alle gucken nach New Hampshire : Huckabee : Obama
Gut zwei Wochen vor dem Beginn der Vorwahlen für die amerikanische Präsidentschaft herrscht in beiden Parteien Hochspannung. Bei den Demokraten liegen Obama und Clinton Kopf an Kopf; bei den Republikanern sorgt der Aufsteiger Huckabee für Überraschung.
Im amerikanischen Wahlkampf hat sich wieder einmal eine alte Grundregel bestätigt: Mit Überraschungen ist zu rechnen. Barack Obama bei den Demokraten und Mike Huckabee bei den Republikanern – auf diese Kombination hatte vor einem Jahr wohl niemand getippt. Trotzdem sind es diese Politiker, die heute in den Umfragen im mittelwestlichen Teilstaat Iowa, dem Schauplatz der ersten Vorwahl am 3. Januar, in Führung liegen. Der dunkelhäutige Jungpolitiker aus Chicago hatte zu Beginn seiner Kampagne zwar viel Enthusiasmus im demokratischen Fussvolk erzeugt, aber gegen den Herbst hin schien seine Aura am Verblassen: Hillary Clinton, die gewiefte und gut vernetzte Wahlkämpferin, schien einem sicheren Sieg entgegenzusegeln. Bei den Republikanern war von Beginn weg alles unübersichtlicher. Aber im November schien sich auch hier so etwas wie Klarheit abzuzeichnen – ein Zweikampf zwischen zwei Exekutivpolitikern aus dem Nordosten des Landes, dem New Yorker Rudy Giuliani und dem Bostoner Mitt Romney. Es kam anders.
Huckabee – nur eine Seifenblase?Obama liegt inzwischen laut Umfragen nicht nur in Iowa knapp in Führung, sondern bedrängt Clinton auch in New Hampshire, wo fünf Tage nach den Nominationsversammlungen von Iowa die erste Primärwahl an der Urne stattfinden wird. Nach aller Erfahrung wäre ein doppelter Sieg in diesen Staaten vorentscheidend; Gewissheit herrscht aber auch in diesem Punkt nicht. Beide Demokraten verfügen über die Mittel, um die Auseinandersetzung wochenlang weiter auszufechten. Dazu kommt noch der Dritte im Bunde, John Edwards, der sich Hoffnungen auf einen Überraschungserfolg in Iowa machen kann. Bei den Republikanern sind es sogar vier Politiker, die reale Chancen auf die Präsidentschaftsnomination ihrer Partei behalten: Huckabee hofft, dass ihn ein Sieg in Iowa endgültig in eine Favoritenrolle katapultieren und ihm damit auch Geldmittel erschliessen wird, die er für eine nationale Kampagne dringend braucht. Romney, der in Iowa rund zwanzigmal so viel Geld in den Wahlkampf gesteckt hat, kann weiter hoffen, dass die Huckabee-Blase rechtzeitig platzen wird, denn unter dem nationalen Scheinwerferlicht kommen nun auch immer mehr Schwachstellen Huckabees zum Vorschein.
Auf die Kurzlebigkeit des Huckabee-Phänomens setzt auch John McCain. Der bilderstürmerische Senator, dessen Kampagne im Sommer dem Kollaps nahe schien, liegt laut Umfragen in New Hampshire nun wieder an zweiter Stelle hinter Romney. McCain hofft auf eine Wiederholung seines Erfolgs von 2000, als er in New Hampshire den Favoriten George W. Bush zu bezwingen vermochte. Er ist ein unbequemer Kopf und liegt mit vielen Parteibonzen im Streit, aber seine Gradlinigkeit verschafft ihm Ansehen über seine Partei hinaus. Illustriert wird dies durch Wahlempfehlungen, die in den letzten Tagen für McCain abgegeben wurden: vom «Des Moines Register», der wichtigsten Zeitung Iowas, vom «Boston Globe», dem publizistischen Flaggschiff in Romneys Heimat, und vom früheren demokratischen Vizepräsidentschaftskandidaten Lieberman, der nur noch mit halbem Fuss in seiner Partei steht.
Ein aussichtsreicher Bewerber bleibt auch Giuliani, obwohl er eine äusserst riskante Strategie verfolgt. Er hat Iowa und New Hampshire praktisch aufgegeben und setzt fast alles auf eine Karte – einen Sieg in der Primärwahl von Florida vom 29. Januar. Übers Wochenende machte er erneut im bevölkerungsreichen «Sonnenschein-Staat» Wahlkampf, und tatsächlich liegt er dort in den Umfragen klar im Vorsprung. Aber es ist seit Jahrzehnten nie mehr vorgekommen, dass ein Bewerber mit einem derart späten Erfolg die innerparteiliche Konkurrenz noch überrumpeln konnte. Als wäre die Ausgangslage nicht unübersichtlich genug, gibt es bei den Republikanern auch noch ein Kuriosum, den Texaner Ron Paul. Der radikale Kämpfer für weniger Staat und aussenpolitischen Isolationismus ist zwar chancenlos, verfügt aber über eine begeisterte Fangemeinde: Soeben hat er einen neuen Rekord im Sammeln von Spenden über das Internet erzielt; innerhalb von 24 Stunden nahm er 6 Millionen Dollar von 58 000 Geldgebern ein. Punkto Finanzerfolge stellt Paul somit selbst prominentere Politiker wie Giuliani und Romney in den Schatten.
Bill Clinton mischt mitGeld reicht zum Sieg jedoch nicht aus, und entschieden wird der Wahlkampf ohnehin nicht im Internet. In Gemeindesälen, Cafés und Turnhallen in Iowa werden die Präsidentschaftsanwärter bis Weihnachten und dann gleich nach den Feiertagen erneut um unentschlossene Wähler buhlen. Obama und Huckabee können sich ihrer Führungsposition keineswegs sicher sein. Doch für den Fall, dass sie am 3. Januar trotzdem am meisten Stimmen erhalten, halten die Konkurrenten bereits eine Gegenstrategie bereit: Sie stellen sich als «Underdogs» dar und hoffen, dass dann auch noch ein zweiter Platz in Iowa als brillantes Ergebnis Schlagzeilen machen wird. Romney erklärte letzte Woche, von ihm erwarte man nun ja keinen Sieg mehr. Und Bill Clinton, der heimliche Stratege hinter der Kampagne seiner Frau, sprach am Fernsehen von einem «Wunder», dass Hillary überhaupt eine Chance in Iowa habe. Der frühere Präsident weiss, was er tut: 1992 erklärte er sich nach einem überraschend guten zweiten Platz in New Hampshire zum «Comeback-Kid» – ein Etikett, das die Medien übernahmen und das seiner Kandidatur den entscheidenden Schwung verlieh.
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Emerald,
17.12.2007, 22:42
- Good for the Buck would be this Mr. Huck ? - Emerald, 18.12.2007, 00:48
- 9/11 und Rudy Giuliani of NYC : wer pinkelt ihn zuerst an ? - Taktiker, 18.12.2007, 01:21