Schluchz, Knorpel, hilf ! Ich oute und bekenne mich (hist.)
Fundsache : Die Spur der Ahnen
Doku
am: 12.Dez | 20.45 Uhr bis: 21:15
MDR
Die 36-jährige Jana Luckau aus Dresden quält zunehmend eine Frage: Was ist das Geheimnis meiner Familie? Ihre Familiengeschichte weist zahlreiche dunkle Flecken auf. Ihre Eltern kennt sie. Aber wer waren ihre Großeltern und warum wird über die beiden in der Familie nicht geredet? ...Bruchstücke der Biografie ihres Großvaters...Musste er sich mit dem Nazi-Regime arrangieren? War er vielleicht sogar aktiver Nationalsozialist? usw...blahsülz....
Tja, was sind das nur für Fragen.
ich will mal Antworten liefern. Butter bei die Fische tun. Von meinen Opas.
Opa 1 - väterlicherseits : Adolfanhänger set 1923, als er in einem Kellerlokal seiner Aeimatstadt eine Rede hielt - Opa hatte eine zweistellige Parteibuchnummer, wurde überliefert, leider konnte ich nie das Corpus Delicti finden.
Mein Opa 1 war beamteter Beamter, Stadtpolizist. Über seinen Eintritt in den Staatsdienst kann ich nur spekulieren, es dürfte so um 1920-1925 herum gewesen sein, zuvor Soldat im 1.WK als Wehrpflichtiger.
In seinem Nachlaß fand sich Schreiben an die Stadtverwaltung, in dem er von unzumutbaren Wohnverhältnissen berichtet, seine Kinder würden krank, es sei nicht mehr auszuhalten. Naß, feucht, miese sanitäre Verhältnisse. Nein, nicht in Anatolien, sondern in einer nordbayerischen Großstadt.
Er bat untertänigst um Zuweisung einer menschenwürdigen Wohnung - offensichtlich erfolglos.
Nach dem Adolf den Saustall übernahm, hatte die Familie eine halbwegs menschenwürdige Wohnung bekommen - die aus heutiger Sicht auch noch indiskutabel wäre, aber immerhin, für damalige Verhältnisse war sie in Ordnung. Sie liegt übrigens in einem heutigen Ausländerghetto.
Nach dem ausgebliebenen Endsieg, Opa war schwerbeschädigt und kriegsuntauglich, nahmen die Oppositionellen Rache an Opa und seinesgleichen. Er bekam nicht nur keinen Job mehr, nein, er bekam jetzt auch einen neuen Hauptmieter vor die Nase gesetzt, einen ehemaligen Verfolgten. Klasse, gell ?
Also, Opa hatte wohl eine Dreizimmerwohnung, schließlich war er damals verheirateter Beamteter mit drei Kindern. Jetzt hatte er nur noch ein einziges Zimmer und das stundenweise Nutzungsrecht an der Küche. Die Rechtsstreitigkeiten mit dem einquartierten Gesocks, pardon, den armen vormals Verfolgten, füllten bald Bände an Schriftsätzen, die heute noch meinen Keller zumüllen. es dauerte ungefähr zehn Jahre, bis Opa das Gesindel wieder draußen hatte aus seiner kleinen Unterkunft.
Opa blieb arbeitslos - einen Adolfanhänger anstellen, nee, pfui, das geht ja gar nicht. denn Opa weigerte sich, seinen angestammten Adolf-Schnauz abzurasieren. Der blieb dran. Und Opa eben arbeitslos.
Opa 2 : mütterlicherseits.
Er war Herrschaftsdiener und Butler beim dänischen Botschafter, wie mir Oma mal erzählte. In der Weltwirtschaftskrise wurde er, wie so viele, ebenfalls arbeitslos. Es war ein feiner, gebildeter Mann, sensibel und subtil.
Als er die Gelegenheit erhielt, eine Anstellung beim Wehrmeldeamt zu bekommen, nutzte er diese (heute : Kreiswehrersatzamt). Vor Kriegsausbruch war das ja auch kein Beinbruch nicht. Noch nicht.
Nach Kriegsausbruch schaute die Sache anders aus, denn jetzt mußte er seinen Nachbarn, Freunden und Bekannten den Einberufungsbefehl ins Haus schicken. Die Stimmung entlud sich eines Tages in der örtlichen Gastwirtschaft, als Opa 2 angemotzt wurde, er säße mit seinem Hintern im Warmen, und selbst müsse man ins Elend - worauf sich Opa tags darauf freiwillig zur Ostfront meldete, und seine Nachbarn, Freunde und Bekannten begleitete, ungesehen dessen, was da kommen sollte.
Begleitete und guckte, wie es so war, dort in Stalingrad. Er kam nicht mehr heraus.
Seine Witwe und seine beiden Kinder wuchsen dann halt ohne Vater auf. In ärmlichen Verhältnissen. Ganz so, wie Opa 1 nach dem Krieg über die Runden kommen mußte.
Tja, das waren typische Biographien. Von damals.
Ich bin stolz auf meine Ahnen und achte und schätze sie für alles, was sie taten. Denn sie taten und sie gaben immer ihr bestes. Für sich, für die Familie, und für uns, die Nachkommen, die sie nie kennenlernen durften.
So. Genau so ist und so war das. Herr Brotfressor Knorpel.
Und an die Nestbeschmutzer wird sich nicht nur Herr Voigt zu gegebener Zeit erinnern......so, wie es Opa 1 ergangen ist, nur, beim nächsten Mal anders herum......
beste Grüße vom Baldur
--
Der Hörer an der Wand hört seine eigne Schand
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- Schluchz, Knorpel, hilf ! Ich oute und bekenne mich (hist.) -
Baldur der Ketzer,
12.12.2007, 12:44
- Nachtrag - Rheinwiesenlager -
Baldur der Ketzer,
12.12.2007, 13:29
- Nachtrag - Rheinwiesenlager -
Albert,
12.12.2007, 14:12
- Der russische Bär -
LenzHannover,
12.12.2007, 15:01
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Albert,
12.12.2007, 15:14
- Der russische Bär -
Albert,
12.12.2007, 15:17
- Der russische Bär - LenzHannover, 12.12.2007, 15:38
- Fake und Klimahysterie -
kosh,
13.12.2007, 03:30
- Fake und Klimahysterie - vielen Dank!! - Miesespeter, 13.12.2007, 05:25
- Der russische Bär -
Albert,
12.12.2007, 15:17
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Albert,
12.12.2007, 15:14
- Hausordnung wahren -
Baldur der Ketzer,
12.12.2007, 15:59
- ....einmal Jäger - immer Jäger ;-) - schaumermal, 13.12.2007, 00:23
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LenzHannover,
12.12.2007, 15:01
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Albert,
12.12.2007, 14:12
- Baldur, der Superstar, unvermeidbar, bald im MDR - prinz_eisenherz, 12.12.2007, 13:50
- @Baldur: Du bist nicht allein! - - MausS, 13.12.2007, 06:33
- Du, der Voigt hat ganz andere Probleme ... - Der Husky, 13.12.2007, 15:24
- Nachtrag - Rheinwiesenlager -
Baldur der Ketzer,
12.12.2007, 13:29