Nachtrag: Gemeineigentum und Fideikommiss: Das Ganerbe
Weil wir zu Beginn des Juli darüber diskutierten, also z. B. den Fideikommiss:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ganerbschaft
Ganerbschaften wurden geschlossen, um ein wichtiges Familiengut wie eine Burg ungeteilt zu erhalten. Obwohl sich die anfänglich sehr enge Lebensgemeinschaft der Ganerben im Laufe der Jahrzehnte allmählich lockerte, blieb die Einheit nach außen gewahrt, was sich häufig im Führen eines gemeinsamen Namens und Wappens ausdrückte.
Eine andere Erbform, die Ähnliches ermöglichte, war der Fideikommiss."
(Fideikommiss soll aber nicht nur das Familieneigentum schützen, sondern den Bestand der "Häuser", womit Familien bzw. deren Machtpositionen gemeint waren, an sich. Das ist eng in Zusammenhang mit z. B. Erbfolgeregelungen usw. Siehe: Hausvertrag oder: https://de.wikipedia.org/wiki/Hausgesetz )
Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Ganerbenburg
Der Begriff ganerbe erscheint bereits im mittelhochdeutschen Versroman Parzival (Wolfram von Eschenbach, um 1200). Die Rechtsform der „Ganerbschaft“ scheint nach Wortbelegen mindestens bis in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts zurückzugehen.
Die Rechtsform der „Ganerbschaft“ scheint nach Wortbelegen mindestens bis in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts zurückzugehen. Gan bedeutete im Althochdeutschen „gemein(sam)“, auch „Gemeiner“. Tatsächlich historisch belegbare Ganerbschaften erscheinen jedoch erst im 13. Jahrhundert im Elsass
https://de.wikipedia.org/wiki/Ganerbenburg
Rechtliche Grundlagen
Eine rechtliche Voraussetzung zur Entstehung einer Ganerbschaft war die Belehnung zur „gesamten Hand“. Alle Lehensnehmer befanden sich also gleichberechtigt im Besitz des Lehens als hantgemal. Allen stand die gleiche Gewere am Erbe zu, man führte einen gemeinsamen Haushalt und bestimmte gegebenenfalls gemeinsame Amtleute und Richter.
Mit dem hantgemal waren besonders die gesellschaftlichen Privilegien und Standesvorrechte des Adels verbunden. Eine Ganerbschaft sicherte allen Familienmitgliedern diesen Sonderstatus zu und verhinderte ihren gesellschaftlichen Abstieg.
Mit zunehmender Anzahl der Miterben wurden jedoch Besitzanteile und Rechte festgelegt und zugewiesen. Nach außen trat die Gemeinschaft allerdings weiterhin geschlossen auf, die Teilung war also mehr ideeller Art. Den Anteil jedes Erben nannte man Marzahl. Die Anteile konnten hier unterschiedlich groß ausfallen. Als Mutschierung bezeichnete man eine Teilung der Nutzungsrechte als interne Abmachung. Jeder Mitbesitzer konnte so eine eigene Wirtschaft führen, der Gesamtverband blieb jedoch erhalten.
Die Gesamtbelehnung wurde in einigen Territorien bis ins 15. Jahrhundert praktiziert, danach handelte durchgehend ein Lehensmann als Gesamthänder.
Andere Ganerbschaften wurden erst durch Burgfriedensverträge begründet, etwa nach dem Ankauf oder der gewaltsamen Eroberung eines Besitzes. Solche Verträge konnten auch wieder aufgelöst werden. Die Ganerbschaft war ebenfalls beendet, wenn es einem Vertragspartner gelang, das gesamte Gut in seinen Besitz zu bringen.
Einigte man sich intern auf eine Realteilung des Gesamtbesitzes, erlosch die Ganerbschaft meist weitgehend. Diese „Totteilung“ (Watschar, Watschierung), ermöglichte jedem ehemaligen Teilhaber die uneingeschränkte Verfügung über seinen Besitzanteil. Er verlor aber im Gegenzug die Rechte am zurückgebliebenen Gemeinschaftsgut. Die Verteidigungsbereitschaft der Gesamtanlage musste allerdings weiterhin gewährleistet sein.
Das oft nicht ganz reibungslose Zusammenleben der Bewohner wurde im sogenannten Burgfrieden geregelt. Oft nutzten die Ganerben die zentralen Einrichtungen der Burgen gemeinsam, etwa den Bergfried oder die Burgkapelle. Die Gemeinschaft bestimmte meist einen der Burgmannen zum Baumeister und richtete eine Gemeinschaftskasse ein, aus der nötige Ausgaben zur Instandhaltung des Gesamtbesitzes finanziert wurden. Ähnlich wie eine moderne Eigentümergemeinschaft versammelte man sich jährlich zu einer Besprechung anstehender Probleme.
Der ursprüngliche Zweck der Ganerbschaft, der ungeteilte Erhalt eines Besitzes, ließ sich in der Praxis schon bald nicht mehr aufrechterhalten. Ganerbenburgen hatten manchmal bis zu 50, in Einzelfällen über 80 verschiedene Anteilseigner, die natürlich nicht alle auf der Burg Platz fanden."
Besonders herrlich: "Im Falle einer Fehde musste der Angreifer genau darauf achten, dass er nur den Burgteil seines Feindes belagerte und die Rechte der neutralen Miteigner nicht verletzte.
Viele Ganerbschaften wurden im Nachmittelalter in Fideikommisse überführt. Ein Mitglied des Familienverbandes oder der Vertragsgemeinschaft war hier Inhaber des ungeteilten und unveräußerlichen Gesamtbesitzes, seine Verfügungsgewalt jedoch stark eingeschränkt."
Siehe auch Watschierung bzw. Substanzteilung (Gesamthand): https://de.wikipedia.org/wiki/Gesamthandsgemeinschaft
(Wenn man über die gemeinschaftlich besetzten, unterhaltenen und genutzten Burgen (Wehranlagen) nachliest, dann liest man auch spannendes über die Fehde: Oft gaben die Belagerer (oft bestellte Söldner, die nur wenig loyal waren) den Belagerten eine Frist, in der sie eine sogenannte Entsetzung durch zur Hilfe eilenden Truppen versuchen konnten. Es gab nicht immer Kampfhandlungen, schon vielleicht weil man damals durch einfache Verletzungen leichter sterben konnte:
"Es lassen sich gar regelrechte Abkommen zwischen den Befehlshabern nachweisen, die sich oft persönlich kannten und die gleiche gesellschaftliche Position einnahmen. Man handelte eine Frist aus, die offenbar meist um die 30 Tage betrug. Falls der Lehnsherr oder die Verbündeten der Belagerten nicht innerhalb dieses Zeitraumes vor der Burg erschienen, übergaben die Verteidiger die Befestigungsanlage kampflos. Im Gegenzug erhielt man freies Geleit und durfte manchmal auch den Hausrat mitnehmen. Durch einen derartigen Vertrag konnte man auf beiden Seiten Leben schonen und unnötige Kosten vermeiden. Ein solches Abkommen setzt sicherlich eine gewisse Wehrhaftigkeit der Burganlage und des Hauptturmes voraus. Eine "Verteidigung bis zum Ende" konnte sehr riskant werden. So wurden etwa die höheren Ränge der Besatzung des englischen Bedford Castle nach der Sprengung des Hauptturmes durch die Truppen König Heinrichs III. vor der Burg aufgehängt (1224). In Mitteleuropa wurden noch während des Deutschen Bauernkrieges Burgen gegen die Zusicherung freien Abzuges aufgegeben."
https://de.wikipedia.org/wiki/Bergfried#Der_Bergfried_als_Zufluchtsort )
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(Groß-Leucht-Reklame am Gebäude Lehmann-Brothers/NY)
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- Nachtrag: Währungen, die ewig existierten, aber nicht im Umlauf waren (@Konstantin) - Edit: Massenhaft private Notenbanken -
azur,
24.08.2015, 00:27
- Nachtrag: Gemeineigentum und Fideikommiss: Das Ganerbe - azur, 24.08.2015, 01:31
- Sammlungswuerdig! (oT) - CrisisMaven, 24.08.2015, 09:35
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