürlich einen "Verkaufsprospekt" (z.B. Wahlprogramm) im Hinterkopf, wenn ich über einen potentiellen politischen Nutzen nachdenke. Ich bin zwar kein Politiker, aber wenn ich einer wäre, würde ich "kundenorientiert" denken. Und da fehlt mir derzeit ein wenig die Phantasie, wie man sich vorstellen könnte, einem breiteren Publikum (als positive Botschaft) den Debitismus in Form einer politischen Programmatik näherzubringen.
Wer in der Politik irgendetwas bewegen will, muss Politik beherrschen.
Dafuer ist der Debitismus zwar nicht zwingend notwendig, aber sicherlich
hilfreich, weil er systematisch erfasst, was ein 'Vollblutpolitiker'
lediglich erspuert und erahnt.
Zu ergänzen wäre, dass gerade an der Spitze der Politik meist etwas verkauft werden muß, was im Grunde genommen gar nicht erreichbar ist. So ähnlich, wie auch an der Spitze von Konzernen. Und dann kommt oft ein Prinzip zum tragen, welches ebenfalls bei Spitzensportlern zu beobachten ist:
Diese stellen sich vor die Presse, und reden ihre eigene Bestform, die sie aus ihrer Sicht für den Sieg prädestiniert, regelrecht herbei. Und das hat nichts mit Blabla für die Kamera zu tun - es entspringt durchaus einer inneren Überzeugung. Die basiert aber nicht notwendigerweise auf harten Fakten (wie Training, Formhoch, realistische Einschätzung der Gegner,...), sondern oft und gerne auf reiner Selbstkonditionierung.
Jeder Coach eines Profisportlers wird daran arbeiten, dass sein Schützling einen unerschütterlichen Siegeswillen aufbaut. Und das ist Kopfarbeit!
Diese Kopfarbeit leistet auch ein Spitzenpolitiker oder Top-Manager. Deren Coach wird als erstes sagen: "Nehmen sie ihren Ego sehr ernst!". Je geringer die Diskrepanz ist, zwischen der empfundenen(!) Realität, und dem zu erreichenden Ziel, desto höher sind die Erfolgschancen. Was aber nichts anderes heißt, als: Je realistischer Sachverhalte und die Fähigkeiten der eigenen Person eingeschätzt werden, desto geringer werden auch die Aussichten auf einen Erfolg.
Und das bringt mich zu der Frage: Welchen Vorteil hat ein Spitzenpolitiker von einer realitätsbezogenen Betrachtungsweise, Ã la Debitismus? Sind da die politisch maßgeschneiderten, ökonomischen Luftblasenmodelle nicht ein deutlich besseres Rüstzeug für die politische Arbeit?
All unsere Gedanken sind Funktion unseres Elends. Wenn wir bestimmte
Dinge verstehen, so kommt das Verdienst aussschliesslich gewissen Maengeln
unserer Gesundheit zu. (Cioran: Die verfehlte Schoepfung)
Mein Prof für technische Mechanik pflegte seinerzeit zu sagen:
Der Mensch ist halt schon ein rechtes Glump - das einzige, was halbwegs passt, ist die Kinematik.
Danke für Deinen Beitrag!
Viele Grüße
Lex
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Politische Bedeutung
tar , Gehinnom, Dienstag, 06.09.2011, 01:34 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
Welchen Vorteil hat ein Spitzenpolitiker von einer realitätsbezogenen Betrachtungsweise, Ã la Debitismus?
Dieselben wie du und ich. Hier und da herrscht Klarheit bei Entscheidungen, andernorts schweigt man und genießt und wieder andernorts schwimmt man mit der ignoranten Massenmeinung mit, um nicht aufzufallen.
Sind da die politisch maßgeschneiderten, ökonomischen Luftblasenmodelle nicht ein deutlich besseres Rüstzeug für die politische Arbeit?
Umso schlimmer ist es ja, meinst du nicht?
Ich würde dazu überhaupt gerne folgendes wissen:
Lässt sich das debitistische Treiben überhaupt von Politik beeinflussen (=verändern)? Welche Bedeutung (=Veränderung) hat (bewirkt) politische Arbeit in der debitistischen Realität?
Ist es nicht vielmehr so, dass die debitistische Realität bestimmte politische Handlungen zur Folge hat, um eben diese Realität weitestmöglich zu erhalten?
Gruß!
--
Gruß!™
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Jetzt sind wir ganz nahe dran, tar!
Lex Mercatoria , Dienstag, 06.09.2011, 20:38 (vor 4827 Tagen) @ tar
Hi tar!
Dieselben wie du und ich. Hier und da herrscht Klarheit bei
Entscheidungen, andernorts schweigt man und genießt und wieder andernorts
schwimmt man mit der ignoranten Massenmeinung mit, um nicht aufzufallen.
Klar. Der persönliche (auch berufliche) Vorteil, z.B. im Bezug auf die Einschätzung einer Situation, der ist genauso gegeben, wie bei uns allen. Aber ein Spitzenpolitiker hat Ziele zu erfüllen, an denen er gemessen wird. Folglich wird er versuchen, alles einzusetzen, was ihm dabei helfen könnte, seine Ziele zu erreichen. Und genau an der Stelle kommt es ja zur eigentlichen Schnittstelle zwischen ihm (besser gesagt, seiner Partei) und dem Bürger. Und genau da frage ich mich: Wen kann eine Partei für sich als Wähler gewinnen, wenn sie gezielt mit dem Wissen des Debitismus arbeitet. Und damit meine ich nicht, die Erkenntnisse irgendwo versteckt im Hintergrund als Parteistrategie im Wettbewerb zur gegnerischen Partei anzuwenden, sondern diese Erkenntnisse ganz konkret für den Bürger sichtbar zu machen.
Also etwa so: Die Welt sieht aus debitistischer Sicht deutlich anders aus, wie bislang vermittelt, und daher wollen wir (als Partei) folgende Konsequenzen daraus ziehen, und für euch (den Bürger) folgendes auf den Weg bringen...
Mit dem Schutz der Umwelt kann man Menschen mobilisieren (zur Not sogar ohne konkrete Problemstellung). Mit Lösungen, die versprechen den Wohlstand zu erhalten bzw. ihn ausweiten, kann man auch immer Menschen für sich gewinnen. Generell ist die Einsetzung für die Aufrechterhaltung des bekannten Status quo ein bewährtes Hausmittel in jeder Politik-Apotheke. Gerne auch mit Hinweise darauf, dass die verabreichte Medizin auch sehr bitter schmecken könnte (natürlich alternativlos für jeden, der gesund bleiben will!).
Aber was wäre eine politische Kernbotschaft auf Basis des Debitismus? Welches politische Lager kann hier für welche politischen Ideen umworben werden? Welche gesellschaftspolitische Vision kann mit dem Debitismus in Deutschland untermauert werden? Die konsequente Weiterentwicklung des föderalistischen Prinzips durch maximale Regionalisierung (statt zunehmender europäischer Zentralisierung)? Die systematische fiskale Schwächung des Staates zugunsten seiner Bürger und deren monetären Freiheit? Oder lieber gleich der Frontalangriff auf den Kapitalismus?
Schau Dir dazu die Argumentation von unserem Francisco d'Anconia an: Er vermutete sogar mal in einer Diskussion den Debitismus an einer linken Position, da er die Aussage, die Guthaben der einen seinen in Summe betrachtet stets die Schulden der anderen, bereits als eine nicht hinnehmbare Kritik am individuellen unternehmerischen Leistungsprinzip betrachtete. Denn würde er die Grundthesen des Debitismus für sich akzeptieren, so würde dies konsequenterweise auch seinen unternehmerischen Erfolg ("stets Schuldenfrei gewirtschaftet") relativieren bzw. herabwürdigen und ihm verdeutlichen, dass sein Lebenswerk eben auch auf den Schulden anderer basiert. Aber davon will er absolut nichts wissen. Und viele andere auch nicht.
Da sind die politischen Botschaften eines Ron Pauls schon deutlich besser verdaulich. Denn mit seinem bunten Mix aus konservativen und liberalen Positionen muss sich zunächst niemand ausgegrenzt fühlen (zumindest nicht in den USA, denn dort gibt es ja keine Linken...). Aber trotz der prinzipiellen Eingängigkeit seines Programmes, kann Ronnie in USA nicht so recht punkten. Offenbar ist die Erreichung von politischen Mehrheiten noch an weitere Befindlichkeiten gekoppelt, die anscheinend mit in Aussicht gestellten größtmöglichen individuellen Freiheiten allein nicht abzudecken sind.
Ich würde dazu überhaupt gerne folgendes wissen:
Lässt sich das debitistische Treiben überhaupt von Politik beeinflussen
(=verändern)? Welche Bedeutung (=Veränderung) hat (bewirkt) politische
Arbeit in der debitistischen Realität?Ist es nicht vielmehr so, dass die debitistische Realität bestimmte
politische Handlungen zur Folge hat, um eben diese Realität
weitestmöglich zu erhalten?
Jetzt kommen wir an des Pudels Kern!
Meine Sichtweise dazu:
Die primäre Aufgabe der Politik war und ist es stets gewesen, die ideologische Handlunsgbasis zu sichern, welche die kollektive Funktionstüchtigkeit einer arbeitsteiligen Gesellschaft TROTZ(!) Debitismus erst ermöglicht, und zwar durch gezieltes Ausblenden utopiegefährdender debitistischer Aspekte.
Die bewusste Einblendung des Debitismus wiederum wäre somit das Ende der heutigen ideologisch-gesellschaftlichen Basis und ihrer Utopie.
Aber was wäre denn die debitistische Utopie, welche dann logischerweise an die Stelle der alten Utopie treten müsste?
Oder geht Staat und Gesellschaft auch ohne Utopie?
Beispiele?
Viele Grüße
Lex
--
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Eutopie vs. Dystopie
tar , Gehinnom, Mittwoch, 07.09.2011, 03:32 (vor 4827 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hallo,
Die primäre Aufgabe der Politik war und ist es stets gewesen, die
ideologische Handlunsgbasis zu sichern, welche die kollektive
Funktionstüchtigkeit einer arbeitsteiligen Gesellschaft TROTZ(!)
Debitismus erst ermöglicht, und zwar durch gezieltes Ausblenden
utopiegefährdender debitistischer Aspekte.
Ganz wunderbar, Lex.
Die bewusste Einblendung des Debitismus wiederum wäre somit das Ende der
heutigen ideologisch-gesellschaftlichen Basis und ihrer Utopie.Aber was wäre denn die debitistische Utopie, welche dann logischerweise
an die Stelle der alten Utopie treten müsste?
Ich habe nun nochmal lange gegrübelt und mir Vorstellungen über die folgenden Möglichkeiten politischer Zielstellungen gemacht:
- New Deal 2.0
- (periodische) sozialistische Umverteilung (darunter die Option der Tötung unliebsamer Eigentumshalter bzw. Gläubiger)
- Vermögensbegrenzung
- beschränkter Pachtzwang für Eigentum ab bestimmtem Vermögenswert
- Rückführung der Eigentumsrechte(verwaltung) auf Gemeindeebene
- oder gar zu Dunbars Zahl (wie auch immer) und damit wieder zu menschlicher Nähe, Eigenverantwortung (Selbsterhaltung), Solidarität und diesbzgl. ggf. zu verpflichtendem Eigentum, das solidarisch verteilt wird
Entweder widersprechen diese Überlegungen der Machttheorie und dem allgemeinen Moralverständnis oder der ständigen Erhöhung der privaten Verschuldungsbereitschaft oder sie sind bereits in ähnlicher Form im bundesweiten Einsatz (sozialdemokratische Umverteilung), so dass eine Rückführung auf kleinere Ebenen dem Ertragsgesetz und der kompetitiv (Konkurrenz der Gemeinden) notwendigen Komplexitätssteigerung (Tainter) widerspricht.
Ein Globalstaat (zu dem die politische Welt ständig hindriften muss) wird überdies vor denselben Problemen stehen (die innere Konkurrenz, siehe heute EU) und auseinander- bzw. zusammenbrechen.
Ich sehe einfach keine sinnvolle Alternative mehr als darauf zu bangen, dass eine neue Kalorienquelle irgendwie aus heiterem Himmel entdeckt/nutzbar gemacht wird - und selbst da sollte man sich diese Ausführungen von Bartlett immer wieder vor Augen halten. Da müsste also schon was gigantisches gefunden werden - und wohin das dann noch alles führen könnte (Artenvernichtung im Weltraum) ist eine ganz eigene Debatte wert, die Zara hier immer wieder anführt. Die versiegenden Kalorienquellen werden dem unproduktiven, bezahlten Sektor (mehr oder weniger sowieso zwangsläufig) die Reproduktionsmöglichkeit (bzw. ökonomische Grundlage) entziehen und entweder wird man sich global besinnen (wie genau, das möge sich hier jeder nach seiner Façon vorstellen...) oder eben sterben.
Oder geht Staat und Gesellschaft auch ohne Utopie?
Beispiele?
"Change" ist die aus meiner Sicht einzig verbliebene Wahlkampfstrategie, mit der man die systemerhaltende Wohlstandsumverteilung bzw. -rückführung () überhaupt noch massenwirksam erfolgreich verkaufen kann (siehe Hype um Obama, bei dem allerdings - und wohl auch nicht weiter verwunderlich - die Umsetzung hapert und damit ein künftiger Verkaufserfolg von "Change" schwieriger wird). Eine Prise Philosophie vom toten Gott und weitere Aufklärung über eigenverantwortliches Handeln wären die desillusionierenden Grundpfeiler dieser Change-Vorstellung. Das wäre aber wohl auch schon alles, was vom großartigen, debitistischen Politikzauber übrigbliebe, oder?
Gruß!
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Gruß!™
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Gesellschaftssteuerung ist kein Gluecksspiel
Miesespeter , Samstag, 10.09.2011, 00:40 (vor 4824 Tagen) @ Lex Mercatoria
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 10.09.2011, 01:31
Klar. Der persönliche (auch berufliche) Vorteil, z.B. im Bezug auf die
Einschätzung einer Situation, der ist genauso gegeben, wie bei uns allen.
Aber ein Spitzenpolitiker hat Ziele zu erfüllen, an denen er gemessen
wird. Folglich wird er versuchen, alles einzusetzen, was ihm dabei helfen
könnte, seine Ziele zu erreichen. Und genau an der Stelle kommt es ja zur
eigentlichen Schnittstelle zwischen ihm (besser gesagt, seiner Partei) und
dem Bürger. Und genau da frage ich mich: Wen kann eine Partei für sich
als Wähler gewinnen, wenn sie gezielt mit dem Wissen des Debitismus
arbeitet.
Hi Lex,
doch, das funktioniert ganz sicher.....
Und damit meine ich nicht, die Erkenntnisse irgendwo versteckt im
Hintergrund als Parteistrategie im Wettbewerb zur gegnerischen Partei
anzuwenden, sondern diese Erkenntnisse ganz konkret für den Bürger
sichtbar zu machen.
....allerdings eben in genau diesem Sinne.
Also etwa so: Die Welt sieht aus debitistischer Sicht deutlich anders aus,
wie bislang vermittelt, und daher wollen wir (als Partei) folgende
Konsequenzen daraus ziehen, und für euch (den Bürger) folgendes auf den
Weg bringen...
Und ganz sicher nicht, indem ich ihm die reine Wahrheit zu vermitteln versuche. Zum einen ist diese nicht unumstritten, zum anderen ist die Wahrheit nicht beliebt. Es ist m.E. ein Irrtum, dass der Mensch nach der Wahrheit strebt, und die Unwahrheit hat einen schlechteren Ruf als ihr gebuehrt.
Schauen wir uns kurz um, ist es irgendwo anders?
Schauen wir uns die produzierende Wirtschaft an: Dort gibt es die Lebensmitteltechnologen, die tatsaechlich wissen, was in der Industrie-Wurst alles drin ist, und die Marketingabteilung, die fuer die Brandnarrative zustaendig ist, um das Produkt passend im Mindspace der Zielgruppe zu positionieren. Wer kaeme auf den Gedanken, dass ein Hersteller seine Markenkommunikation aus der Verbreitung des realen Wissens der Lebensmitteltechnologen gestalten sollte...("und zu Sylvester pinkeln unsere feuchtfroehlichen Facharbeiter auch mal in die Bottiche mit den umgeruehrten hormonverseuchten Schlachtabfaellen")?
Schauen wir uns die Staats-Kirche an: Dort gibt es die politischen Elemente wie Bischhoefe und den Vatikan, die Interessenpolitik betreiben, und die Pfarrer und Pastoren, die fuer die Verbreitung/Aufrechterhaltung der religioesen Mythen und Gebraeuche im Volk zustaendig sind. Wer kaeme auf den Gedanken, dass die Kirche ihre Predigten mit den politischen Inhalten aus dem Vatikan gestalten sollte ("8% Kirchensteuer, 2517 Altarknaben und 6,8 Milliarden Quadratmeter Grund und Boden: unser Hallelujah kriegt der Kaiser nicht umsonst")
Visionen, Narrativen, Religionen, Ideologien, Medienprodukte, Utopien: hiermit wird gearbeitet, um Menschen in grosser Anzahl in eine Richtung zu bewegen. Es sind auch Instrumente der Politik, aber nicht ihr Kern. Ich subsummiere die Produktion und Verbreitung dieser siropoesen Geisteskreationen als Bullshit-Industries, die professionelle Produktion von im Hirn des Publikums moeglichst klebenden Bullshits, in toto wahrscheinlich der weltweit umsatztaerkste Industriezweig. Dies allein deutet darauf hin, dass hier nicht nur ein erhebliches Angebot geschaffen wird, sondern gerade auch, dass es eine nicht zu saettigende Nachfrage fuer diese Phantasieprodukte gibt. Und diese scheint doch erheblich groesser als die Nachfrage nach 'Wahrheit' und Wissenschaft.
Abseits der Bullshitproduzenten gibt es jedoch die politischen Machttechnologen, welche mit Politik, Macht und Gewalt professionell umgehen, als herausragende Beispiele seien Napoleon, Stalin, Putin, die Familie Bush, aber auch Kohl oder Joschka Fischer genannt, oftmals mit geheimdienstlicher Schulung, welche das tatsaechliche Geschaeft betreiben, also die Richtung und den Rahmen bzw. seine Grenzen bestimmen, innerhalb welcher die Politvermarkter dann die Massen bewegen. Man schaue sich mal an, wie Joschka Fischer mit ein paar Gleichgesinnten (und sicherlich helfenden Haenden ohne Namen) eine ganze Bewegung gekapert und deren Richtung neu definiert hat, das ist hohe Politik.
Und fuer diese Gruppe ist die intime Kenntnis der Sachzwaenge zweifelsohne von erheblichem Nutzen. Wenn man voraussetzt, dass es klare und eiserne Sachzwaenge gibt, dann ist es fatal, sich dagegen zu positionieren, weil man dann die Macht verliert. Schon allein deshalb hat sich noch nie eine Partei lange mit der Illusion des staatlichen Gesundsparens als Rezept in einer deflationaeren Rezession gehalten: eine Partei die dies mit wirklichem Glauben betreibt, geht aufgrund der katastrophalen Ergebnisse der Macht verlustig. Die Einsicht in den Sachzwang ist also in der Politik letztendlich ein evolutionaeres K.O.-Kriterium.
Allerdings kann eine solche ins Off ausverlesene Partei, wenn sie ihrem Thema treu bleibt, durchaus nach einer Weile wieder aus der Versenkung erscheinen, denn morgen mag eine Position, die heute ein Problem verschaerft, durchaus ein nachgelagertes Problem 'loesen'. Die Linke ist dabei, dies zu demonstrieren.
Aber was wäre eine politische Kernbotschaft auf Basis des Debitismus?
1. Schuldendruck bringt Wachstum und Wachstumszwang
2. Wirtschaften ist Funktion von Politik
3. Am Ende steht immer der Zusammenbruch
Wenn ich alleine diese 3 Kernelemente beruecksichtige, kann ich mich politisch ganz anders positionieren, als wenn ich zB davon ausginge, Politik waere eine Funktion von Wirtschaft oder man muesse nur die richtige Loesung finden, dann ginge alles immer gut. Und aus dieser Positionierung und der entsprechenden Vorbereitung entsteht am Ende politische Aktion. In den allermeisten Faellen duerfte wohl jener, welcher sich dem Determinierten nicht entgegenstellt, sondern im Gegenteil zum opportunen Zeitpunkt vorbereitet das Determinierte als eigene 'Loesung' verkauft, im Sinne des Machtmanagements erheblich erfolgreicher fahren als der glaeubige Ideologe, der immer darauf hoffen muss, dass die Geschichte ihm seine grosse Stunde einmal zuspielt, und der dann, wenn dies tatsaechlich geschehen sollte, innert kuerzester Zeit mit seinem Latein am Ende waere, weil er das aus seiner Loesung entwachsende Nachfolgeproblem bereits nicht mehr beherrschen kann, da er ja dazu neigt, immer das gleiche ideologische Rezept anzuwenden..
Da sind die politischen Botschaften eines Ron Pauls schon deutlich besser
verdaulich. Denn mit seinem bunten Mix aus konservativen und liberalen
Positionen muss sich zunächst niemand ausgegrenzt fühlen (zumindest nicht
in den USA, denn dort gibt es ja keine Linken...). Aber trotz der
prinzipiellen Eingängigkeit seines Programmes, kann Ronnie in USA nicht so
recht punkten. Offenbar ist die Erreichung von politischen Mehrheiten noch
an weitere Befindlichkeiten gekoppelt, die anscheinend mit in Aussicht
gestellten größtmöglichen individuellen Freiheiten allein nicht
abzudecken sind.
Ja, und meine Einschaetzung dazu ist, dass es selbstverstaendlich in den USA auch politische Eliten gibt, mit Einsicht in das System, und diese Eliten haben nicht vor, den Herrn Paul mir nichts dir nichts das ganze Staatsgebaeude abreissen zu lassen. Und es gibt noch genuegend andere Narrativen ausser derjenigen der Freiheit, welche diese dann aktivieren koennen. Zum Beispiel die christliche und dann schicke ich Michelle Bachmann ins Rennen, um die Libertaeren zu spalten. Oder die Gewaltenteilung, und schon habe ich auch noch den Kongress, den Senat, die Partei, das Kabinett, die Medien, den Supreme Court, die Dienste......good luck, Ron Paul.
Lässt sich das debitistische Treiben überhaupt von Politik
beeinflussen
(=verändern)? Welche Bedeutung (=Veränderung) hat (bewirkt)
politische
Arbeit in der debitistischen Realität?
Meine Meinung:
Beeinflussen im Sinne von beschleunigen und verlangsamen: ja.
Beeinflussen im Sinne von links rum oder rechts rum zum Zielpunkt: ja.
Beeinflussen im Sinne von Umkehrung oder Aufhebung: nein.
Meine Sichtweise dazu:
Die primäre Aufgabe der Politik war und ist es stets gewesen, die
ideologische Handlunsgbasis zu sichern, welche die kollektive
Funktionstüchtigkeit einer arbeitsteiligen Gesellschaft TROTZ(!)
Debitismus erst ermöglicht, und zwar durch gezieltes Ausblenden
utopiegefährdender debitistischer Aspekte.
Sehr schoen! Die kollektive Funktionstuechtigkeit ist nur aufrechtzuerhalten, wenn das Kollektiv sich systemgerecht verhaelt, und dieses Verhalten kultiviert die Politik durch die Gestaltung des kollektiven und individuellen ' Mindspace', praktisch geistige Landschaftsgestaltung per umfassender und allzeitiger Indoktrination. Sie muss einerseits selbst der Sachzwaenge bewusst sein, das Kollektiv duerfen diese jedoch als Grundbewusstsein nicht praegen, weil dann systemgerechte Handlung nur noch schwerlich vermittelbar/induzierbar waere. Ein ganz wesentliches Instrument der Politik ist daher die Luege, ohne sie waere Politik wohl gar nicht moeglich, so wie moderne Wirtschaft wohl ohne Marketing (=Luege) nicht moeglich waere, Religion nicht ohne die Behauptung Mythen seien reales Geschehen, und wahrscheinlich auch das individuelle Leben nicht ohne Glauben an die eine oder andere Sache, also durch willentlichen Selbstbetrug.
Der Debitismus erschwert diesen ja nur auf dem begrenzten Gebiet der Wirtschaftstheorie, laesst aber sonst dankenswerterweise viel Freiheit, sich allen moeglichen geistigen Spleens ausgiebigst hinzugeben.
Gruss,
mp
--
Everything is ok
Dieser Satz ist ein so erschreckender Angriff auf die moralischen Grundsätze und Prinzipien der abendländischen Kultur...
Lex Mercatoria , Samstag, 10.09.2011, 23:56 (vor 4823 Tagen) @ Miesespeter
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 11.09.2011, 00:04
Es ist m.E. ein Irrtum, dass der Mensch nach der
Wahrheit strebt, und die Unwahrheit hat einen
schlechteren Ruf als ihr gebuehrt.
...dass er direkt von mir sein könnte!
Hallo Miesespeter!
Schauen wir uns kurz um, ist es irgendwo anders?
Schauen wir uns die produzierende Wirtschaft an: Dort gibt es die
Lebensmitteltechnologen, die tatsaechlich wissen, was in der
[...]
Schauen wir uns die Staats-Kirche an: Dort gibt es die politischen
Elemente wie Bischhoefe und den Vatikan, die Interessenpolitik betreiben,
[...]
Visionen, Narrativen, Religionen, Ideologien, Medienprodukte, Utopien:
hiermit wird gearbeitet, um Menschen in grosser Anzahl in eine Richtung zu
[...]
Ich füge noch ein Beispiel aus der Natur hinzu:
Raben tun vor ihren Artgenossen so, als würden sie Fressbares im Boden verscharren. Tatsächlich verstecken sie es aber in einem unbeobachteten Moment ganz wo anders.
Absichtliches Täuschen und Irreführen ist offensichtlich ein Grundprinzip in der Natur. Soziologen wissen schon lange, dass die Lüge in der menschlichen Gesellschaft nicht ein unmoralischer Makel ist, sondern zwingender Bestandteil eines jeden sozialen Gefüges. Und das Ausmaß des Lügens ist direkt proportional zur Komplexität eines sozialen Gefüges. Auch in Stammeswirtschaften wird gelogen und getäuscht. Aber halt nur in so bescheidenem Umfang, dass wir als Groß-Zivilisationisten dies lediglich als rituelle Naturvolk-Bräuche betrachten.
Abseits der Bullshitproduzenten gibt es jedoch die politischen
Machttechnologen, welche mit Politik, Macht und Gewalt professionell
umgehen, als herausragende Beispiele seien Napoleon, Stalin, Putin, die
Familie Bush, aber auch Kohl oder Joschka Fischer genannt, oftmals mit
geheimdienstlicher Schulung, welche das tatsaechliche Geschaeft betreiben,
also die Richtung und den Rahmen bzw. seine Grenzen bestimmen, innerhalb
welcher die Politvermarkter dann die Massen bewegen. Man schaue sich mal
an, wie Joschka Fischer mit ein paar Gleichgesinnten (und sicherlich
helfenden Haenden ohne Namen) eine ganze Bewegung gekapert und deren
Richtung neu definiert hat, das ist hohe Politik.Und fuer diese Gruppe ist die intime Kenntnis der Sachzwaenge zweifelsohne
von erheblichem Nutzen. Wenn man voraussetzt, dass es klare und eiserne
Sachzwaenge gibt, dann ist es fatal, sich dagegen zu positionieren, weil
man dann die Macht verliert. Schon allein deshalb hat sich noch nie eine
Partei lange mit der Illusion des staatlichen Gesundsparens als Rezept in
einer deflationaeren Rezession gehalten: eine Partei die dies mit
wirklichem Glauben betreibt, geht aufgrund der katastrophalen Ergebnisse
der Macht verlustig. Die Einsicht in den Sachzwang ist also in der Politik
letztendlich ein evolutionaeres K.O.-Kriterium.
Du meinst im weitesten Sinne den politischen Vorteil, der sich aus einer umfassenden Einschätzung jenseits ideologischer Selbst- und Fremdtäuschung ergeben kann. Ja, so etwas gibt es durchaus. Wie der Marquis von Pombal beispielsweise.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sebasti%C3%A3o_Jos%C3%A9_de_Carvalho_e_Mello
Nach der Zerstörung Lissabons im verheerenden Erdbeben (inklusive Flutwelle) von 1755 gelang es ihm, die ihm verhassten Jesuiten politisch in die Knie zu zwingen, in dem er durch systematische naturwissenschaftliche Auswertung der Zerstörungen durch das Erdbeben so viel Daten und Erkenntnisse sammelte, dass die Naturkatastrophe, welche von den Klerikern eindringlich als Strafe Gottes für Lissabon gepredigt wurde, eindeutig einem Naturereignis zugeordnet werden konnte. Dieses naturwissenschaftliche Wissen wurde der Bevölkerung aber nicht als eine entmystifizierte Wahrheit vermittelt, um diese gegen die Jesuiten zu mobilisieren, sondern es genügte dem Marquis völlig, hinter den Kulissen den Jesuiten mit seinen Arbeiten den Marsch zu blasen und sich für die vorausstehenden Ereignisse politisch zu positionieren. Im Wiki-Artikel steht davon natürlich nichts - aber die Archive von Lissabon künden von Fragebögen(!), die der Marquis seinerzeit im Umland von Lissabon verteilen und ausfüllen lies, um einen objektiven Eindruck von der Katastrophe zu erhalten. Mit wissenschaftlicher "Wahrheit" siegte er über kirchliche Ideologie. Wie es sich für einen echten Aufklärer, der er eben war, auch gehört.
Sehr schoen! Die kollektive Funktionstuechtigkeit ist nur
aufrechtzuerhalten, wenn das Kollektiv sich systemgerecht verhaelt, und
dieses Verhalten kultiviert die Politik durch die Gestaltung des
kollektiven und individuellen ' Mindspace', praktisch geistige
Landschaftsgestaltung per umfassender und allzeitiger Indoktrination. Sie
muss einerseits selbst der Sachzwaenge bewusst sein, das Kollektiv duerfen
diese jedoch als Grundbewusstsein nicht praegen, weil dann systemgerechte
Handlung nur noch schwerlich vermittelbar/induzierbar waere. Ein ganz
wesentliches Instrument der Politik ist daher die Luege, ohne sie waere
Politik wohl gar nicht moeglich, so wie moderne Wirtschaft wohl ohne
Marketing (=Luege) nicht moeglich waere, Religion nicht ohne die Behauptung
Mythen seien reales Geschehen, und wahrscheinlich auch das individuelle
Leben nicht ohne Glauben an die eine oder andere Sache, also durch
willentlichen Selbstbetrug.
Es gibt da meinerseits eine ergänzende Sichtweise, die hier im Forum nicht auf allzu fruchtbaren Boden fällt, die aber nichtsdestotrotz sehr stark durch eigene Erfahrungen geprägt ist:
Diejenigen, die an einer prominenten Position ein "Mindsetting" oder einen "Mindspace" gestalten (ich würde statt "Gestalten" eher "grob Vordenken" bevorzugen, da aus einem Gestaltungsvorgang meist etwas sehr konkretes und greifbares resultiert), können keinesfalls so souverän und kaltschnäuzig die vollständige Trennung vollziehen, zwischen Wissen um eine Wahrheit und der tatsächlich vermittelten Botschaft. Dies wird gerne und ausgiebig unterstellt, um den Aspekt des Lügens ganz gezielt hervorzuheben, um damit zu einer (meist vernichtenden) moralischen Wertung zu kommen.
Beispiel: Der CEO eines Konzerns kann nicht einerseits auf Basis einer realistischen und ungeschönten Marktanalyse davon ausgehen, dass der Markt für die Produkte seines Unternehmens keine großen Wachstumsraten mehr hergibt, aber andererseits gleichzeitig seine Personalchefs damit beauftragen, für die Mitarbeiter eine eingängige Motivations-Botschaft zu stricken, welche von der realistischen Erreichbarkeit der zukünftigen Wachstumsziele kündet, um diese weiterhin an der Kandare zu halten. Die Lüge ist vielmehr bereits im Kopf des CEO (im Rahmen seiner Selbstmotivation) entstanden und fest verankert worden, bevor sie ihren Weg mittels Motivationsprogramm durch das Unternehmen antritt. Und diese dabei zugrunde liegenden Selbsttäuschungsmechanismen machen auch durchaus Sinn! Denn genau wie im Spitzensport (und Leadership in Politik und Wirtschaft ist nichts anderes!), kann man ja als CEO problemlos die Grundprämisse ansetzen, dass die notwendigen Anpassungsprozesse auf dem Markt (also Firmenpleiten) garantiert nur die ANDEREN treffen werden, weil man ja selbst der nachweislich schönste und schlaueste CEO aller Zeiten ist.
Oder kurz zusammengefasst:
Der Versuch, eine klare und deutliche Trennung von Lügendem und Belogenem anzustrengen, ist am Ende auch nichts weiter, als eine weitere dreiste Lüge: Das Postulat nämlich, die Welt könnte auch eine bessere sein, wenn nur den Lügnern endlich das Handwerk gelegt werden würde.
Wer das eigentliche Grundprinzip des debitistisch induzierten Wettbewerbs wirklich verstanden und verinnerlicht hat (Zara hatte dazu mal ein geniales Bild von Radsportlern eingestellt...), dem käme ohnehin nie in den Sinn, sich vor Selbsttäuschung gezielt zu schützen oder zu bewahren. Der aufrechte und selbstehrliche Mönchs-Ritter ist bereits am Start der Verlierer. Die Selbsttäuschung ist das Rüstzeug schlechthin, um für eine erfolgreiche Platzierung in einem Wettbewerb überhaupt in Frage zu kommen.
-------------
Tja Miesespeter, ich kann Dir in Deinen Ausführungen praktisch in allen Punkten zustimmen. Allerdings gebe ich zu bedenken, was damit der komprimierte Tenor der Aussagen ist:
- Die politische Elite kann den Debitismus durchaus zu ihrem Vorteil nutzen
- Dies ermöglicht Teilen der politischen Keyplayer, sich gezielt und vorteilhaft zu positionieren und vorzubereiten.
- Nach dem (für Debitisten vorhersehbaren) Zusammenbruch könnte man somit als erster wieder politisch auf der Matte stehen...
Das klingt nicht gerade nach einem öffentlichkeitswirksamen politischen Programm, mit dem man Wählerstimmen einsammelt. Klingt eher nach handfestem Politgemauschel hinter der Bühne. Also genau das, was Fabio vermutlich nicht meint, wenn er über die Politikfähigkeit einer ökonomischen Denkschule sinniert.
Aber wie auch immer - jetzt müssen wir dem Fabio noch irgendwie verklickern, bei welchen politischen Kräften es sich lohnen würde, mittels gezielter Impfung mit dem Debitismus (sofern nicht ohnehin bereits Wissen darüber vorliegt), die Unterstützung und Vorarbeit zu leisten, für einen politischen Reboot nach dem unvermeidlichen Zusammenbruch.
Und falls Fabio fragen sollte, warum ausgerechnet die Debitisten ein sinnvoller Wegbereiter für einen ökonomischen Restart sein könnten, dann sollten wir ihm, ganz nach den Grundregeln des willentlichen Selbstbetruges, einfach mal ein grundehrliches Ständchen singen:
http://www.youtube.com/watch?v=xnmcKPexLyg
(es gibt leider keinen Selbstironie-Button...)
Der Debitismus erschwert diesen ja nur auf dem begrenzten Gebiet der
Wirtschaftstheorie, laesst aber sonst dankenswerterweise viel Freiheit,
sich allen moeglichen geistigen Spleens ausgiebigst hinzugeben.
So ist es!
Danke für Deinen Beitrag - hat mir sehr gut gefallen!
Lex
--
Disclaimer:
Article might contain explicit depictions of real things.
These real things are commonly known as life.
If it sounds sarcastic, don't take it seriously.
If it sounds dangerous, don't try it at home.
If it offends you, don't read it.
Wahrheit ist eine Lüge
moneymind , Montag, 12.09.2011, 00:42 (vor 4822 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hi Lex,
du schreibst:
Der Versuch, eine klare und deutliche Trennung von Lügendem und Belogenem anzustrengen, ist am Ende auch nichts weiter, als eine weitere dreiste Lüge: Das Postulat nämlich, die Welt könnte auch eine bessere sein, wenn nur den Lügnern endlich das Handwerk gelegt werden würde.
Yo, seh ich auch so.
Wer das eigentliche Grundprinzip des debitistisch induzierten Wettbewerbs wirklich verstanden und verinnerlicht hat (Zara hatte dazu mal ein geniales Bild von Radsportlern eingestellt...), dem käme ohnehin nie in den Sinn, sich vor Selbsttäuschung gezielt zu schützen oder zu bewahren. Der aufrechte und selbstehrliche Mönchs-Ritter ist bereits am Start der Verlierer. Die Selbsttäuschung ist das Rüstzeug schlechthin, um für eine erfolgreiche Platzierung in einem Wettbewerb überhaupt in Frage zu kommen.
Absolut. Die Überzeugung, "nur die da oben", "das System" etc. seien die "Schuldigen", die man nur beseitigen müsse, um Friede, Freude und Eierkuchen einkehren zu lassen, ist halt allerdings womöglich auch so eine erfolgreiche Selbsttäuschung: so kann man sich für den "Guten" zugehörig und "moralisch im Recht" fühlen "dürfen", was meist doch ungemein dabei hilft, diverse eigene Unzulänglichkeiten vor lauter kritischer Aktivität bequem zu übersehen. Zwar folgenlos fürs praktische Handeln, aber gut fürs Selbstwertgefühl.
Letzteres ist debitismus ja auch. Er befriedigt halt das "Bedürfnis nach Wahrheit", das wiederum eine Selbsttäuschung darstellen dürfte.
moneymind
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BLOGGING: Never before have so many people with so little to say said so much to so few.
Ich glaube, ich gehöre zum Persönlichkeitstyp Cheeseburger...
Lex Mercatoria , Montag, 12.09.2011, 01:47 (vor 4822 Tagen) @ moneymind
...auch wenn mir dazu der Bauch fehlt. Muß ich mir jetzt Sorgen machen?
--
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Sorgen?!?!?
moneymind , Dienstag, 13.09.2011, 23:59 (vor 4820 Tagen) @ Lex Mercatoria
...auch wenn mir dazu der Bauch fehlt. Muß ich mir jetzt Sorgen machen?
Nee, reinhauen musste! " />
--
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Utopie, Ziele etc.
moneymind , Sonntag, 11.09.2011, 23:58 (vor 4822 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hi Lex,
ich seh den debitismus ganz ähnlich wie Du und füge nur noch ein paar Gedanken hinzu:
Meine Sichtweise dazu:
Die primäre Aufgabe der Politik war und ist es stets gewesen, die
ideologische Handlunsgbasis zu sichern, welche die kollektive
Funktionstüchtigkeit einer arbeitsteiligen Gesellschaft TROTZ(!)
Debitismus erst ermöglicht, und zwar durch gezieltes Ausblenden
utopiegefährdender debitistischer Aspekte.
Yo, und dafür sind ökonomische Theorien ganz nützlich.
Die bewusste Einblendung des Debitismus wiederum wäre somit das Ende der
heutigen ideologisch-gesellschaftlichen Basis und ihrer Utopie.
Yup, aus der Sicht des debitismus kannste Freiheit/Gleichheit/Vertrag (bürgerliche Gesellschaft, Basis: Staat) wegschmeissen. Zugunsten von etwas, das auch keiner will (Stamm).
Was heißt: debitismus ist als Anleitung für politisches Handeln und Sozialbastlerei völlig untauglich.
Aber was wäre denn die debitistische Utopie, welche dann logischerweise
an die Stelle der alten Utopie treten müsste?
Die gibt es gar nicht.
Oder geht Staat und Gesellschaft auch ohne Utopie?
Nein. Jede zielorientierte Handlung setzt eine "Utopie" voraus - eine Vorstellung von einer Situation, die noch gar nicht existiert, aber den eigenen Bedürfnissen besser entsprechen wird als die gegenwärtige.
In other words, ohne Utopie bzw. Ziele kann kein Mensch leben (denn dann könnte er einfach die Hände in den Schoss legen und warten, bis er verreckt). Das Programm, in Bezug auf menschliches Leben "objektive, nur erklärende Wissenschaft" betreiben zu wollen, ist lächerlich und im übrigen auch erst auf dem Boden der modernen debitistischen Gesellschaft gewachsen - als Teil ihrer Ideologie.
Woanders schreibst Du:
Zu ergänzen wäre, dass gerade an der Spitze der Politik meist etwas verkauft werden muß, was im Grunde genommen gar nicht erreichbar ist. So ähnlich, wie auch an der Spitze von Konzernen. Und dann kommt oft ein Prinzip zum tragen, welches ebenfalls bei Spitzensportlern zu beobachten ist:
Diese stellen sich vor die Presse, und reden ihre eigene Bestform, die sie aus ihrer Sicht für den Sieg prädestiniert, regelrecht herbei. Und das hat nichts mit Blabla für die Kamera zu tun - es entspringt durchaus einer inneren Überzeugung. Die basiert aber nicht notwendigerweise auf harten Fakten (wie Training, Formhoch, realistische Einschätzung der Gegner,...), sondern oft und gerne auf reiner Selbstkonditionierung.
Jeder Coach eines Profisportlers wird daran arbeiten, dass sein Schützling einen unerschütterlichen Siegeswillen aufbaut. Und das ist Kopfarbeit!
Diese Kopfarbeit leistet auch ein Spitzenpolitiker oder Top-Manager. Deren Coach wird als erstes sagen: "Nehmen sie ihren Ego sehr ernst!". Je geringer die Diskrepanz ist, zwischen der empfundenen(!) Realität, und dem zu erreichenden Ziel, desto höher sind die Erfolgschancen. Was aber nichts anderes heißt, als: Je realistischer Sachverhalte und die Fähigkeiten der eigenen Person eingeschätzt werden, desto geringer werden auch die Aussichten auf einen Erfolg.
Und das bringt mich zu der Frage: Welchen Vorteil hat ein Spitzenpolitiker von einer realitätsbezogenen Betrachtungsweise, Ã la Debitismus? Sind da die politisch maßgeschneiderten, ökonomischen Luftblasenmodelle nicht ein deutlich besseres Rüstzeug für die politische Arbeit?
Absolut. Allerdings ist auch das eine Gratwanderung - übertriebene Selbstüberschätzung führt mitunter nicht zum Erfolg, sondern u.U. auch direkt in Pleite und Knast ... ich nenne dazu mal den Namen Jürgen Höller.
"Realistische" Ziele können halt nicht grundsätzlich, prinzipiell, absolut und langfristig sein (Paradies für alle etc. etc.), sondern müssen wohl eher konkret, beschränkt und kurz-, bestenfalls mittelfristig angelegt sein.
Auch das ist ne Binsenweisheit.
Gruss
moneymind
--
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Freiheit von Hoffnung (mT)
Melethron, Dienstag, 06.09.2011, 10:08 (vor 4827 Tagen) @ Miesespeter
Hey Miesespeter,
Ich musste bei deinem Beitrag an Camus "Mythos des Sisyphos" denken. Bei den Griechen galt die Hoffnung als das größte Übel in Pandoras Büchse und die Befreiung davon ist ein Segen. Sisyphos vermochte es den Göttern und seinem Schicksal - der vollkommenen Sinnlosigkeit - zu trotzen. Wer mit Hoffnungslosigkeit gut leben kann, hat sehr viel erreicht.
Grüße
melethron
Wer mit Hoffnungslosigkeit gut leben kann, hat sehr viel erreicht
Zarathustra, Dienstag, 06.09.2011, 10:30 (vor 4827 Tagen) @ Melethron
Wer mit Hoffnungslosigkeit gut leben kann, hat sehr viel erreicht.
Also sprach Gautama Buddha.
Heja Melethron, das ist Buddhismus in Reinkultur.
Grüsse, Zara
Nicht ganz, denn ... (mT)
Melethron, Dienstag, 06.09.2011, 10:51 (vor 4827 Tagen) @ Zarathustra
...die Buddhisten "hoffen" ja auf das Nirvana. Am ehesten könnte man es noch mit dem Taoismus vergleichen (Wu Wei) der keine Hoffnung kennt. Der Unterschied ist aber, dass bei Camus Position noch der Trotz gegen das angenommen Schicksal vorhanden ist. Sisyphos akzeptiert die Strafe nämlich nicht sondern trotzt ihr dadurch, dass er sich der ihm auferlegten Strafe - jener vollkommen sinnlosen Aufgabe den Stein auf ewig von neuem den Berg hinauf zu rollen - annimmt und diese zu seiner Aufgabe macht und dieser eben Sinn verleiht. Erst trickst er listig den Tot aus und als er dafür bestraft wird, macht er noch den Göttern die Strafe zunichte, indem er der Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit trotzt.
Nicht Prometheus, der das Feuer und die Zivilisation brachte, ist der größte Held der abendländischen Mythologie (du wirst mir hier sicher zustimmen ) sondern Sisyphos, der den Göttern und der Obrigkeit trotzt.
„Darin besteht die verborgene Freude des Sisyphos. Sein Schicksal gehört ihm. Sein Fels ist seine Sache. [...] Der absurde Mensch sagt ja, und seine Anstrengung hört nicht mehr auf. Wenn es ein persönliches Geschick gibt, dann gibt es kein übergeordnetes Schicksal oder zumindest nur eines, das er unheilvoll und verachtenswert findet. Darüber hinaus weiß er sich als Herr seiner Tage. In diesem besonderen Augenblick, in dem der Mensch sich seinem Leben zuwendet, betrachtet Sisyphos, der zu seinem Stein zurückkehrt, die Reihe unzusammenhängender Handlungen, die sein Schicksal werden, als von ihm geschaffen, vereint unter dem Blick seiner Erinnerung und bald besiegelt durch den Tod. Derart überzeugt vom ganz und gar menschlichen Ursprung alles Menschlichen, ein Blinder, der sehen möchte und weiß, daß die Nacht kein Ende hat, ist er immer unterwegs. Noch rollt der Stein. […] Dieses Universum, das nun keinen Herrn mehr kennt, kommt ihm weder unfruchtbar noch wertlos vor. Jeder Gran dieses Steins, jedes mineralische Aufblitzen in diesem in Nacht gehüllten Berg ist eine Welt für sich. Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ Der Mythos des Sisyphos: 6. Aufl., Reinbek, 2004. S. 159f.
Grüße
melethron
Ohne Furcht keine Hoffnung
Zarathustra, Dienstag, 06.09.2011, 11:05 (vor 4827 Tagen) @ Melethron
...die Buddhisten "hoffen" ja auf das Nirvana.
Nicht ganz, denn das gilt nur für jene "Buddhisten", die irgendwie immer noch die Wiedergeburt fürchten und deshalb auf das Nirvana hoffen. Wer keine Wiedergeburt fürchtet, braucht demnach auch nichts zu hoffen.
Nicht Prometheus, der das Feuer und die Zivilisation brachte, ist der
größte Held der abendländischen Mythologie (du wirst mir hier sicher
zustimmen ) sondern Sisyphos, der den Göttern und der
Obrigkeit trotzt.
Bravo Sisyphos!
Grüsse, Zara
Sisyphus Schicksal, das blüht den Nachhaltigen und Kreislaufwirtschaftern ...
Orlando , Dienstag, 06.09.2011, 13:30 (vor 4827 Tagen) @ Melethron
In seinen Anfangsjahren erbaute Sisyphus die Stadt Korinth. Dort soll er sich mit einer Räuberbande des Isthmus bemächtigt und alle, die in seine Hände gerieten durch das Auflegen von schweren Steinen hingerichtet haben.
Er hatte ein gespanntes Verhältnis zum Tod. Seiner Gattin befahl er, seinen Leichnam nicht zu bestatten, um in Plutos Reich eine Rückkehr ins Leben erwirken zu können, was auch gelang. Er soll sogar den Tod selbst eingefangen und festgesetzt haben, so daß Pluto den Mars zu dessen Befreiung schicken mußte, da ihm der Nachschub an Seelen ausging. Zur Strafe muß Sisyphus auf ewig im Tartaros einen schweren Stein einen Berg hinauf wälzen, der aber immer wieder herunter rollt. Die großen Dramatiker Sophokles, Aeschylus und Euripides haben die Geschichte aufgegriffen, ihre Tragödien darüber sind jedoch verschollen.
Seine Strafe ist eigentlich angemessen – er wollte nicht sterben, wollte fortwährend leben, deshalb wird er zu ewiger Tätigkeit verdammt. Daß diese sinnlos ist – nun, das haftet schließlich aller Tätigkeit im Rückblick aus der Ewigkeit an.
... sondern trotzt ihr dadurch, dass er sich der ihm auferlegten Strafe - jener vollkommen sinnlosen Aufgabe den Stein auf ewig von neuem den Berg hinauf zu rollen - annimmt und diese zu seiner Aufgabe macht und dieser eben Sinn verleiht.
Deshalb der Tip für alle, die sich grämen, daß sie jetzt damit gestraft werden, für die sonnenverwöhnten Südländer garantieren zu müssen: definiert es einfach um, nehmt die Strafe an, macht Euer Ding draus und schon ist die Welt wieder sinnvoll und gut.
Das ist kein Aufruf zur Selbstkasteneiung in christlicher Tradition (mT)
Melethron, Dienstag, 06.09.2011, 13:57 (vor 4827 Tagen) @ Orlando
Hey Orlando,
Deshalb der Tip für alle, die sich grämen, daß sie jetzt damit gestraft
werden, für die sonnenverwöhnten Südländer garantieren zu müssen:
definiert es einfach um, nehmt die Strafe an, macht Euer Ding draus und
schon ist die Welt wieder sinnvoll und gut.
Sisyphos verfällt nicht in "demütige Akzeptanz" sondern tut das Letztmögliche, um noch dieser Strafe zu trotzen. Daher passt dein Tipp nicht so ganz.
Aber mal zu deinem Punkt. Wenn sich die ach so "effizienten" Deutschen über die "faulen" Griechen aufregen, entlockt mir das nur ein Lächeln. Faulheit ist imo nämlich nur perfektionierte Effizienz. Während Jene nämlich mit möglichst wenig Aufwand viel erreichen will, will Diese gänzlich ohne Aufwand viel erreichen.
Das was Richard David Precht hier (bei 5:12) über die "faulen Hartz IVler) sagt, passt zu den faulen Griechen genau so. (Danke Ashitaka)
Effizenz predigen, aber Faulheit verfluchen ist wie Wasser predigen, aber Wein trinken ....
Grüße
melethron
Nein sagen und die Konsequenzen ertragen
Orlando , Dienstag, 06.09.2011, 15:30 (vor 4827 Tagen) @ Melethron
Was Effizienz und Faulheit angeht, hast Du recht.
Hingegen Sisyphus Verhalten mit "der Strafe trotzen" zu bezeichnen, da sehe ich keinen Unterschied dazu, es "die Strafe akzeptieren" zu nennen. Schließlich führt er die auferlegte Tätigkeit aus. Was anderes wäre es, wenn er gesagt hätte: nein, mache ich nicht, macht meinetwegen mit mir was ihr wollt.
Analog in meinem (zugegebenermaßen stark hinkendem) Vergleich müßte der garantieunwillige Bürger seine Abgabenzahlungen einstellen und die ihm dann auferlegten Konsequenzen ertragen.
So etwa wie Byrons Prometheus:
I
Titan, es wollte deinen ewigen Augen
Das Elend all der Sterblichkeit
Im Licht der traurigen Wirklichkeit
Nicht göttlicher Verachtung taugen.
Was war des Mitleids Lohn für dich ?
Ein Leiden, stumm und nachdrücklich:
Der Geier, der Fels, in Ketten gelegt,
Alles, was der Edle an Schmerzen erträgt;
Doch zeigt er nicht die Agonie,
Das würgende Gefühl von Weh,
Spricht nur in höchster Einsamkeit,
und fürchtet dann am Himmel immer
Noch Ohren. Es dringt kein Wimmer,
Bis seine Stimme ohne Echo bleibt.
II
Titan, dir war der Streit gegeben,
Der zwischen Leid und Wille sich entspann,
Die quälen, wo man nicht töten kann.
Der unerbittliche Himmel, eben
Des Schicksals taube Tyrannei,
Vom Grunde herrschend, Haß dabei,
Die, sich zur Freude gern errichten,
Die Dinge, die sie dann vernichten,
Verwehrten dir des Todes Gunst,
Unsterblichkeit, elende Gabe
war dein – die Last hat dich nicht übermannt.
Ja, was der Donn’rer dir entwunden
schleuderte drohend ins Genick
Ihm Martern, wie sie dich gedrückt:
Sein Schicksal, das du ihm gefunden,
Hast du ihm nicht benannt.
Und aus deinem Schweigen sein Urteil klingt
Und vergebliche Reumut seine Seele durchdringt
Und schreckliche Furcht, die, ungebannt
Ließ zittern die Blitze in sener Hand.
III
Dein göttlich’ Verbrechen war Güte zu zeigen
Und so durch deine hilfreichen Lehren
Der Summe des menschlichen Elends zu wehren
Und zu kräftigen ihn mit Verstand ihm eigen.
Doch genarrt wie du warst aus der Höh’,
Starr in geduldiger Energie,
Starr im Ertragen, im Widerstand
Deines undurchdringlichen Geistes,
Vergeblich von Erde und Himmel berannt
Uns gewaltigen Hinweis verheißt es:
Du bist Symbol und Zeichen
Für Sterbliche, für ihr Schicksal und Kraft
Gleich dir sie halb Göttlichem gleichen
Aus reinem Quell getrübter Saft
Es sieht der Mensch zum Teil voraus
Sein eigenes Ende im Totenhaus,
Sein Elend, seine Resistenz,
Seine traurige, einsame Existenz -
Doch darf sein Geist sich dagegen erheben,
Und ebenso allem Weh widerstreben.
Und festen Willen, und tiefen Sinn,
Der selbst gefoltert zu sehen vermag
Des eigenen Mittelpunkts Gewinn;
Triumph, wo Widerstand er wagt,
Und Tod in Sieg verwandelt.
Ich hätte diese - kack - Einblendung im Video weglassen sollen! Gruß (oT)
Ashitaka , Donnerstag, 08.09.2011, 19:04 (vor 4825 Tagen) @ Melethron
- kein Text -
--
Der Ursprung aller Macht ist das Wort. Das gesprochene Wort als
Quell jeglicher Ordnung. Wer das Wort neu ordnet, der versteht wie
die Welt im Innersten funktioniert.
Droge klarer Kopf
beni, Montag, 05.09.2011, 19:58 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
Hallo,
Ich halte es immer für einen Gewinn, wenn man klarer sieht, auch wenn man es nicht sofort umsetzen kann. Mein Hirn war vernebelt von marxistischem und gesellianischem Unfug. Schon alleine die Befreiung davon ist einiges wert.
Gruss, Benedikt
Debitismus und Marx (mT)
Melethron, Dienstag, 06.09.2011, 10:23 (vor 4827 Tagen) @ beni
Hey Beni,
Der Debitismus ist, was das ökonomische Erklärungsmodell angeht, der Sicht von Marx und Gesell auf jeden Fall überlegen. Betrachtet man aber die gesamte Problemstellung von Marx, so kratzt der Debitismus nur an der Oberfläche herum. Man kann ohne die Hegelsche Rechtsphilosophie Marx nicht wirklich verstehen. Der Debitismus (bzw. speziell Stadermann/Steiger) ist das Erklärungsmodell für die "Marktwirtschaft" das ich selbst bevorzugen, aber am Problem der Rationalitätenfalle, an der Erklärung des Hobbschens "Kampf Aller gegen alle", geht er vollkommen vorbei. Die Problemstellung des jungen (Jenaer) Hegels und Marx übersehen die meisten Debitistiten, die es meistens nicht einmal probieren Lösungen anzubieten, sondern in Fatalismus verweilen.
Grüße
melethron
"Lösungen anzubieten"
Zarathustra, Dienstag, 06.09.2011, 11:29 (vor 4827 Tagen) @ Melethron
Die Problemstellung des jungen (Jenaer) Hegels und Marx übersehen die meisten
Debitistiten, die es meistens nicht einmal probieren Lösungen anzubieten,
sondern in Fatalismus verweilen.
Das 'Problem Solving' der 'Problem-Solving-Societies' (Tainter) ist ja das Problem, Melethron, und nicht die Lösung. Vermeintlich konstruktives ist destruktiv und umgekehrt, bzw. es ist eine Frage der Definition. So glaubt die buchstäblich überwältigende Mehrheit in dieser Problem-Solving-Society, der legendäre Forenbeitrag des @offthsp unter der Betreffzeile "konstruktiv" sei ein destruktiver, obwohl es sich dabei um die konstruktivst-mögliche Art der Aufklärung handelt.
Grüsse, Zara
Jetzt "hegelst" du ;-) (mT)
Melethron, Dienstag, 06.09.2011, 12:27 (vor 4827 Tagen) @ Zarathustra
Hey Zara,
Das 'Problem Solving' der 'Problem-Solving-Societies' (Tainter) ist ja das
Problem, Melethron, und nicht die Lösung.
So ziemlich genau das war das Resultat von Hegel in der RP. Die Geschichte läuft sowieso wie sie läuft. Das war aber bei Hegel nichts Negatives, weil instabile Gesellschaftszustände sich selbst zerstören und somit auf sehr, sehr, sehr, lange Sicht (Hegel denkt eher in Jahrtausenden denn in Jahrzehnten) ein stabiler Zustand erreicht wird. Bei Hegel ist die Geschichte wie die Evolution, sie bringt auf lange Sicht Vernünftiges hervor, ohne dass dort eine Vernunft "walten" muss. Die Evolution hat 6 mal das "Kamera Auge" erzeugt, ohne dass dort ein Plan (Design) dahinter steckt. Das Wirkliche ist das Vernünftige....
Vermeintlich konstruktives ist
destruktiv und umgekehrt, bzw. es ist eine Frage der Definition. So glaubt
die buchstäblich überwältigende Mehrheit in dieser
Problem-Solving-Society, der legendäre Forenbeitrag des @offthsp unter der
Betreffzeile
"konstruktiv"
sei ein destruktiver, obwohl es sich dabei um die konstruktivst-mögliche
Art der Aufklärung handelt.
Die gute alte Dialektik. Man nennt es "jene Kraft die stets das "Böse" ("Gute") will und doch das "Gute" ("Böse") schafft"
Grüße
melethron
Was ist da vernünftig? Das erschließt sich mir jetzt nicht...
Mephistopheles , Datschiburg, Dienstag, 06.09.2011, 13:28 (vor 4827 Tagen) @ Melethron
bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 06.09.2011, 13:42
Die Evolution hat 6 mal
das "Kamera Auge" erzeugt, ohne dass dort ein Plan (Design) dahinter
steckt. Das Wirkliche ist das Vernünftige....
Ohne Zweifel hat dasjenige Lebewesen, welches zuerst über ein Kameraauge verfügt, einen Überlebens- oder Fitnessvorteil.
Was die anderen dazu zwingt, "nachzurüsten" bei Strafe des Untergangs.
Das gilt selbstverständlich nicht nur für das Auge, sondern für sämtliche Merkmale, die einen Vorteil verschaffen beim Kampf ums Dasein.
Diese Entwicklung verläuft nach dem Muster der Elliottwellen.
Dabei ist nicht zu vermeiden, dass einmal ein Lebewesen einen solch überlebenswichtigen Vorteil erringt, dass es alle anderen Lebewesen eliminiert, bevor diese mit der Entwicklung eines eigenen "Auges" nachrüsten können.
Die Elimination aller anderen evolutionär unterlegenen Lebewesen bedeutet Selbstverständlich auch den Untergang oder das Verschwinden desjenigen Lebewesens, welches zuerst einen uneinholbaren Vorteil im Kampf ums Dasein errungen hat.
So weit, so unabänderlich.
Nur, wo darin die Vernunft liegen soll, erschließt sich mir nicht, wenn die Evolution letzten Endes zur Zerstörung alles evolutionär hervorgebrachten führen muss.
Gruß Mephistopheles
--
„Wenn sich die Welt selbst zerstört, dann fängt es so an: Die Menschen werden zuerst treulos gegen die Heimat, treulos gegen die Vorfahren, treulos gegen das Vaterland. Sie werden dann treulos gegen die guten Sitten, gegen den Nächsten, gegen Frauen
Warum muss sie das denn?! (mT)
Melethron, Dienstag, 06.09.2011, 14:08 (vor 4827 Tagen) @ Mephistopheles
bearbeitet von Melethron, Dienstag, 06.09.2011, 14:13
Hey Mephistopheles,
Nur, wo darin die Vernunft liegen soll, erschließt sich mir nicht, wenn
die Evolution letzten Endes zur Zerstörung alles evolutionär
hervorgebrachten führen muss.
Warum muss sie das denn?! Unvernünftige Einzelfälle widerlegen das übrigens nicht. Man kann Vernunft ohne Unvernunft sowieso nicht fassen.
Werf hierzu mal einen Blick in diesen Aufsatz:
http://books.google.com/books?id=KTsFkMice54C&pg=PA145&lpg=PA145&dq=hegel+v...
Vorallem Punkt 2 ist relevant.
Grüße
melethron
PS: Der text passt übrigens hervorragend zu den "Wellen" und auch den Gründen für die Geisteshaltung unserer Forumsfatalisten.....
So machen wir's. Oder anders. Aber sofort.
moneymind , Montag, 12.09.2011, 00:22 (vor 4822 Tagen) @ Melethron
Hi,
So ziemlich genau das war das Resultat von Hegel in der RP. Die Geschichte
läuft sowieso wie sie läuft. Das war aber bei Hegel nichts Negatives,
weil instabile Gesellschaftszustände sich selbst zerstören und somit auf
sehr, sehr, sehr, lange Sicht (Hegel denkt eher in Jahrtausenden denn in
Jahrzehnten) ein stabiler Zustand erreicht wird.
Der dann eigentlich gemäss dialektischer Logik wiederum Instabilität erzeugen müsste, oder nicht?
Bei Hegel ist die
Geschichte wie die Evolution, sie bringt auf lange Sicht Vernünftiges
hervor, ohne dass dort eine Vernunft "walten" muss. Die Evolution hat 6 mal
das "Kamera Auge" erzeugt, ohne dass dort ein Plan (Design) dahinter
steckt. Das Wirkliche ist das Vernünftige....
In other words, wie der Schwob ganz ohne Lektüre der Hegel'schen "Phänomenologie" und der "Philosophie des Rechts" sagt: "hajo, so isch's halt, no wird's scho stemma so. Odr au et". Heut so, morgen anders. Ob besser oder schlechter, kommt eh immer drauf an, ist also im Grunde egal, da es eh wieder ins Gegenteil umschlägt.
Vermeintlich konstruktives ist
destruktiv und umgekehrt, bzw. es ist eine Frage der Definition.
Eine Frage der Perspektive und des Blickwinkels, ja.
Die gute alte Dialektik. Man nennt es "jene Kraft die stets das "Böse"
("Gute") will und doch das "Gute" ("Böse") schafft"
Leiten wir daraus mal einen Grundsatz fürs (polische und sonstige) Handeln ab:
"So macha mr's. Odr anderschd. Aber sofort."
Gruss
moneymind
--
BLOGGING: Never before have so many people with so little to say said so much to so few.
Marx
beni, Dienstag, 06.09.2011, 12:22 (vor 4827 Tagen) @ Melethron
Hallo Melethron,
Leider kann ich zu Hegel nichts sagen, denn mein Versuch Hegel zu verstehen ist bereits auf der ersten Seite von "Phänomänologie des Geistes" vor nunmehr 35 Jahren unter schmerzhaften Hirnkrämpfen kläglich gescheitert.
Das Problem der "Rationalitätenfalle" ist aus meiner Sicht kein erkenntnistheoretisches. Der Weg der Evolution ist der von Versuch und Irrtum, und wenn unser Planet es aushalten würde hätten wir sicher nach einigen (hundert) zivilisatorischen Crashs die kollektive Intelligenz entwickelt, die eine technische Zivilisation erfordert. Ameisen haben bei ihrer Staatenbildung einen ähnlichen Weg hinter sich. Jetzt weiss dort jeder, was er zu tun hat, ohne dass es Stress gibt. Leider hälts der Planet halt nicht nicht so lange aus. So weit so platt.
Der einzig positive Beitrag kann darin bestehen, zum beschleunigten Entwicklungsprozess der kollektiven Intelligenz beizutragen. Der Beitrag einer Gehirnzelle kann aber nicht darin bestehen, sich selbst ein einfaches Weltmodell zurechtzulegen und dieses dann in einer endlosen autistischen Dauersendung an alle anderen Zellen zu senden. So funktioniert kein Gehirn. Leider scheint mir dieses aber der Beitrag des Marxismus zu sein. Lob der Mauer!
Gruss, Benedikt
Antwort (mT)
Melethron, Dienstag, 06.09.2011, 13:30 (vor 4827 Tagen) @ beni
Hey Bene,
Leider kann ich zu Hegel nichts sagen, denn mein Versuch Hegel zu
verstehen ist bereits auf der ersten Seite von "Phänomänologie des
Geistes" vor nunmehr 35 Jahren unter schmerzhaften Hirnkrämpfen kläglich
gescheitert.
Das Problem der "Rationalitätenfalle" ist aus meiner Sicht kein
erkenntnistheoretisches.
Jein. In erster Linie ist es das natürlich nicht und die "Grundlinien der Philosophie des Rechts" ist natürlich auch kein erkenntnistheoretisches Werk. Andererseits gibt es aber Zusammenhänge in der "holistischen" Betrachtungsweise. Für Hegel ist nicht nur in der Erkenntnistheorie das Allgemeine das Konkrete und das Einzelne das Abstrakte und er versteht die Begriffe (aus gutem Grund) genau anderherum als üblich. Das Abstrakte ist für ihn ein isolierter Einzelfall der vom gesamten Kontext, vom Absoluten abstrahiert wurde. (Sehr schön dargestellt in diesem ironischen Text - der übrigens einfach zu lesen ist).
Aber nochmal zur Rechtsphilosophie. Darin beschreibt Hegel wie in solidarischen Gruppen durch die Entwicklung des "Rechts" die Moral durch die Sittlichkeit (das Recht) ersetzt wurde und es somit in bürgerlichen und frühbürgerlichen Gesellschaften zum Individualismus und Egoismus. Als Gegenpol zur individualistischen Gesellschaft sieht er einen starken Staat der die kollektiven Interessen vertritt. Dies setzt natürlich voraus, dass die Staatsdiener die "Einsicht in die Notwendigkeit" der kollektiven Intressen besitzen und individuelle oder mehrheitlichen Intressen aus der Staatsgewalt ferngehalten werden (daher auch seine Ablehnung der Demokratie, da das Interesse von Vielen nicht das Interesse von ALLEN ist). Und auch darin sah ihr die Gründe für den Untergang früherer Hochkulturen. da sich dort individuelle Intressengruppen über das Allgemeinwohl hinweggesetzt haben.
Der Weg der Evolution ist der von Versuch und
Irrtum, und wenn unser Planet es aushalten würde hätten wir sicher nach
einigen (hundert) zivilisatorischen Crashs die kollektive Intelligenz
entwickelt, die eine technische Zivilisation erfordert. Ameisen haben bei
ihrer Staatenbildung einen ähnlichen Weg hinter sich. Jetzt weiss dort
jeder, was er zu tun hat, ohne dass es Stress gibt. Leider hälts der
Planet halt nicht nicht so lange aus. So weit so platt.
Der einzig positive Beitrag kann darin bestehen, zum beschleunigten
Entwicklungsprozess der kollektiven Intelligenz beizutragen.
Ist eben die Frage wie man die Zerstörung der Erde betrachtet. Selbst wenn es einen atomaren Krieg geht und die Erde "vollkommen" Zerstört wird, hört das Leben nicht auf. Schaben und Ratten sind sehr strahlenresistent. Selbst wenn diese die Strahlung nicht aushalten gibt es noch Organismen wie Deinococcus radiodurans. Ich sehe eigentlich nicht wie das Leben auf der Erde (durch den Menschen) komplett zerstört werden soll. Sollte sich der Mensch wirklich ausrotten und dabei noch viele andere Spezies mit sich reißen, hat eben der Zweig der Evolution versagt, der uns hervorgebracht hat...
Der Beitrag
einer Gehirnzelle kann aber nicht darin bestehen, sich selbst ein einfaches
Weltmodell zurechtzulegen und dieses dann in einer endlosen autistischen
Dauersendung an alle anderen Zellen zu senden. So funktioniert kein Gehirn.
Leider scheint mir dieses aber der Beitrag des Marxismus zu sein. Lob der
Mauer!
Realsozialismus ist für mich ein ganz anderes Thema. Lenin hat die Rechnung eienr "vernünftigen Elite" ohne Stalin gemacht und fast alle marxisten haben noch nicht mal im Ansatz kapiert, dass die Abschaffung des Eigentums, nichts, aber auch gar nichts, mit der "Aufhebung" von Eigentum zu tun hat. Letzteres könnte man etwa in Lizenzen wie der GPL erkennen in dem sich das individuell rationale Positive Moment der Einklagbarkeit zum Zugang erhält, während gleichzeitig das kollektiv rational Moment des Nichtausschlusses enthalten ist. Diese Form des geistigen Eigentums ist vernünftig und wird sich über kurz oder lang immer mehr durchsetzten (zumindest wenn es nicht zum Kollaps kommt).
Gründe für eine derartige Entwicklung sehe ich im - von den Philosophen des 19. Jarhunderts - so geschmähten Nihilismus, dessen Überwindung nur durch seine volle Entfaltung geschehen kann. Der Vorteil des Nihilismus ist, dass er vollkommen undogmatisch ist, wodurch sich ein Pragmatismus durchsetzten kann. Ich erkenne eine derartige Entwicklung in der Internetgeneration. Dort wird auf Dinge wie Urheberrecht regelrecht geschissen, wie man am Erfolg von Seiten wie kino.to sieht. Die Schließung wird daran nichts ändern, wenn die Behörden eine Seite schließen gibt es mindestens 2 neue (kinox.to movie2k.to video2k.tv ....). Urheberrecht wird als "unpraktisch" angesehen und daher ignoriert. Dahinter steckt keine wirkliche Ideologie, kein Dogma, sondern reiner Pragmatismus. Diese Denkweise birgt mehr Potential zu "kollektiv rationalem" Handeln, als es die Parteispitze einer Einheitspartei jemals "anordnen" könnte.
Aber nochmal zu Marx, das Relevante sehe ich eigentlich in seiner Kritik am Staats <-> Gesellschafts dualismus, den er eben nicht aufheben konnte bzw. die Zeit nicht reif dafür sah. Marx kritik, dass man deswegen nicht einfach dasitzen kann und Däumchen drehen (aka. "Aussöhnung mit der Geschichte"), finde ich durchaus berechtigt. Das Ganze "Materialsmus Tam Tam" finde ich eigentlich irrelevant, da es eine Kritik "von Außen" ist. Aber die Kritik am Staats/Gesellschaftsdualismus ist eine Kritik, die sich an Hegels EIGENEN Maßstäben orientiert und somit auch ganz im Sinne des Jenaer Hegels.
Grüße
melethron
Nun?
tar , Gehinnom, Dienstag, 06.09.2011, 18:18 (vor 4827 Tagen) @ Melethron
Hallo,
Der Debitismus ist, was das ökonomische Erklärungsmodell angeht,
der Sicht von Marx und Gesell auf jeden Fall überlegen. Betrachtet man
aber die gesamte Problemstellung von Marx, so kratzt der Debitismus nur an
der Oberfläche herum.
Man kann ohne die Hegelsche Rechtsphilosophie Marx nicht wirklich verstehen...
Die Problemstellung des jungen (Jenaer) Hegels und Marx übersehen die meisten
Debitistiten, die es meistens nicht einmal probieren Lösungen anzubieten,
sondern in Fatalismus verweilen.
Um zwangsläufigen Missverständnissen vorzubeugen:
Was ist die Problemstellung von Hegel/Marx?
Gruß!
--
Gruß!™
Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.
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Optimistische Debitisten
Fabio , München, Montag, 05.09.2011, 20:41 (vor 4828 Tagen) @ Lex Mercatoria
Lieber Lex,
ganz herzlichen Dank für diese tiefsinnigen und menschlich-warmen Gedanken!
Ich möchte betonen, daß ich wirklich nicht "alle Debitisten" in einen Topf werfen möchte und es auch wirklich mein Fehler ist, daß ich "den Debitismus" in der Theorie immernoch nicht gut genug kenne, um ihm nicht u.U. individuelle Meinungen und Geistehaltungen von individuellen Debitisten fälschlicherweise zu attribuieren. Ich neige dann vielleicht dazu dem Debitismus eine destruktive "Haltung" zuzuschreiben, obwohl die Theorie an sich nur deskriptiv ist. Ich weiß zB nicht, ob es wirklich eine unumstrittene axiomatische debitistische Zwangsläufigkeit darstellt, daß die Zivilisation an sich ein Übel ist und in Schutt und Asche kollabieren wird und die Menschheit danach in Grüppchen von max. 150 Leuten weiterleben wird, oder ob das nur die persönliche Ansicht einiger Debististen ist. Ich würde gerne versuchen es nicht so weit kommen zu lassen und ich klammere mich einfach an die Hoffnung, daß es möglich ist.
Für das tiefere Verständnis der derzeitigen globalen Finanzlage ist der Debitismus auf jeden Fall unbezahlbar und ich bin auch den Debitisten sehr dankbar, mit denen ich auch zwischenmenschlicher Ebene Probleme habe. Für mich ist zB auch diese MMT für das Verständnis der US-Bondsmärkte sehr praktisch ist und ich kapiere bis heute nicht, wo genau die inhaltlichen theoretischen Differenzen der Debitisten mit den MMT`lern liegen. Ich kapiere aber auch nicht wirklich, weswegen "New Austrians" á la Antal Fekete sich so fürchterlich mit Mises-Institut-Austrians in die Haare kriegen müssen.
Das interessiert mich aber auch nur bis zu einem gewissen Grad.
Ich fürchte, die Zeiten denen wir entgegenblicken werden schlimm genug und ich freue mich einfach über jeden Mitmenschen, der weiter mitdenkt und das Zeitgeschehen mit einer konstruktiven Grundhaltung mitbegleitet, sei es ein Neo-Keynesianer wie Steve Keen, ein Debitist wie Du und viele andere, ein Onkel Otto (was ist der eigentlich? Sachwert-Debitist?), ein deflationistischer Austrian wie Mish oder ein Hard-Money-Austrian wie Ron Paul.
Herzliche Grüße
Fabio
--
“We are on strike against the dogma that the pursuit of one’s happiness is evil. We are on strike against the doctrine that life is guilt." John Galt
---------------------
DASH - Digital CASH
Debithermodynamik v1.2
Kurt, Freitag, 14.10.2011, 13:16 (vor 4789 Tagen) @ Fabio
Hi Fabio & erstmal danke an alle für den erbaulichen Thread,
hier nun noch "leicht" verspätet mein Bernd, wollte sagen Senf zum Thema, in der aktuellen Version 1.2.
Ich weiß zB nicht, ob es wirklich eine
unumstrittene axiomatische debitistische Zwangsläufigkeit darstellt, daß
[1] die Zivilisation an sich ein Übel ist und
[2] in Schutt und Asche kollabieren wird
Letzteres [2] ja, aber zwangsläufig erst in einigen Fantastillionen Jahren, wg. der Thermodynamik.
Ersteres [1] nein, da nicht axiomatisch begründet, sondern einer moralisch (häufig auch biografisch) motivierten Vorstellung von einer "guten" alten Zeit in einem anarchistischen Gleichgewichtszustand entsprungen -- im Gegensatz zum "bösen" und irreversiblen Ungleichgewicht des Wirtschaftens.
Im Leben = Evolution = Irreversibilität gibt es jedoch kein geschlossenes System im statischen Gleichgewicht (außer dem oben verlinkten Wärmetod), sondern nur offene Systeme im dynamischen Gleichgewicht, bei denen
- [Energie = Schuld = Geld] die
- [Erde = Gesellschaft = Wirtschaft] antreibend durchströmt, dabei an
- [Temperatur = Zwang = Wert] verliert, wobei am Schluss der nicht mehr nutzbare Rest in Form von
- [Anergie = Arschkarte* = Papier*] mittels
- [Solarkonstante = Meditation* = Haircut*] in Richtung
- [Weltall = Vergebung* = Abschreibung*] abgestrahlt werden muss.
MfG Kurt
*) temporäre Arbeitstitel der Version 1.2
der Debitismus kann die Welt retten, wenn kein Retter mehr in Sicht ist
Onkel Otto, Dienstag, 06.09.2011, 09:17 (vor 4827 Tagen) @ Lex Mercatoria
Bezug
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13586335/Warum-diese-Krise-viel-gefaehrlic...
Buschis Aufruf an die Ökonomen dieser Welt
„Das Bedrückende an der aktuellen Krise sind nicht die Parallelen zur
Lehman-Pleite. Vielmehr gibt es einen großen Unterschied: Es ist kein Retter
in Sicht.“
schreibt ein Thomas Exner heute früh in „Welt-online“. Die Retter könnt
jetzt nur Ihr Ökonomen sein – Ihr habt es bisher nicht geschafft, den
Politikern die Ökonomie zu erklären, weil Ihr sie an einem wichtigen Punkt
selbst nicht richtig verstanden habt. Wie funktioniert genau die Sache mit
dem Geld und der Wirtschaft? Die Streiterei darüber ist ja auch Kern der
Trennung in Keynesianer und Monetaristen. Nur gibt es kein Geldloch wie es
Keynes in Spekulationskassen vermutete, noch hat die ganze Wirtschafterei
was mit der Zentralbankgeldmenge der Monetaristen zu tun.
Der Buschi hat euch eine ökonomische Weltformel für eine Wirtschaft mit
Geld:
wirtschaftliches Gleichgewicht auf monetärer Ebene =
Geldsparpläne(Pläne für Einnahmeüberschüsse) + Kredittilgungen = solvente Neuverschuldungspläne(Pläne für Ausgabeüberschüsse) bereinigt um die
Exportsalden
und ein realwirtschaftliches Modell zum Nachrechnen gebastelt.
http://www.global-change-2009.com/blog/teil-3-die-vorfinanzierungswirtschaft-als-robins...
Damit könnt ihr jetzt die Welt retten – weil man mit einer funktionierenden
Grundformel auch vernünftige Politikempfehlung geben kann:
„Bei erschöpfter Verschuldungskapazität muss das Sparen jenseits der
Einnahmeüberschüsse(Geldsparen) als Selbstinvestition stattfinden und/oder
eine Umverteilung von Guthabenhaltern(Nachfrageschuldnern) zu Leuten
erfolgen- die gern als Ersatznachfrager für die Nachfrageschulden der Horter
auftreten“.
Was die Politik draus macht, ist erst mal ihr Ding – für Deutschland sehe
ich eine Stabilisierung bei Nullzins auf risikolose Geldhaltung durch eine
monetative Staatsgewalt um die Selbstinvestition anzuregen + eine kleines
Grundeinkommen aus der Besteuerung von Marktvermachtungen, Externalitäten
und der feudalistischen Vermögensverhältnisse. Aber dies kann auch jeder
anders sehen -Hauptsache es ist erst mal klar wie der Reaktor funktioniert –
sonst kommt es sehr bald zur Kernschmelze.
S ist immer gleich I – aber sobald I die massenweise Zwangsinvestitionen von
Unternehmern in ihren Lagerbestand ist, kommt beim derzeitigen Höhe der
Kredittilgungen und des Vertrauensverlustes ein Ding in Gang – was nicht an
einen Kindergeburtstag erinnert.
also, jetzt bitte schnell die Welt retten…
Wat mi nich in den Kopp geiht...
RogRog, Mittwoch, 07.09.2011, 00:37 (vor 4827 Tagen) @ Onkel Otto
Moin Oddo,
geevt dat keen Geldlock? Ick frog mi dat siet Johrn. Da gibt es so ein Buch, "Politische Ökonomie der Finanzmärkte" (2002), von dem linken Bremer Professor Jörg Huffschmid, in dem viel blabla, marxistische Begrifflichkeiten und längst überwundene wirtschaftswissenschaftliche Folklore steht, aber ein Gedanke ist interessant. Hier wurde er meines Wissens noch nie diskutiert:
"Der Begriff »Finanzmarkt« wird gewöhnlich als Oberbegriff der beiden Begriffe Kapitalmarkt und Geldmarkt benutzt. [...] Der Gebrauch des Oberbegriffs ist bemerkenswert jung. [...] [Sein] plötzliches Auftauchen bedeutet mehr als die Erfindung eines klassifikatorischen Oberbegriffes für Geld- und Kapitalmärkte. [Er] signalisiert zum einen, dass die Trennung zwischen den beiden Unterbegriffen unscharf wird [...] [und] zum anderen entwickeln Banken und andere Finanzunternehmen eine Vielzahl von neuen Finanz»instrumenten« und Finanz»innovationen«,die weder den klassischen Geldmärkten noch den Kapitalmärkten zugeordnetwerden können [...]."
Es gebe fünf Ebenen, in die der Finanzmarkt eingegliedert werden kann:
"1. Der Kreditmarkt, mit den Banken als Gläubigern auf der einen, Unternehmen, Regierungen und Privatpersonen als Schuldnern auf der anderen Seite.
2. Der Primärmarkt für Wertpapierfinanzierung, auf dem sich Unternehmendurch die Ausgabe von Aktien oder die Auflage von Anleihen und Regierungen durch Anleihen Finanzierungsmittel direkt beim Publikum beschaffen. Dies ist der klassische Kapitalmarkt, der überwiegend über die Börse abgewickelt wird. Finanzunternehmen sind hierbei nicht als Kreditgeber, sondern als Vermittler zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern tätig.
3. Der Sekundärmarkt für den Wertpapierhandel. Auf ihm werden bereits existierende Wertpapiere, deren Finanzierungsfunktion also bereits erfüllt ist, gehandelt. Dabei tritt das Anlegerinteresse an hohen Renditen und steigenden Kursen gegenüber dem Finanzierungsinteresse in den Vordergrund.
4. Der Markt für Währungen. Er ist zur Abwicklung des internationalen Handels sowie grenzüberschreitender Investitionen erforderlich, hat sich aber weit über diese Funktion hinaus zu einem der bevorzugten Spekulationsmärkte entwickelt.
5. Der Markt für abgeleitete Finanz»instrumente« (Derivate), die sich auf finanzielle Forderungen und Verpflichtungen in der Zukunft beziehen. Dabei steht zum einen ihre Sicherungsfunktion gegen Preisänderungen, zum anderen die Spekulation im Vordergrund."
Die empirische Realität passt jetzt nicht ganz zu Deiner S=I-These, wenn ich das richtig verstehe. Huffschmid spricht von den 80er- und 90er-Jahren:
"Der Umfang der Finanzmärkte ist in den letzten 20 Jahren stark gewachsen, sehr viel stärker als die Investitionen oder die Produktion. Dennoch werden Investitionen von Unternehmen nach wie vor zum größten Teil nicht extern, sondern aus selbst erwirtschafteten Mitteln finanziert. Es erscheint paradox: Der Anteil der Unternehmensinvestitionen, der über die Finanzmärkte finanziert wird, hat in den letzten beiden Jahrzehnten - als die Finanzmärkte explodierten - in den entwickelten Industrieländern im Trend nicht zu-, sondern sogar abgenommen (vgl. Schaubild l)."
Oder hast Du eine Erklärung dafür? Schaubild 1 ist auf S. 26. Was ist nun so besonders am Wertpapierhandel?
"Börsen sind nicht nur Einrichtungen, auf denen Unternehmen und Regierungen sich Finanzmittel beschaffen können. Sie sind gleichzeitig Märkte, auf denen mit Wertpapieren gehandelt wird. Beide Funktionen hängen zwar zusammen, sie sind aber keineswegs miteinander identisch, und ihr Zusammenhang hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten erheblich gelockert. [...] Die Hauptthese dieses Kapitels ist, dass die treibende Kraft der Finanzmärkte der Übergang von der Investitionsfinanzierung zum Finanzinvestment ist."
Empirisch ist das Verhältnis zwischen Aktienbestand und Aktienhandel im Schaubild 6 auf S. 39 abgebildet. Wie soll ich mir das jetzt erklären?
Ich habe zur Verbindung zwischen Primär- und Sekundärmarkt folgendes Modell im Kopf: Ein Unternehmen will sich durch Wertpapiere finanzieren. Es bietet eines für 100€ an. A kauft sich das Wertpapier. Das Unternehmen hat jetzt 100€ zur Verfügung und finanziert seine Produktion. Das ist der Primärmarkt. A bietet jetzt das Wertpapier für 105€ an. B kauft ihm das Wertpapier ab. Das ist der Sekundärmarkt.
Jetzt kommt das Problem mit dem Geldloch.
A könnte jetzt für 105€ im Baumarkt einkaufen gehen. Dann gebe es kein Geldloch. Was ist aber, wenn A wieder ein bereits emittiertes Wertpapier kauft? Etwa für 80€ und mit dem Rest kurbelt er die Wirtschaft an. Oder er legt noch 15€ drauf und kauft sich für 120€ ein Wertpapier. Oder er bleibt bei den 105€ - egal...
Jetzt könnte der Einwand kommen: Kein Problem! Derjenige, der das bereits emittierte Wertpapier verkauft, kann ja jetzt in den Baumarkt gehen --> kein Geldloch!
Aber wäre das nicht eine Spekulation? Theoretisch kann man doch nicht ausschließen, dass der Verkäufer des Wertpapiers wieder bereits emittierte Wertpapiere kauft, genau wie A, oder doch? Was machen denn Börsenhändler den ganzen Tag so, außer Geld hin- und herschieben? Der ganze Vorgang sehe dann wie eine Kette von Eigentumswechseln der Wertpapiere aus, die keinen Bezug zu realwirtschaftlichen Vorgängen haben.
Ich will nicht sagen, dass Geld in einem Loch rumliegt - außer vllt nach Börsenschluss auf dem Girokonto. Ich will sagen, dass das Geld mit dem Handel im Sekundärmarkt nicht in der Realwirtschaft zwangsweise ankommen muss. Wie passt der Sekundärmarkt mit Deiner S=I-These zusammen?
wo ist das Geldloch?
Onkel Otto, Donnerstag, 08.09.2011, 11:20 (vor 4825 Tagen) @ RogRog
bearbeitet von Onkel Otto, Donnerstag, 08.09.2011, 12:03
Moin Oddo,
geevt dat keen Geldlock? Ick frog mi dat siet Johrn.
Moin rogrog,
nicht nur Du, die Freiwirte suchen es im gehorteten Bargeld, die Keynesianer suchen es in der Spekulationskasse, Deine Gedanken gehen also wohl Richtung Keynes…
Nun wissen wir doch aber als alte Debitisten, selbst ein schwarzes Schaaf wie ich, dass es gar kein Nettogeld gibt. Kann es dann ein Nettogeldloch geben? Deswegen ist doch zuerst mal die Grundsatzfrage zu stellen – WAS hat den WIE genau realwirtschaftlichen Einfluss?
Offensichtlich sind die Einnahmen des Einen die Ausgaben des Anderen. Die „Tauschgelddingleute“ ala say sches Theorem sagen nun, wenn einer sein Einkommen nicht wieder ausgibt, wird es halt via Geldding verliehen. So sind ja die Freunde Gesells auch zu ihrer Argumentation der Umlaufsicherung gekommen.
Nun wissen wir, alles Käse, die Geschichte in der Mitte zu beginnen. Alles Einkommen und alle Ware muss erstmal mittels Vorfinanzierung geschaffen werden. Diese debitistische Sicht der Wirtschaft als Vorfinanzierungsprozess schafft ja erstmal die Vorraussetzungen, dass wir über die Realität reden. Dort liegt ja auch die unschätzbare Leistung von Vordenkern wie H/S und dem @dottore. Die Tauschtheoretiker kommen doch genau deshalb nicht vorwärts, weil sie ihre Überlegungen auf das falsche Fundament aufbauen. Auch der Debitismus sollte aber so alle 5- 25 Jahre mal ein paar neue Gedanken abkönnen. Wenn ich ein paar andere Schlüsse als der Meister ziehe, soll wenn sie denn richtig sind, die Leistungen "der Alten" ja auch nicht abwerten sondern vielmehr aufwerten. Weil ein funktionierendes EXAKTES Denkgebäude für Wirtschaften mit Geld, dass ist doch gerade die Jahrhundert-Baustelle der Ökonomie und damit der Ritterschlag für den Debitismus. Glücklicherweise wird mit meinen Ergänzungen der Debitismus auch auf einmal zu einem konstruktiven Lösungsbaukasten.
Worum geht es also beim realwirtschaftlichen Einfluss des per Saldo gar nicht existenten Geldes?
Wirtschaftliches Gleichgewicht besteht, wenn die Pläne der Wirtschaftsubjekte übereinstimmen. Du willst mir etwas verkaufen und ich möchte es haben. Ich möchte Geld sparen, Du möchtest Dich verschulden. Alles schick – dafür haben wir Märkte und i.d.R. freie Preise, um diese Pläne abzugleichen.
Ein makroökonomisches Gleichgewicht besteht, wenn die Pläne für Einnahmeüberschüsse mit den Plänen für Ausgabeüberschüsse übereinstimmen.
Dies ist die Grundformel ökonomischen Gleichgewichts, der Debitismus schafft aber wichtige Ergänzungen. Die hohen Kredittilgungen sind als aus Vorperioden determinierte Einnahmeüberschüsse der Geschäftsbanken zuzurechnen.
Und daraus ergibt sich nun wieder die Dimension des Neuverschuldungsbedarfs. Wenn wir in Deutschland so ca. 12% des Volkseinkommens Kredittilgungen haben, ergibt dies mit ca. 8% vom Volkseinkommen Plänen für private Einnahmeüberschüsse zusammen also ca. 20% vom Volkseinkommen freiwilligen Neuschuldnerbedarf. Werden diese „Freiwilligen“ nicht mehr gefunden, investieren die Unternehmer unfreiwillig in ihren Lagerbestand, streichen danach die Investitionen und damit ihre eigenen freiwilligen Ausgabeüberschüsse – die Kettenreaktion der Unternachfrage kommt zusätzlich auch über nun einsetzendes Angstsparen der Nichtunternehmer (zusätzliche Einnahmeüberschüsse) in Gang.
In unserem Krisenmechanismus geht also nicht um Geldlöcher, sondern um unfreiwillige Ausgabeüberschüsse und die Reaktionen darauf. Und natürlich kommt dann auch die Unmöglichkeit von Ausgabeüberschüssen für Kredittilgungen und Verluste und damit die Pleitewelle und die Verweigerung der Finanzierung von Ausgabeüberschüssen(Credit-Crunch) dazu.
Ein makroökonomisches Gleichgewicht besteht, wenn die Pläne für Einnahmeüberschüsse mit den Plänen für Ausgabeüberschüsse übereinstimmen
so weit noch mal – und nun endlich Deine eigentliche Frage.
Was hat der ganze Finanzzirkus mit der Realwirtschaft zu tun? Er hat insofern Einfluss, wie er Pläne für Ausgabeüberschüsse und Einnahmeüberschüsse in der Realwirtschaft tangiert!
Ich nenne die monetär bedingte Zusatznachfrage jetzt mal „positiv“.
Wird ein Kredit für reale Ausgabeüberschüsse gewährt = positiver Einfluss
Wird ein Kredit zur Verbesserung der Liquiditätsreserven aufgenommen = kein Einfluss
Wird aus Guthabenhaltung am Sekundärmarkt ein Wertpapier mit Gewinn für den Verkäufer gekauft – kein Einfluss, wenn nun der Verkäufer mit dem Guthaben keine Ausgabeüberschüsse plant. Es ist völlig egal, wie das Nichtnachfragen dokumentiert wird!
wenn der Verkäufer mit dem Guthaben nun ersatzweise für den bisherigen Guthabenhalter nachfragt = positiver Einfluss. Dann hat er zwar im ersten Schritt nur die Dokumentationsform seines Nichtnachfragens gewechselt, im zweiten Schritt diesen Wechsel in ein Zahlungsmittel zum Nachfragen genutzt. Aber auch hier ist es wie beim Kredit. Das Eigentliche sind die Pläne für Einnahmeüberschüsse und Ausgabeüberschüsse – die monetäre Ebene ermöglicht nur diese Pläne umzusetzen. Deswegen ist auch beides richtig – die Wirtschaft wird von Stimmungen gelenkt - Die Wirtschaft wird vom Geld gelenkt. Pläne ohne Finanzierung lassen sich nicht umsetzen. Ohne Pläne für Ausgabeüberschüsse nützen aber auch die schönsten Finanzierungsangebote nichts. Und eben der ganze Rückkopplungskram wie oben beschrieben.
> Wie passt der Sekundärmarkt mit Deiner S=I-These zusammen?
Schau Dir bitte noch mal mein Inselbeispiel an - Sparen und Investieren sind realwirtschaftliche Vorgänge, Robinson muss auf den Konsum von realen Nüssen verzichten, um Freitag die Investition in sein Boot zu ermöglichen. Später muss er reichlich realen Fisch nachfragen, um das System im Lot zu halten. Als er sich der realen Nachfrage verweigert, also real Sparen will, kippt das System zusammen, weil die Pläne für Einnahmeüberschüsse größer sind als die Pläne für Ausgabeüberschüsse. Der sofortige Zusammenbruch resultiert aus der fehlenden Finanzierung für eine Zwangsverschuldung Freitags, mit einem Dispo ginge es erstmal weiter…die Abwärtsspirale beim Inselsozialprodukt gäbe es aber trotzdem.
Wir könnten uns jetzt noch allen möglichen Finanzfirlefanz ausdenken, Einfluss hätte es nicht, solange nicht die reale Nachfrage tangiert ist. Aber ein schöner Trick wäre es jetzt, Freitags Boot als "Wertgeld" zu verbriefen und Robinson dies zur Befriedigung seiner Geldsparfreude anzubieten – deswegen sehe ich in diesem Kunstgriff eine tolle Möglichkeit für ein Happyend. Das Schuldgeld hat heute ein Problem, sein übermäßiger Missbrauch zum Zwecke der Wertaufbewahrung. Da Geldhaltung aber nun mal soooo geil ist, muss Geld teilweise als Wert(aufbewahrungs)geld einfach neu definiert werden. Zur Wertschöpfung kommen wir an Schuldgeld nicht vorbei, weil bei der Wertschöpfung nun mal viel Zeit vergeht. Aber jedes Ding hat halt sein Maß -für Schuldgeld ist es der Kreditbedarf „guter“ Privatschuldner.
lG, Jörg
Musst mich noch ein büschen genauer aufklären!
RogRog, Donnerstag, 08.09.2011, 23:41 (vor 4825 Tagen) @ Onkel Otto
Danke für die ausführliche Antwort. Ich habe da noch ein paar Detailfragen und Anmerkungen.
nicht nur Du, die Freiwirte suchen es im gehorteten Bargeld, die
Keynesianer suchen es in der Spekulationskasse, Deine Gedanken gehen also
wohl Richtung Keynes…
Auch die Marxisten (Unterkonsumtion). Allerdings gehen meine Gedanken nicht in Richtung Keynes. Der stellt sich das ja so vor, dass das Geld in einer Kasse gehalten wird. In meiner Vorstellung wird es nicht gehalten.
Nun wissen wir doch aber als alte Debitisten, selbst ein schwarzes Schaaf
wie ich, dass es gar kein Nettogeld gibt.
Kannst Du den Begriff Nettogeld mal eindeutig definieren? Den gibt es nämlich gar nicht und ich kann mir darunter nur vage etwas vorstellen.
Kann es dann ein Nettogeldloch
geben?
Das habe ich gesagt? Naja, mal sehen. Kläre mich erstmal auf!
Deswegen ist doch zuerst mal die Grundsatzfrage zu stellen – WAS
hat den WIE genau realwirtschaftlichen Einfluss?Offensichtlich sind die Einnahmen des Einen die Ausgaben des Anderen.
Ja.
Die
„Tauschgelddingleute“ ala say sches Theorem sagen nun, wenn einer sein
Einkommen nicht wieder ausgibt, wird es halt via Geldding verliehen. So
sind ja die Freunde Gesells auch zu ihrer Argumentation der Umlaufsicherung
gekommen.
Ja.
Nun wissen wir, alles Käse, die Geschichte in der Mitte zu beginnen.
Alles Einkommen und alle Ware muss erstmal mittels Vorfinanzierung
geschaffen werden. Diese debitistische Sicht der Wirtschaft als
Vorfinanzierungsprozess schafft ja erstmal die Vorraussetzungen, dass wir
über die Realität reden. Dort liegt ja auch die unschätzbare Leistung
von Vordenkern wie H/S und dem @dottore.
Richtig.
Die Tauschtheoretiker kommen doch
genau deshalb nicht vorwärts, weil sie ihre Überlegungen auf das falsche
Fundament aufbauen. Auch der Debitismus sollte aber so alle 5- 25 Jahre mal
ein paar neue Gedanken abkönnen. Wenn ich ein paar andere Schlüsse
als der Meister ziehe, soll wenn sie denn richtig sind, die Leistungen "der
Alten" ja auch nicht abwerten sondern vielmehr aufwerten. Weil ein
funktionierendes EXAKTES Denkgebäude für Wirtschaften mit Geld, dass ist
doch gerade die Jahrhundert-Baustelle der Ökonomie und damit der
Ritterschlag für den Debitismus. Glücklicherweise wird mit meinen
Ergänzungen der Debitismus auch auf einmal zu einem konstruktiven
Lösungsbaukasten.
Sehr ambitioniert! Ich mag diesen unternehmerischen Habitus.
Worum geht es also beim realwirtschaftlichen Einfluss des per Saldo gar
nicht existenten Geldes?Wirtschaftliches Gleichgewicht besteht, wenn die Pläne der
Wirtschaftsubjekte übereinstimmen.
Das drückst Du sehr gut aus. "Pläne" - die Zwangsjacke unseres unspontanen widernatürlichen ökonomischen Systems. Das nur am Rande (muss diesen Gedanken mal für mich persönlich weiterverfolgen)...
Du willst mir etwas verkaufen und ich
möchte es haben. Ich möchte Geld sparen, Du möchtest Dich verschulden.
Sehr liberal ausgedrückt. Das erfreut jeden Behavioristen!
Alles schick – dafür haben wir Märkte und i.d.R. freie Preise, um diese
Pläne abzugleichen.
Ein makroökonomisches Gleichgewicht besteht, wenn die Pläne für
Einnahmeüberschüsse mit den Plänen für Ausgabeüberschüsse
übereinstimmen.Dies ist die Grundformel ökonomischen Gleichgewichts, der Debitismus
schafft aber wichtige Ergänzungen.
Okay.
Die hohen Kredittilgungen sind als
aus Vorperioden determinierte Einnahmeüberschüsse der Geschäftsbanken
zuzurechnen.
Diesen Satz verstehe ich nicht. Meinst Du mit "zurechnen", dass das, was Du da beschreibst, in die Theorie mit einbezogen werden muss? Heißt der Satz inhaltlich "Kredittilgung = Einnahmeüberschuss der GB"? Wieso Überschuss? Wieso determiniert? Weil Kredittilgungen vertraglich bestimmt sind?
Und daraus ergibt sich nun wieder die Dimension des
Neuverschuldungsbedarfs. Wenn wir in Deutschland so ca. 12% des
Volkseinkommens Kredittilgungen haben, ergibt dies mit ca. 8% vom
Volkseinkommen Plänen für private Einnahmeüberschüsse zusammen also ca.
20% vom Volkseinkommen freiwilligen Neuschuldnerbedarf.
Verstehe ich nicht. Ist der Gedanke so: Um einen Kredit zu tilgen, braucht man eine Einnahme. Eine Einnahme ist aber die Ausgabe eines anderen. Der Andere kann aber nur ausgeben, wenn er selbst einnimmt - in diesem Fall wäre das Problem nur verschoben - oder einen Kredit aufnimmt. Daraus + Sparen (? siehe unten) ergibt sich der Neuverschuldungsbedarf.
Werden diese
„Freiwilligen“ nicht mehr gefunden, investieren die Unternehmer
unfreiwillig in ihren Lagerbestand, streichen danach die Investitionen und
damit ihre eigenen freiwilligen Ausgabeüberschüsse – die Kettenreaktion
der Unternachfrage kommt zusätzlich auch über nun einsetzendes
Angstsparen der Nichtunternehmer (zusätzliche Einnahmeüberschüsse) in
Gang.
Ist Einnahmeüberschuss = Sparen bzw. Nicht-Nachfragen? Dann würde ja obiger Satz bedeuten Kredittilgung = Sparen der GB... Das würde meine Verwirrung verstärken.
In unserem Krisenmechanismus geht also nicht um Geldlöcher, sondern um
unfreiwillige Ausgabeüberschüsse und die Reaktionen darauf.
So jedenfalls nach Deiner Theorie.
Und
natürlich kommt dann auch die Unmöglichkeit von Ausgabeüberschüssen
für Kredittilgungen und Verluste und damit die Pleitewelle und die
Verweigerung der Finanzierung von Ausgabeüberschüssen(Credit-Crunch)
dazu.
Ein makroökonomisches Gleichgewicht besteht, wenn die Pläne für
Einnahmeüberschüsse mit den Plänen für Ausgabeüberschüsse
übereinstimmenso weit noch mal – und nun endlich Deine eigentliche Frage.
Ah, endlich!
Was hat der ganze Finanzzirkus mit der Realwirtschaft zu tun? Er hat
insofern Einfluss, wie er Pläne für Ausgabeüberschüsse und
Einnahmeüberschüsse in der Realwirtschaft tangiert!
Was ist ein Ausgabeüberschuss? Bis hierhin erstmal, weil ich vollkommen verwirrt bin und heute eh nicht denken kann.
Ich nenne die monetär bedingte Zusatznachfrage jetzt mal „positiv“.
Wird ein Kredit für reale Ausgabeüberschüsse gewährt = positiver
Einfluss
Wird ein Kredit zur Verbesserung der Liquiditätsreserven aufgenommen =
kein EinflussWird aus Guthabenhaltung am Sekundärmarkt ein Wertpapier mit Gewinn für
den Verkäufer gekauft – kein Einfluss, wenn nun der Verkäufer mit dem
Guthaben keine Ausgabeüberschüsse plant. Es ist völlig egal, wie das
Nichtnachfragen dokumentiert wird!wenn der Verkäufer mit dem Guthaben nun ersatzweise für den bisherigen
Guthabenhalter nachfragt = positiver Einfluss. Dann hat er zwar im ersten
Schritt nur die Dokumentationsform seines Nichtnachfragens gewechselt, im
zweiten Schritt diesen Wechsel in ein Zahlungsmittel zum Nachfragen
genutzt. Aber auch hier ist es wie beim Kredit. Das Eigentliche sind die
Pläne für Einnahmeüberschüsse und Ausgabeüberschüsse – die
monetäre Ebene ermöglicht nur diese Pläne umzusetzen. Deswegen ist auch
beides richtig – die Wirtschaft wird von Stimmungen gelenkt - Die
Wirtschaft wird vom Geld gelenkt. Pläne ohne Finanzierung lassen sich
nicht umsetzen. Ohne Pläne für Ausgabeüberschüsse nützen aber auch die
schönsten Finanzierungsangebote nichts. Und eben der ganze
Rückkopplungskram wie oben beschrieben.
Wie passt der Sekundärmarkt mit Deiner S=I-These zusammen?
Schau Dir bitte noch mal mein
Inselbeispiel
an - Sparen und Investieren sind realwirtschaftliche Vorgänge, Robinson
muss auf den Konsum von realen Nüssen verzichten, um Freitag die
Investition in sein Boot zu ermöglichen. Später muss er reichlich realen
Fisch nachfragen, um das System im Lot zu halten. Als er sich der realen
Nachfrage verweigert, also real Sparen will, kippt das System zusammen,
weil die Pläne für Einnahmeüberschüsse größer sind als die Pläne
für Ausgabeüberschüsse. Der sofortige Zusammenbruch resultiert aus der
fehlenden Finanzierung für eine Zwangsverschuldung Freitags, mit einem
Dispo ginge es erstmal weiter…die Abwärtsspirale beim Inselsozialprodukt
gäbe es aber trotzdem.Wir könnten uns jetzt noch allen möglichen Finanzfirlefanz ausdenken,
Einfluss hätte es nicht, solange nicht die reale Nachfrage tangiert ist.
Aber ein schöner Trick wäre es jetzt, Freitags Boot als "Wertgeld" zu
verbriefen und Robinson dies zur Befriedigung seiner Geldsparfreude
anzubieten – deswegen sehe ich in diesem Kunstgriff eine tolle
Möglichkeit für ein Happyend. Das Schuldgeld hat heute ein Problem, sein
übermäßiger Missbrauch zum Zwecke der Wertaufbewahrung. Da Geldhaltung
aber nun mal soooo geil ist, muss Geld teilweise als
Wert(aufbewahrungs)geld einfach neu definiert werden. Zur Wertschöpfung
kommen wir an Schuldgeld nicht vorbei, weil bei der Wertschöpfung nun mal
viel Zeit vergeht. Aber jedes Ding hat halt sein Maß -für Schuldgeld ist
es der Kreditbedarf „guter“ Privatschuldner.lG, Jörg
ich versuchs...
Onkel Otto, Freitag, 09.09.2011, 17:57 (vor 4824 Tagen) @ RogRog
hallo RogRog,
danke für Rückmeldung
Kannst Du den Begriff Nettogeld mal eindeutig definieren? Den gibt es
nämlich gar nicht und ich kann mir darunter nur vage etwas vorstellen.
Na ja, lohnt eigentlich nicht, irgendwie Geld-Guthaben ohne zugehörige Geld-Schulden? Vielleicht ein andermal tiefer - habe ja mit meinen Sachwertverbriefungen vielleicht doch eine praktische Idee für ein schuldfreies "Wertaufbewahrungsgeld" = nicht kreditgehebelter Fond.
Normales "Wertschöpfungsgeld" kommt an der Schuld nicht vorbei...
Kann es dann ein Nettogeldloch
geben?
Das habe ich gesagt?
Nein - war rhetorische Frage
Die hohen Kredittilgungen sind als
aus Vorperioden determinierte Einnahmeüberschüsse der Geschäftsbanken
zuzurechnen. [/b]
Diesen Satz verstehe ich nicht. Meinst Du mit "zurechnen", dass das, was
Du da beschreibst, in die Theorie mit einbezogen werden muss? Heißt der
Satz inhaltlich "Kredittilgung = Einnahmeüberschuss der GB"?
Ja - und da diese mit wachsender Kreditmenge immer größer werden....
Wieso Überschuss? Wieso determiniert? Weil Kredittilgungen vertraglich
bestimmt sind?
Ja genau
Und daraus ergibt sich nun wieder die Dimension des
Neuverschuldungsbedarfs. Wenn wir in Deutschland so ca. 12% des
Volkseinkommens Kredittilgungen haben, ergibt dies mit ca. 8% vom
Volkseinkommen Plänen für private Einnahmeüberschüsse zusammen also
ca.
20% vom Volkseinkommen freiwilligen Neuschuldnerbedarf.
Verstehe ich nicht. Ist der Gedanke so: Um einen Kredit zu tilgen,
braucht man eine Einnahme.
Ja und Deine Ausgaben welche Du für die Kredittilgung verwendest, sind zwar Einnahmen der Bank, aber diese Einnahmen werden eben kausal nicht zu Ausgaben. Weil sie sich ja bei der Geldvernichtung in Luft auflösen. Von ihrer Zinsmarge zahlt die Bank ja ihre Kosten und Aktionäre sowie Sparzinsen, macht also zumindest zum großen Teil wieder Ausgaben. Aber die Kredittilgungen sind kausal Einnahmeüberschüsse der Bank und bedürfen des Ausgleichs durch Neuverschuldung.
Eine Einnahme ist aber die Ausgabe eines
anderen. Der Andere kann aber nur ausgeben, wenn er selbst einnimmt - in
diesem Fall wäre das Problem nur verschoben - oder einen Kredit aufnimmt.
Daraus + Sparen (? siehe unten) ergibt sich der Neuverschuldungsbedarf.
Ja, genau so
Werden diese
„Freiwilligen“ nicht mehr gefunden, investieren die Unternehmer
unfreiwillig in ihren Lagerbestand, streichen danach die Investitionen
und
damit ihre eigenen freiwilligen Ausgabeüberschüsse – die
Kettenreaktion
der Unternachfrage kommt zusätzlich auch über nun einsetzendes
Angstsparen der Nichtunternehmer (zusätzliche Einnahmeüberschüsse)
in
Gang.
Ist Einnahmeüberschuss = Sparen bzw. Nicht-Nachfragen?
Ja
Dann würde ja
obiger Satz bedeuten Kredittilgung = Sparen der GB... Das würde meine
Verwirrung verstärken.
Nein, nur Einnahmeüberschuss, aber diese bedingen nun mal die Ausgabeüberschüsse.
Was ist ein Ausgabeüberschuss?
Ist wenn Du innerhalb einer Periode mehr ausgibst als Du einnimmst, dies geht außer mit Zahlungsmittelbeständen aus Vorperioden nur mit Kreditaufnahme.
Bis hierhin erstmal, weil ich vollkommen verwirrt bin und heute eh nicht denken kann.
na dann, ein erholsames Wochenende wünscht der Jörg
Daten
Thor, Mittwoch, 14.09.2011, 07:20 (vor 4820 Tagen) @ Onkel Otto
Hallo Jörg,
wo hast Du diese Daten her?
Und daraus ergibt sich nun wieder die Dimension des
Neuverschuldungsbedarfs. Wenn wir in Deutschland so ca. 12% des
Volkseinkommens Kredittilgungen haben, ergibt dies mit ca. 8% vom
Volkseinkommen Plänen für private Einnahmeüberschüsse zusammen also ca.
20% vom Volkseinkommen freiwilligen Neuschuldnerbedarf.
Gruss