Die Gelbe Hammelhorde
RogRog, Freitag, 19.10.2012, 02:50 (vor 4227 Tagen)
Hi,
in den letzten vier Tagen habe ich in jeder freien Minute gemalt und ich möchte Euch das Ergebnis zeigen. Mir war nicht bewusst wieviel Spaß das machen kann. Ich hoffe es gefällt Euch. Mein Humor ist politisch unkorrekt, deshalb hoffe ich, dass sich niemand verletzt fühlt. Wenn das doch der Fall ist, soll Chef den Thread löschen.
Übereinstimmungen mit realen Personen sind rein zufällig. An den Größenverhältnissen müsste ich noch arbeiten, aber ich bin auch blutiger Anfänger.
(: (oT)
tar , Gehinnom, Freitag, 19.10.2012, 07:03 (vor 4226 Tagen) @ RogRog
- kein Text -
--
Gruß!™
Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.
BTC: 12aiXGLhHJVETnmGTLbKtAzJNwqh6h6HN4
Ich bin sehr, sehr froh, dass sie alle hier sind...
Silke, Freitag, 19.10.2012, 08:53 (vor 4226 Tagen) @ RogRog
bearbeitet von Silke, Freitag, 19.10.2012, 09:47
Hallo RogRog,
...diese verschiedenen Einstellungen, Meinungen, Erfahrungen, Herangehensweisen, Überzeugungen, Lebensweisheiten...
Sonst wäre es ein schlechtes Forum. Davon gibt es im Netz genug.
Ich habe gewisse Einstellungen, die ich hier äußern darf.
Und ich habe hier die große Chance korrigiert zu werden, um noch einmal über mein Weltbild nachzudenken. Und ich lerne dazu wie lange nicht vorher.
Auch wenn es machmal ruppig zugeht.
LG
Silke
In diesem Werk vermisse ich schmerzlich die Reinkarnation des
Zarathustra, Freitag, 19.10.2012, 09:53 (vor 4226 Tagen) @ RogRog
bearbeitet von Zarathustra, Freitag, 19.10.2012, 09:56
... grossen Orgonators:
"Ich pulsiere, also bin ich!"
Ansonsten, Gratulation zu dieser Kulturleistung, RogRog, und weiterhin viel Elan beim Vervollständigen dieses Werks ...
wünscht von oben herab
Zara
Erkenne Dich selbst ;) - Weitermachen - über Garten der Lüste bis zum Weltuntergangstriptychon
azur , Freitag, 19.10.2012, 10:04 (vor 4226 Tagen) @ RogRog
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.10.2012, 10:16
Hallo RogRog,
in den letzten vier Tagen habe ich in jeder freien Minute gemalt und ich
möchte Euch das Ergebnis zeigen. Mir war nicht bewusst wieviel Spaß das
machen kann.
sic!
Ich hoffe es gefällt Euch.
Es hat sehr "amused".
Wenn Du weiter machst, sieht das dann vielleicht einmal so aus, wo sich dann aber auch jeder wieder finden kann (und der Maler sich auch immer selbst eingefügt haben soll):
Außen:
Innen:
Auf Wunsch etwas düsterer: "Weltgerichtstriptychon oder Weltuntergangs-Triptychon"
Oder genauer: "Narrenschiff"
"Steinschneider":
Kann gar nicht sagen, wie ich mich amüsiert habe, sonst mach ich mich einiger Sachen verdächtig, die gar nicht zutreffen.
Danke [[smile]]
Besonders freundliche Grüße
azur
Sehr schön sind natürlich auch der Tot des "Habgierigen", der "Heuwagen" (!), "Die Verspottung Christi" und
Auch da kann sich jeder etwas wieder finden .
http://de.wikipedia.org/wiki/Hieronymus_Bosch#Werke_.28Auswahl.29
--
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"Mensch erkenne Dich selbst"
satsangi , Freitag, 19.10.2012, 10:39 (vor 4226 Tagen) @ azur
Diese Inschrift findet man in einem Tempel von Delphi.
http://de.wikipedia.org/wiki/Delphi
"Mensch erkenne Dich selbst".
Gruss satsangi
Bekanntlich - alt und tausendfach verwendet: Nosce te ipsum. - Erkenne dich selbst! Deine Deutung umstritten
azur , Freitag, 19.10.2012, 10:48 (vor 4226 Tagen) @ satsangi
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.10.2012, 10:51
Haaallo satsangi,
danke sehr für die Auskunft ! *
Hier genauer: Nosce te ipsum. - Erkenne dich selbst!
Gnothi seauton (griechisch Γνῶθι σεαυτόν GnÅthi seautón, auch Γνῶθι σαυτόν GnÅthi sautón, „Erkenne dich selbst!“) ist eine vielzitierte, auf den Gott Apollon zurückgeführte Forderung im antiken griechischen Denken. Als Nosce te ipsum wurde sie ins Lateinische übernommen.
Herkunft
Der erste Beleg für den Gedanken findet sich in einem Fragment des Philosophen Heraklit: „Allen Menschen ist zuteil, sich selbst zu erkennen und verständig zu denken.“[1]
Der Spruch stand – neben den ebenfalls als apollinisch betrachteten Weisheiten ἘγγÏα, πάÏα δ᾽ ἄτα (engýa, pára d' áta „Bürgschaft, schon ist Schaden da!“) und Μηδὲν ἄγαν (mÄ“dén ágan „Nichts im Übermaß“) – an einer Säule der Vorhalle des Apollontempels in Delphi. Dort ist er spätestens um die Mitte des 5. Jahrhunderts angebracht worden. Nach einem Fragment aus der verlorenen Schrift „Über die Philosophie“ des Aristoteles befand er sich sogar schon an dem Vorgängerbau, der 548/547 durch Brand zerstört wurde, doch ist die Glaubwürdigkeit dieser Behauptung ungewiss.[2]
Als Urheber der Aufforderung zu menschlicher Selbsterkenntnis galt in der Antike der Gott Apollon selbst; strittig war aber, welcher Mensch den Spruch zuerst geäußert hat. Schon vor dem Beginn des 4. Jahrhunderts wurden die drei delphischen Sprüche auf die Sieben Weisen zurückgeführt.[3] Das Gnothi seauton wurde meist Chilon zugeteilt, aber auch Zuschreibung an Thales, Solon und Bias von Priene kam in der Antike vor.
Der Aristoteles-Schüler Theophrastos von Eresos bezeichnet den Spruch in seiner Schrift über die Sprichwörter als Sprichwort. Chamaileon ordnet ihn in seinem Buch über die Götter Thales zu. Hermippos schreibt in seinem ersten Buch über Aristoteles, dass ein Eunuche Labys in Delphi, der Tempelwächter im Heiligtum war, diesen Spruch geäußert habe. Klearchos von Soloi behauptet, es sei ein Gebot des pythischen Apoll gewesen, das Chilon als Orakelspruch gegeben wurde, als er fragte, was die Menschen am ehesten lernen sollten. Aristoteles schreibt Gnothi seauton in seinem Dialog über Philosophie der Pythia zu. Auch Antisthenes behauptet, der Spruch stamme von Phemonoe, der ersten Pythia in Delphi, und Chilon habe ihn sich nur angemaßt..."
Antithenes und Du! Ganz wunderbar!**
Viele freundliche Grüße
azur
* Entschuldige bitte, dass das passieren konnte. Es heißt ja, wie man weiß: Etwas, zumindest t. w. Witziges, was man erklären muss, ist bekanntlich...
** "gilt als Begründer des Kynismus und Ahnherr der stoischen Philosophie."
"Ausgangspunkt der kynischen Lehre ist ein ethischer Skeptizismus. Da für die Kyniker weder die verschiedenen Traditionen noch die wechselnden Bedürfnisse ethische Normen begründen können, strebten sie nach Bedürfnislosigkeit und Natürlichkeit."
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Deine Deutung umstritten...
satsangi , Freitag, 19.10.2012, 21:00 (vor 4226 Tagen) @ azur
Hallo azur@
...verstehe nicht ganz,
„Allen Menschen ist zuteil, sich selbst zu erkennen und verständig zu denken.“[1]
"Mensch erkenne Dich selbst"
Ziehe deine Sinnesströme am Augenbrennpunkt zurück,
dann kommst Du der Sache ein Stück näher.
Gruss satsangi
Soundtrack dazu
moneymind , Freitag, 19.10.2012, 11:07 (vor 4226 Tagen) @ RogRog
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.10.2012, 11:14
Haha, gefällt mir !
Hier der Soundtrack dazu:
http://www.youtube.com/watch?v=julQdWLmnvY
oder auch (wahlweise, für die Untergangsfraktion):
http://www.youtube.com/watch?v=ah-09njRuw0&feature=related
so macht Untergang Spaß!
--
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So oder so ist das Leben - Und über uns der Himmel
azur , Freitag, 19.10.2012, 12:03 (vor 4226 Tagen) @ moneymind
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.10.2012, 12:24
Hallo mm,
was so jeder assoziert, im gelben Bienestock (wo fleißig gesammelt wird):
Mir fiel gleich die imho beste Platte Lindenbergs ein, in der er 20er-Jahre-Songs singt und damit seiner Großmutter ein congeniales Denkmal setzte.
(Vorwort Heiner Müller, mit der letzten Tonaufnahme von Marlene Dietrich
"Menschenkind
warum glaubst du bloß
gerade dein Schmerz
dein Leid wären riesengroß
Wünsch' dir nichts
dummes Menschenkind
Wünsche sind nur schön
solang sie unvollfüllbar* sind"
* schöner Fehler im Original der späten Sprachaufnahme.
1931 gesungen von der Dietrich, Text/Musik: der weltberühmte Friedrich Hollaender)
Hier die Originale, die mir bei Deinem Post einfielen:
So oder so ist das Leben - hier 1934 [/b]
Text: Hans-Fritz Beckmann
Brigitte Horney u. Theo Mackeben Ensamble - Musik: Theo Mackeben
(a.d. Tonfilm "Liebe, Tod und Teufel), Grammophon 1934
So oder so ist das Leben
so oder so ist es gut
So wie das Meer ist das Leben
ewige Ebbe und Flut
Heute nur glückliche Stunden
morgen nur Sorgen und Leid
Neues bringt jeder Tag
doch was auch kommen mag
halte dich immer bereit
Du mußt entscheiden
wie du leben willst
nur darauf kommt's an
und mußt du leiden
dann beklag dich nicht
du Änderst nichts d'ran
So oder so ist das Leben
Ich sage: Heute ist heut !
Was ich auch je begann
das hab ich gern getan
ich hab es nie bereut
Man lebt auf dieser Welt
und sucht das Glück und weiß nicht
wo es hier auf Erden wohnt
Der eine sieht im Geld sein Ziel
und sein Geschick
der and're glaubt
daß nur die Liebe lohnt
Ein jeder hat das Recht
zum Glücklichsein
den Weg mußt du dir suchen
kreuz und quer
ob's gut geht oder schlecht
das weiß nur Gott allein
dir bleibt die Wahl
und sei sie noch so schwer
HANS ALBERS SINGT ' UND ÜBER UNS DER HIMMEL '
Zu dem gleichnamigen Film mit Hans Albers von 1947 (Regie v. Báky). Absolut sehenswerte Bilder - ca. 6 min - aus Trümmerdeutschland
Musik hier ebenfalls: Theo Mackeben / Text: Michael Freytag
Es weht der Wind von Norden
Er weht uns hin und her
Was ist aus uns geworden?
Ein Häufchen Sand am Meer
Der Sturm jagt das Sandkorn weiter
dem unser Leben gleicht
Er fegt uns von der Leiter
Wir sind wie Staub so leicht
Was soll nun werden ?
Es muß doch weitergehn
Noch bleibt ja Hoffnung für uns genug bestehn
Wir fangen alle von vorne an
weil dieses Dasein auch schön sein kann
Der Wind weht von allen Seiten
So laß den Wind doch wehn
Denn über uns der Himmel
läßt uns nicht untergehn
läßt uns nicht untergehn
Die Lindebergversionen dieser Lieder sind sensationell.
Bei YT nur: Udo Lindenberg - Und über uns der Himmel
Viele freundliche Grüße
azur
--
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Mmmmm
moneymind , Freitag, 19.10.2012, 12:26 (vor 4226 Tagen) @ azur
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.10.2012, 12:43
Danke azur ... wunderbar
"Movie-track" (Blick-track?!? ) zu "Und über uns der Himmel"
http://www.youtube.com/watch?v=DmHJ07LHA8A - kurische Nehrung, ehemals Ostpreußen, heute russisches / litauisches Gebiet.
Ich lese grade die Lebenserinnerungen von Lisabeth Otto ... zur selben Zeit, als Theo Mackeben und Michael Freytag dieses Lied schrieben, zog sie als 7jährige allein durch Litauen, und das Haus meiner Großeltern und meiner Mutter lag in Trümmern.
Wie heißt die CD von Udo? Werd ich mir besorgen ...
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"Hermine" - Noch ein erschütternder Nachkriegsfilm - Vorsicht: Nichts für schwache Nerven
azur , Freitag, 19.10.2012, 13:59 (vor 4226 Tagen) @ moneymind
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.10.2012, 14:53
Lieber mm,
Danke sehr für den Tipp:
Ich lese grade die Lebenserinnerungen von
Lisabeth
Otto ... zur selben Zeit, als Theo Mackeben und Michael Freytag
dieses Lied schrieben, zog sie als 7jährige allein durch Litauen, und das
Haus meiner Großeltern und meiner Mutter lag in Trümmern.
Hört sich schlimm an!
Wie heißt die CD von Udo? Werd ich mir besorgen ...
Entschuldige bitte, dass ich das Wesentliche vergaß - den Titel:
"1988 widmete Lindenberg seiner Mutter Hermine die gleichnamige Platte, auf der er als Chansonnier Lieder von 1929 bis 1988 intonierte. Auf dieser Platte findet sich auch die letzte Tonaufnahme von Marlene Dietrich; aufgenommen 1987 in ihrer Pariser Wohnung, die sie seit Jahren nicht mehr verlassen hatte, wurden die Bänder zu Lindenberg gebracht, der in einem nahen Café wartete. Auf Hermine finden sich neben Eigenkompositionen wiederum Lieder von Friedrich Hollaender, Theo Mackeben und Texte von Erich Kästner. Lindenberg setzte diese Tradition später mit der LP Gustav (seinem Vater gewidmet), dem Belcanto-Album und seiner Atlantic-Affairs-Revue fort."
"Gustav" reicht aber imho an Hermine nicht ran, auch wenn der "Millionärssong" daraus stammt, der zu recht ein Hit wurde. Die Platte ist in mehrfahcer Hinsicht nicht wie Hermine gemacht.
Der weltberühmte italienische Regisseur Rossellini, bei dem der große Fellini lernte, hat auch erschütternde Bilder aus Deutschland in der Zeit in einem Spielfilm (neben weiteren zu dieser Zeit) gezeigt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Roberto_Rossellini#Neorealistische_Trilogie
Rossellini ist für seine Neigung, allen gerecht zu werden, sogar deutschen Besatzungsofffizieren, von allen Seiten hart angegriffen worden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschland_im_Jahre_Null
- gedreht in den Trümmern von Berlin 1947!
Die dortigen bzw. damaligen Kritiken, scheinen heute nicht mehr gerecht.
Der Film ist absolut sehenswert - vollständig bei YT Deutschland im Jahre Null (1948)
Wenn man sich ein Bild von dem Elend machen will...
Ostdeutsche Pendants dann u. a. - mit Bildern dieser Zeit: "Die Mörder sind unter uns" und vor allem: "Unser Täglich Brot" von 1949 (der Regiseur ist der Gleiche von "Kuhle Wampe" - zweiseitiger Mensch, zweiseitiges Werk: http://de.wikipedia.org/wiki/Sl%C3%A1tan_Dudow)
(Sowie die Firmenbiografie Hotel Adlon - vom selben Regisseur wie "Und über uns der Himmel..." Josef von Báky. Sehr sehenswert)
Apropos Elend: Wenn man sich die ganzen Geschichten des http://de.wikipedia.org/wiki/Generalgouvernment (da war mein Großvater wohl involviert - Polizeioffizier aus Bayern), der Zwangsarbeiter und "Displaced Persons" ansieht...
Wusstest Du das hier?
Szmalcownik
(Weitergeleitet von Schmalzownik)
Szmalcownik (dt. Schmalzownik) wurden während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg Polen genannt, die für Geld versteckte Juden ausfindig machten, sie und ihre polnischen Beschützer erpressten und/oder an die Deutschen verrieten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schmalzownik
Aber auch das hier ist richtig finster:
So wurden Kinder von Fremdarbeitern regelrecht - massenhaft - zu Tode gepflegt (besonders auch um VW herum)- es gab dann auch Prozesse:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausl%C3%A4nderkinder-Pflegest%C3%A4tte
Vorsicht - nichts für schwache Nerven:
Ausländerkinder-Pflegestätte (Velpke)(die bei den VW-Werken)
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausl%C3%A4nderkinder-Pflegest%C3%A4tte_%28Velpke%29#R.C3.A...
http://www.krieggegenkinder.org/cgi-bin/pageview.cgi
http://www.birdstage.net/images/entbindungsheim.pdf
Meine Mutter berichtete mir aber auch von welchen, die schwanger in die Heimat geschickt worden waren. So wie sie immer wieder aus Osteuropa berichtete, das sie schon 20 Jahre nach dem Kriege bereisten, wie man hin und her gerissen war, vor Wut auf und Bewunderung Deutschlands.
Alles schwierig und erschütternd.
Es ist ein Wunder, dass es heute schon wieder so ist, wie es ist.
Wie alle die Wiederaufbauten, nach langen Kriegen (30jähriger Krieg, französischer Durchzug usw.). Aber auch die Auferstehungen nach Pestwellen...
Viele freundliche Grüße
azur
EDIT: passend zum Thema: Das siebente Siegel - Ingmar Bergman.
http://de.wikipedia.org/wiki/Das_siebente_Siegel
Dieses Werk von Weltruhm, dass ebenfalls all diese Fragen verhandelt - bis hin zu den wenigen Überlebenden, ist ebenfalls bei YT zu bewundern.
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Bitte um ein paar Minuten
Chrysostomos, Sonntag, 21.10.2012, 13:02 (vor 4224 Tagen) @ azur
was so jeder assoziert, im gelben Bienestock (wo fleißig gesammelt
wird):
azur
Hallo Azur,
seit dem Link
http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=260602
juckt es mir in den Fingern, zur Sammlung (wenn auch indirekt) beizutragen.
Dabei dachte ich an die Memoiren meiner Mutter.
Sie waren ursprünglich für die Familie geschrieben.
Als ich sie bat, mir zu genehmigen, diese zu veröffentlichen, fragte sie mich, ob man dafür auch Geld bekommt. Sie ist normalerweise keine „Geschäftsfrau“, aber ich denke mal, dahinter verbarg sich der Wunsch, eben nicht leichtfertig mit den Memoiren umzugehen.
Darauf hin habe ich mich mit dem Wossidlow-Archiv der Uni Rostock (hab dort vor längerer Zeit mal eine Datenbank zur Übersicht der „Zettel“ von Prof. Wossidlow erstellt) in Verbindung gesetzt und die Antwort erhalten (sinngemäß):
Die Meisten glauben, Verlage bestimmen, aber letztendlich geht ohne die Unis nichts.
Nun ich bin ein Laie auf diesem Gebiet.
Vielleicht kann auch so eine Antwort selbsterklärend nur von einer Uni kommen.
Wie dem auch sei, hier Leseproben aus den Memoiren.
„Königsberg, die Hauptstadt Ostpreußens, ist auf der ganzen Welt als Stadt mit 700- jähriger Geschichte bekannt. Der deutsche Ritterorden errichtete 1255 zu Ehren des Böhmenkönigs Ottokar II. eine Burg, die Cönigsburg. Um die Burg sind drei mittelalterliche Städte entstanden, die Altstadt, der Löbenicht und der Kneiphof. Diese 3 Städte wurden erst 1724 vereinigt.
…
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Berthaswalde bei Neuhausen in Ostpreußen eigentlich nur ein Gutshof. Das Gut war lange Zeit im Besitz der Familie „““““““ „. Die kleinen Häuser, in denen die Landarbeiter mit ihren Familien lebten, gehörten wie Scheunen, Ställe und Speicher dem Gutsherrn. Die Fußböden der Häuser bestanden aus gestampftem Lehm, die zu den Feiertagen mit weißem Sand bestreut wurden. Opa arbeitete auf diesem Gut für einen Monatslohn von 20 Mark an 6 Wochentagen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Am Sonntag konnte er für den Familienbedarf auf einem Stück Land Kartoffeln anbauen. Die eigene Kuh musste Oma versorgen. Wer von den Landarbeitern keine Kuh besaß, bekam täglich 4 Liter Milch. Papa, der in Berthaswalde geboren wurde, erzählte gerne aus seiner Kindheit. So trugen alle Kinder Schlorren, das waren Holzpantinen, die in den Dörfern selbst angefertigt wurden. In jedem Dorf gab es einen, der Pantinen besonders gut schnitzen konnte und für Mädchen noch Fersenriemen anbrachte. Im Frühsommer plünderten die Jungen während der Mittagspause von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr den Kirschbaum des Gutsherrn. Nur der Diener im schwarzen Anzug und die Dienstmädchen wussten, dass nicht die Staren über den Kirschbaum hergefallen waren.
…
Nach dem 1. Weltkrieg durfte Deutschland laut Versailler Vertrag keine schweren Waffen mehr besitzen. Auf dem Gelände der Güter Ostpreußens gab es aber für Kanonen genügend Versteckmöglichkeiten. Die pfiffigen Knaben von Berthaswalde, die sich in allen Gutsgebäuden und Ställen gut auskannten, entdeckten recht schnell eine versteckte Kanone. Dass sie nie etwas gegen den Herrn des Vaters sagen durften, lernten sie schon in der frühesten Jugend. Die alte Volksweisheit: „Wes` Brot ich eß` , des` Lied ich sing“ war allen bekannt.
In Neuhausen, unweit von Königsberg, waren nach dem 1. Weltkrieg Soldaten stationiert, die mehr schlecht als angemessen verpflegt wurden. Deshalb wilderten sie oft am Wochenende in den Wäldern der Umgebung. Sie schossen sich ein paar Hasen und auch manchmal ein Reh. Herr „ „““““ „ ärgerte sich sehr, als er feststellte, dass auch in seinem Wald geschossen wurde und legte sich auf die Lauer. Eines Abends erschoss er einen jungen Soldaten, und als dann 2 Polizisten im Gut auftauchten, war er nicht auffindbar. Am 2. Tag stellte er sich aber der Polizei, und die ganze Angelegenheit wurde als Jagdunfall deklariert. In der Folgezeit plagte ihn dann das schlechte Gewissen. Er konnte nicht damit fertig werden, dass er einen jungen Menschen erschossen hatte. Er verlor jegliches Interesse an der Landwirtschaft, weil er zunehmend an Schwermut und Depressionen litt und wollte das Gut verkaufen. Da sich lange kein geeigneter Käufer finden ließ, der das Gut für einen Mindestschätzpreis von 110 000 Mark haben wollte, bot man den Landarbeitern an, sich ein Stück Land zu kaufen und ein Haus nach Wunsch bauen zu lassen. Im Gutseigenen Wald wurde Bauholz geschlagen, der Bau der Häuser begann. Meine Oma wollte sich aber nicht so hoch verschulden, und so fuhr sie eines Tages mit Opa mit einer Kutsche in die nahen Dörfer, um sich Häuser, die zum Verkauf standen, anzusehen. In Stantau fand sie ein altes Häuschen mit 3 Eingängen, das von einer Wiese und Ackerland umgeben war. Auf der einen Seite war das Gelände von einem bogenförmigen Wassergraben begrenzt. Das Ufer von Erlen umgeben, gefiel auch Opa. Der geräumige rote Backsteinstall war gut erhalten, höher als das Haus und bot ausreichend Platz für Pferd, Kühe und Federvieh. Auf dem Hof vor dem tiefen Brunnen verbreitete eine hohe Birke reichlich Schatten. Im Gemüsegarten vor dem Haus standen Apfelbäume und Beerensträucher grenzten an einem Weg, der zum Ortskern und den Nachbarn führte. Stantau war ein ruhiger Ort ohne Geschäfte, mit einer zweiklassigen Schule und 2 Gutshäusern.
Im Jahr 1922 und 1923 zogen meine Großeltern mit den Kindern dann nach Stantau. Opa wurde selbstständiger Bauer mit einer Rentenversicherung. In den nächsten Jahren schafften sie sich nicht nur mehr Hühner und Gänse an, sondern auch ein Pferd und zunächst eine zweite Kuh. Mein Vater besuchte mit seinen Geschwistern die zweiklassige Volksschule mit einem Schulweg von fünf Minuten. Im Frühjahr und im Herbst schickte der Lehrer immer 2 Jungen der 7. Und 8. Klasse zum Holzhacken auf den Schulhof. Für Schüler und Eltern war das völlig normal, weil die Schüler auch im Winter einen warmen Klassenraum haben wollten. Die Volksschule schloß mein Vater in allen Fächern mit der Note „sehr gut“ ab. Das Zeugnis zeigte er uns Kindern später immer sehr stolz. Mit einer solchen Notengebung war der Lehrer bei allen Schülern und Eltern beliebt und bekam nie Ärger. Danach erlernte mein Vater den Beruf des Schlossers in Königsberg. Als ihn sein Lehrmeister nicht mehr beschäftigen konnte, ging er als Melker nach Fuchshöfen auf das dortige Gut.
…
Im Herbst 1944 hörte man besonders nachts das Donnern der Kanonen von der Front. Im November 1944 hatten meine Großeltern die Genehmigung zum Schlachten eines Schweines erhalten. Papa schlachtete aber 2 Schweine und ein Kalb. Als Oma das bemerkte, hatte sie nur Angst, dass die Mieter, Familie Wohlgemuth, das mitbekommen könnte. Sie mussten auch aufpassen, dass sie dem Fleischbeschauer aus Versehen nicht drei Vorderbeine zeigen. Wohlgemuths waren sehr angenehme Mieter. Sie verfügten über einen eigenen Eingang an der Hinterseite des Hauses und den einzigen Keller im Haus. Zum Boden bestand für ihre Wohnung kein Zugang. Außerdem überließ Oma ihnen ein Stück Gartenland und ein mit Maschendraht eingezäuntes Stück Land für ihre Hühner. Die Mieteinnahmen von Wohlgenuths konnte Oma gut gebrauchen, denn meine Eltern brauchten nur 9 Mark Miete zu zahlen. Im Oktober 1939 zogen meine Eltern mit uns nach Spandinen in Königsberg in eine größere Neubauwohnung der Schichau-Werft. Die wesentlich höhere Miete von 49 Mark machte sich in der Haushaltskasse bemerkbar. 9 Mark davon übernahm die Werft. Im Herbst 1940 erkrankte Gerhard an Keuchhusten und steckte uns Kinder alle an. Während er draußen spielte, lagen wir Mädchen im Bett. Bei Irmgard und Margarete kam eine Lungenentzündung hinzu, bei mir eine Nierenbeckenentzündung mit Nierenbluten. Als Mutti dem Arzt von Margaretes Appetitlosigkeit erzählte, sagte er nur: „Die ist noch dick genug.“ Am nächsten tag war sie tot. Mutti verlangte sofort vom Arzt, dass Irmgard und ich ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Es lag hoher Schnee, und der Krankenwagen kam bis nach Hause nicht durch. In eine dicke Decke eingehüllt trug mich Tante Lene zum Krankenwagen auf einem Trampelpfad etwa 200 Meter. Der Krankenwagen fuhr mit uns von Krankenhaus zu Krankenhaus. Vor einem Krankenhaus kam eine Krankenschwester, fühlte meinen Puls und sagte nur: „Die stirbt sowieso!“ Im nächsten Krankenhaus wurden wir dann aufgenommen. Weil es keine Medikamente gab, verordneten mir die Ärzte eine vierwöchige Obstkur. Außer Äpfeln, Bananen und Apfelsinen bekam ich nichts anderes. Da ist es doch verständlich, dass ich im Zimmer mit den anderen Kindern die Mahlzeiten tauschen wollte. Eine Krankenschwester verhinderte das aber sehr schnell. Eine Kinderkrankheit löste die andere ab. Zum Schluss bekam ich noch Nasendiphterie, so dass die Ärzte nicht mehr wussten, in welches Infektionszimmer sie mich legen sollten. Besonders unangenehm wurde es für mich, als sie mir die Ellenbogen schienten. Vom Fenster aus konnte ich die Kinder beim Schlittschuhlaufen auf dem Teich hinter dem Krankenhaus beobachten. Meine Eltern durften mich nur durch eine Scheibe an der Tür sehen. Einmal kam Tante Anna doch ins Zimmer und schenkte mir eine Tafel Schokolade, die ich ungesehen verzehren sollte. Durch den Husten ließen sich aber Schokoladenflecken nicht vermeiden, und ich sollte der Krankenschwester beim nächsten Besuch Tante Anna zeigen, die darauf Hausverbot erhielt. Erst im März konnte ich das Krankenhaus verlassen und erholte mich zu hause schnell. Allerdings musste ich nach dem langen Krankenhausaufenthalt das Laufen erst wieder lernen. Irmgard war lange vor mir aus dem Krankenhaus entlassen worden. Im Sommer fuhren wir mit den Eltern jedes Jahr mindestens 2-mal in den berühmten Königsberger Zoo. Als Kinder glaubten wir immer, dass Papa umfangreiche Kenntnisse über die Tiere hatte. In Wirklichkeit las er uns aber nur vor, was auf den Schildern stand. An heißen Sommertagen unternahmen Gerhard und ich einen Badeausflug zum Frischen Haff auf Fahrrädern. Barfuß ging es bergauf und bergab die Berliner Straße entlang bis hinter Kalgen an den Badestrand. Weil nur selten ein Auto auf der Straße war, brauchten wir kaum auf den Straßenverkehr zu achten. Oft und gern besuchte ich alleine Oma und Opa in Stantau. Mit der Straßenbahn Nr. 8 fuhr ich bis zur Endstation, dann einige Stationen mit dem Bus bis Quednau. Am Milchbock wartete ich auf das Milchauto, das mich die 8 Kilometer nach Stantau mitnahm. Einmal hatte ich das Milchauto verpasst und musste laufen. Erst bei Dunkelheit kam ich in Stantau an. Oma war wenig erfreut und glaubte, dass Mutti mich zu spät weggeschickt hatte. Wenn ich in Königsberg nacheinander die Tante Lene, Marie und Anna besuchte, erkundete ich die Innenstadt. Besonders anziehend war der Ladentisch bei Tante Anna, die mit Onkel Fritz (Atz) ein Fahrradgeschäft am Sackheim betrieb. Die Einzelteile der Fahrräder ließen sie sich aus Suhl schicken und bauten die Fahrräder dann nach den Wünschen der Kunden zusammen. Als es im Krieg keine Fahrräder mehr gab, verkaufte Tante Anna Ersatzteile, Kinder –und Puppenwagen. Einmal besuchten wir Tante Ida und Opa Witteck in Marienburg, der dort als Schneidermeister tätig war. Tante Anna fuhr ihren Viersitzer und Onkel Fritz den Sechssitzer mit Trittbrett.
…
Jede Nacht um 23.30 Uhr kamen die neuesten Nachrichten aus London. Da hieß es: „Hier ist BBC London. Wir bringen Nachrichten in deutscher Sprache!“ Mutti hatte mich vorher stets rechtzeitig geweckt und mit der Deutschlandkarte sowie Buntstiften ausgerüstet betrat ich die Küche und konnte jede Nacht mit einer anderen Farbe den Verlauf der Front eintragen. Beim Aufsuchen unbekannter Orte half mir Mutti. Weil Fräulein Hertha angst hatte, blieb sie im Bett. Ihr Zimmer befand sich dem Korridor gegenüber. Am Morgen wollte sie immer nur wissen, wie weit die Russen von Königsberg entfernt sind. Nachmittags durften wir uns Kinderbücher aus dem Regal nehmen, mussten sie dann nur an die gleiche Stelle wieder hinstellen. Ganz Kolberg war mit Flüchtlingen überfüllt und Fahrkarten in Richtung Westen wurden nur an Personen aus dem Osten verkauft. Eines Tages trafen wir eine Frau mit 2 Töchtern, die wegen der Bombenangriffe aus Aachen oder Hagen nach Kolberg zu Verwandten gereist waren und nicht mehr nach Hause konnten. Inständig bat sie Mutti, ihr doch für sie die Fahrkarten zu lösen, was Mutti dann auch tat. Mitte Februar begegneten wir einer Frau in Marineuniform, die Mutti ansprach. „Endlich ein bekanntes Gesicht „, sagte sie zu Mutti und stellte sich als Eigentümerin einer Drogerie vor, in der Mutti oft einkaufte. Sie erzählte uns, dass ihr Mann Königsberg nicht verlassen durfte, weil er das Geschäft nicht schließen durfte. Ihr Mann hatte sie noch mit ihren 4 Kindern zu Verwandten in der Nähe von Gotenhafen gebracht. Mit mehr als 10 000 anderen Flüchtlingen war sie am 27. Januar 1945 an Bord der „Wilhelm Gustloff“ gegangen. Bei Kälte und Schneetreiben hatten sie, Ihre Kinder und ihre Verwandten auf die Einschiffung am Hafenbecken ausgeharrt. Alle Passagiere waren glücklich und wähnten sich in Sicherheit. Auf offener See herrschte Windstärke 7 sowie starkes Schneetreiben, die „Gustloff“ hatte mittags am 30. Januar in Begleitung eines Torpedobootes abgelegt. Kurz nach 21 Uhr geschah das Unglaubliche. Die „Gustloff“war von 3 feindlichen Torpedos getroffen und erzitterte in allen Fugen. Das Schiff bekam Schlagseite und begann stetig zu sinken. Als das Schiff mit der Schiffssirene einen durchgehenden Ton gab, das heißt „Rette sich, wer kann“, warf die Drogeriebesitzerin ihre 4 Kinder in die Eiskalte Ostsee und sprang im Pelzmantel hinterher. Zwölf Seemeilen von der Küste entfernt brachte die Reise für 9343 Menschen den Tod. Als die Dame aufwachte, lag sie nackt im Bett. Man sagte ihr, dass Ärzte und Schwestern acht Stunden lang um ihr Leben gekämpft haben und gaben ihr eine Marineuniform. „Wenn ich meinen Mann wiedersehe, was soll ich ihm nur sagen, alle unsere Kinder sind in der Ostsee ertrunken“, sagte sie zu Mutti, die vergeblich versuchten, sie zu trösten.
Heinz konnte nach 3 Wochen im Krankenhaus abgeholt werden. Den neuen Kinderwagen, den Mutti vor Weihnachten bei Tante Anna zum Einkaufspreis erhalten hatte, hatte die Krankenschwester verliehen und die Frau hatte den Kinderwagen nicht zurück ins Krankenhaus gebracht. Für Heinz bekam Mutti einen anderen Kinderwagen. Nun fuhren auch keine Züge mehr in Richtung Westen, weil Kolberg bereits von den Russen eingekesselt war. Ende Februar ertönte bei herannahenden Fliegern keine Sirene mehr. Die Bäcker öffneten ihre Geschäfte nur Stundenweise. Da musste ich Brot holen. Vor dem Laden standen schon mehr als 10 Frauen, die urplötzlich in den nächsten Hauseingang rannten. Ich schaute mich um, konnte aber nichts erkennen. Am hohen blauen Himmel entdeckte ich ein Flugzeug, das ein kleines Säckchen fallen lies, welches immer größer wurde. Erst als es 200 Meter von mir furchtbar krachte, hatte ich erkannt, dass eine Bombe gefallen war. Als ich mit Brot in der Wohnung angekommen Mutti davon erzählte, war sie zu Tode erschrocken. Ende Februar oder Anfang März entdeckte Mutti einen Metallsplitter, der im Bett aus einem Betthaupt ragte. Wegen mehrfacher Bombenabwürfe hatten wir die Nacht im Luftschutzkeller verbracht. Fräulein Hertha rief entsetzt: „Was wird die Herrschaft dazu sagen, das schöne Bett ist beschädigt!“ und holt sofort zwei der drei Beamtenpensionäre aus dem Haus. Diese Herren meinten, dass es sich wirklich um Granatsplitter handele und wollten von Mutti wissen, ob sie über Nacht ein Fenster offen gelassen habe, was sie verneinte. Sie schauten sich die Fensterscheibe genau an und entdeckten in einer Scheibe ein kleines Loch. Die Fensterscheibe war aber nicht gesprungen. Sie schlugen vor, dass kein Hausbewohner mehr in der Wohnung bernachten sollte. Wegen der Fenster hielten sie den Luftschutzraum auch nicht mehr für geeignet und richteten den Kellergang ein. Zum Kellergang der beiden Nachbarhäuser brachen sie die Wand ein. Mindestens 3 Stunden bohrten und hämmerten sie so lange, bis die Löcher so groß waren, dass im Notfall auch unser Kinderwagen hindurch passte. Danach trugen sie aus den Wohnungen Matratzen und Decken in den Kellergang. Weil Wasser und Strom schon vor Tagen abgeschaltet worden waren, spendierte ab und zu ein Hausbewohner eine Kerze. Wenn es mittags für 2 Stunden Strom gab, kochten die Frauen eilig das Mittagessen. Wir Kinder wussten im Keller manchmal nicht, ob es noch Tag oder schon Nacht war. Täglich wurde Anfang April nicht weit entfernt Wasser ausgegeben. Mit Eimern gingen Fräulein Hertha, Irmgard und Gerhard, um sich nach Wasser anzustellen. Mich schickte Mutti mit Horst in den Keller, um ihr die Strickjacke zu holen. Gerade im Keller angekommen, setzte ganz plötzlich ein Trommelfeuer ein, das gar nicht aufhören wollte. Die Russen donnerten viele Stalinorgeln in die Stadt. Zuerst dachte ich, dass das ganze Haus über mir eingestürzt sei. Horst schrie fürchterlich, die Fensterscheiben klirrten. Leichenblass erschien en die 3 Beamtenehepaare aus der Parterrewohnung und aus dem ersten Stock im Keller. Zuletzt nach einer Weile hatte es auch Mutti mit Heinz auf dem Arm halb kriechend durch die vielen Glasscherben im Treppenhaus aus der 2. Etage geschafft. Als es nach Stunden ganz ruhig war, erschien weinend Fräulein Hertha mit Gerhard ohne Wassereimer und erzählte. Dass Irmgard tot auf der Straße liege. Blut sei aus dem Mund und der Nase ausgetreten und dass sie Irmgard noch angehoben habe, aber sie war tot. Während sie sofort mit Gerhard in den nächsten Keller gerannt sei, wollte Irmgard zu Mutti laufen. Nachdem alle lange geweint hatten, fingen die 3 Pensionärsehefrauen an, auf Mutti einzureden: „Sie werden sich doch nicht darauf verlassen, was das Dienstmädchen Ihnen erzählt! Sie können das Kind doch nicht auf der Straße liegen lassen! Sie werden sich doch wohl selbst überzeugen und nachsehen, was los ist!“ Von den Männern erklärte sich keiner bereit, mit Mutti mitzugehen. „Wenn Du gehst, gehen wir alle mit!“, sagte ich dann entschlossen zu Mutti, und sie ging nicht. Bei einbrechender Dunkelheit kamen dann 5 junge Soldaten in Uniform zu uns in den Keller. In miserablem Deutsch erklärten sie uns, dass sie nur noch schlafen wollten, weil sie 7 Nächte an der Front ohne Ruhe kämpfen mussten. Sie wollten die Waschküche belegen, und die Männer sollten Koffer vor die Tür stellen und baten uns noch, sie nicht zu verraten. Mehr aus Angst als aus Hilfsbereitschaft kamen die Männer ihren Wünschen nach. Sie waren sich danach relativ schnell einig, dass es sich um Holländer und Belgier handelte, die auf deutscher Seite kämpften und desertiert waren. Nach 22 Uhr erschienen 2 Soldaten im Kellereingang und teilten uns mit, dass wir uns unverzüglich ohne Gespräch zum Hafen begeben sollten. Wegen des Funkenfluges sollten wir uns feuchte Decken umhängen. „Die Deutschen schießen zurück, niemand muss Angst haben. Wir bringen die Bevölkerung in Sicherheit, im Hafen stehen genügend Schiffe bereit.“ Mutti sprach sie noch wegen Irmgard an. „Bei dem Kind ist die Lunge durch die Druckwelle geplatzt. Die Toten werden würdig bestattet“, erklärte sie. Ich dachte sofort an die ersten 8 Tage nach der Schifffahrt nach Kolberg, an denen ich immer, wenn ich abends in die waagerechte Körperhaltung kam, im Kopf das Gefühl hatte seekrank zu sein und mit den Schiffsbewegungen zu schaukeln, was sehr unangenehm war. Mutti wollte sich noch von einem der Herren den anderen Wintermantel aus dem Korridor in der 2. Etage holen lassen, wozu aber keiner der Pensionäre bereit war. Nur unseren Kinderwagen trugen sie noch auf die Straße. Eine feuchte Decke spannte Mutti über ihre und unsere Schultern, Gerhard und ich hielten einen Zipfel fest. Das Laufen durch die ganze Innenstadt in den engen Straßen war sehr beschwerlich. Fräulein Hertha lief vor uns und wies uns den Weg zum Hafen. Auf der rechten und linken Straßenseite brannten im Wechsel Häuser lichterloh, Flammen schlugen wüst in den Himmel. Von einigen Häusern standen nur noch die Mauern. Fräulein Hertha rief mehrmals: „Aufpassen, rechts kommt gleich ein Balken!“. Hinzu kam noch, dass am Kinderwagen alle 40 – 50 Meter das rechte Hinterrad abfiel, weil der Splint fehlte. Gerhard bückte sich sofort, um das Rad wieder auf die Achse zu stecken. Rechts und links lagen Trümmer, die noch glühten. In der Mitte der Straßen sahen wir Leichen, alte Männer, Soldaten, Frauen und Kinder mussten wir umfahren. Einmal mussten wir den Kinderwagen über ein totes Pferd heben.
…
Vielleicht gibt es ja Ideen, wie man damit umgeht.
Vorsichtig und freundlichst
Chrysostomos
zumindest vervollständigen...Gustloff Steuben Goya
Silke, Sonntag, 21.10.2012, 15:21 (vor 4224 Tagen) @ Chrysostomos
Hallo Chrys,
http://content.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/771975_0_8281_-hintergrund-gustloff-...
Dein Augenzeugenbericht liest sich aber spannend...
LG
Silke
Vielleicht möchte Deine Mutter gehört und verstanden werden
moneymind , Montag, 22.10.2012, 01:28 (vor 4224 Tagen) @ Chrysostomos
Hallo Chrys,
vielleicht hat Deine Mutter ja auch das Bedürfnis, daß ihre Erlebnisse, die ja in der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft lange totgeschwiegen und teilweise sogar stigmatisiert wurden (damit meine ich z.B. die ostpreußische Landsmannschaft und andere Vertriebenenverbände etc.) endlich mal gehört und gewürdigt werden.
Ich hab dafür volles Verständnis, und denke, es ist auch an der Zeit dafür. Für mich ist es auch wichtig, mal eine andere Perspektive auf die Zeit von 1933-1945 zu bekommen als das Bild, das - wiederum verständlicherweise - nach dem Krieg entstanden ist und eben auch einseitig und verzerrt war und vieles ausgeklammert hat. Das ist auch ein Grund, warum ich mich für die Erlebnisse und die Zeit meiner Großeltern interessiere, auch wenn die nicht aus Ostpreußen kamen. Ostpreußen interessiert mich vielleicht auch deswegen, weil es für mich Neuland ist - und weil es eine Geschichte hat, in der vieles steckt, was mich beschäftigt hat (z.B. neben deutscher Geschichte eben auch 40 Jahre Sozialismus und Sowjetherrschaft).
Ich wüßte nicht, wieso Verlage oder Unis irgendwie über die Veröffentlichung der Memoiren Deiner Mutter bestimmen sollten.
Du kannst sie jederzeit selbst im Internet veröffentlichen. Solltest Du sie als Buch verkaufen wollen, würde ich Dir raten, Dich mal nach dem Stichwort "book on demand" umzusehen. Damit kannst Du mit geringen Kosten und ggf. im Selbstverlag veröffentlichen.
Gruß
moneymind
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BLOGGING: Never before have so many people with so little to say said so much to so few.
Es gibt einen Verlag, der sich auf so etwas spezialisiert hat
Gaby , Montag, 22.10.2012, 10:02 (vor 4223 Tagen) @ Chrysostomos
Hi Chrys,
guck mal hier. Der Zeitgut Verlag bringt quasi ausschließlich solche Dinge. Eine wichtige und gute Arbeit, die die machen, wie ich finde. Und gute PR machen die auch. Auf mich machen die einen sehr professionellen Eindruck.
Hier die Übersicht, wie mit Manuskripten und Texten umgegangen wird.
Viele Grüße
Gaby
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"Das Dumme an Internetzitaten ist, dass man nie weiß, ob sie auch stimmen." Leonardo da Vinci
Erzählen, erzählen - bewahren, bewahren!
azur , Montag, 22.10.2012, 13:51 (vor 4223 Tagen) @ Chrysostomos
bearbeitet von unbekannt, Montag, 22.10.2012, 13:59
Lieber Chrysostomos,
zunächst: Entschuldige bitte meine späte Antwort. Habe seit Samstag ordentlich "Rücken" und dann sind ja hier auch noch zwei kleine Mädchen.
Zu Deiner Geschichte, die erschütternd ist: Warum vorsichtigst? Erzählen, erzählen - bewahren, bewahren!
Habe mich zu dem Thema deutscher Vertriebener ja oft geäußert: Das darf niemals vergessen werden! Alle verdienen unser Gedenken.
Der Vater der Mutter meiner Söhne ist aus Sudetendeutschland als Kleinstkind hergeschleppt worden: Mehr tot als Lebendig.
Und auch hier: Mein Großvater, ein Handwerkermeister (der heimlich mit seiner Frau nachts eine Ölmühle betrieb) mütterlicherseits ist 45 weggeholt worden. Erst 95(!) erfuhren wir, wo er 46 in einem russischen Speziallager bei Torgau verreckt war (es gab keine ernshaften Vorwürfe, keinen Prozess, nichts - außer dem begründeten Verdacht, dass ein mißgünstiger Verwandter ihn loswerden wollte). Meine Großmutter hielt die Werkstatt beisammen, damit er alles vorfände, wenn er wieder käme (obwohl sie die Sachen sehr gut hätte verwerten können). Sie wusste nichts von seinem Tod. Weil sie der Volkswirtschaft Güter entzogen haben soll, hat man sie zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, obwohl ihre Kinder 9 und 6 waren, die dann allein mit der total senilen Urgroßmutter leben mussten. Dannach war sie in den Augen des Dorfes eine Zuchthäuslerin und bekam nur noch einfachste und härteste Arbeit. Der Hunger war eine Zeitlang regel.
Zudem ist sie enteignet worden, was nach der Wende einen riesen Prozess verursachte. Sie ist natürlich sofort rehabilitiert worden (ihr Staatsanwalt und ihre Richter hatten sich noch in ihrer Haftzeit in den Westen abgesetzt) und ihre Haushälte ist zurückübertragen worden. Aber es gab ein Vorkaufsrecht auf den anderen Teil (die Hälfte meines Großvaters), und dies wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit größtem Bedauern als unanfechtbarer Verkauf angesehen. Zurück blieb eine bis vor kurzer Zeit belastende Ruine.
Und das ist nur ein Teil der üblen Geschichten, die sich in meiner Familie abspielten.
Die Geschichten dieser grausamen Zeit sind grausam und allesamt Mahnung. Nie sollte wir sie vergessen und sie aufbewahren, so gut es nur geht!
Es geht nicht um aufrechnen, sondern um würdigen.
Hoffe sehr, dass Du die Veröffentlichung besorgen kannst.
Hatte schon einmal Datenbanken hier veröffentlicht, die so etwas auch sammeln und anbieten. Hier entlang: http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=204367
Auch wir haben ja diesen Schrecken noch vermittelt in den Knochen: http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=222326
Über Vertriebene: http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=208642
Dein Text ist übrigens sehr gut geschrieben.
Das ist natürlich nur ein kleiner Trost.
Auch vielleicht wenn ich sage, dass ich für Deine Leute beten werde.
Herzliche Grüße
azur
--
ENJOY WEALTH
(Groß-Leucht-Reklame am Gebäude Lehmann-Brothers/NY)
Meide das Destruktive - suche das Konstruktive.
Überwinden durch nicht vergessen
Chrysostomos, Mittwoch, 24.10.2012, 10:33 (vor 4221 Tagen) @ azur
bearbeitet von Chrysostomos, Mittwoch, 24.10.2012, 10:37
Herzliche Grüße
@alle zurück
Lieben Dank, Azur
@Gaby
@moneymind
@Silke
und auch allen Anderen für die Tipps und Hinweise.
Mit guten Ratschlägen fängt die Arbeit erst richtig an…
• Buchhandlung, Vergleichbares suchen
• Berechnung Wortzahl im Manuskript je nach Format auf letztendlich Buchseiten
• Projektmanagement erarbeiten
Ja, der Aspekt „Generation kostenlos/Internet) braucht auch Zeit.
Ich hoffe im Interesse meiner Mutter (sie ist Bj 34 ), dass ich da nicht falsch liege.
In Dankbarkeit
Chrysostomos
"Elliott" mit einem "t" – eine Todsünde :-) (oT)
Elli , Freitag, 19.10.2012, 12:13 (vor 4226 Tagen) @ RogRog
- kein Text -
Nein, ein Wortspiel :-)
Gaby , Freitag, 19.10.2012, 12:26 (vor 4226 Tagen) @ Elli
Gemeint ist der Kamerad hier
Viele Grüße
Hellas
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"Das Dumme an Internetzitaten ist, dass man nie weiß, ob sie auch stimmen." Leonardo da Vinci
köstlich! :-)
BBouvier , Freitag, 19.10.2012, 14:46 (vor 4226 Tagen) @ RogRog
bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.10.2012, 15:19
Plagiat!!!
Unten links tieh trei Hühners: (fast föhtlich!!) "Marunde" !!
Hier eine nur zwei Kostproben,
weil ich das Original leider nicht finde:
=>
http://www.rondeshagen.com/Grafik/Marunde/0546_Kuekenspiel.jpg
http://www.comic-report.de/cms/uploads/images/Artikel/rezensionen/marunde_landgang1.jpg
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Nee .... schon absolut köstlich getroffen!!
Beste Grüsse,
BB
Das RogRog'sche Bild: Keine Farbe, aber viel Inhalt
paranoia , Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Samstag, 20.10.2012, 18:26 (vor 4225 Tagen) @ RogRog
Hallo RogRog!
Wenn ich das Bild so sehe, lache ich mich kaputt.
Ich find's wunderschön auch wenn ich nicht alles verstanden habe.
Übereinstimmungen mit realen Personen sind rein zufällig. An
den Größenverhältnissen müsste ich noch arbeiten, aber ich bin auch
blutiger Anfänger.
Beim Inhalt bist Du aber kein Anfänger. Die Bilder im Bild, die Du benutzt transportieren viel.
Gruß
paranoia
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Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.