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Warum werden denn die Grossbanken gezwungen, die Bilanzsumme zu reduzieren?

Zarathustra, Sonntag, 20.12.2015, 13:37 (vor 3639 Tagen) @ pigbonds

Ja, darauf kommt es an. Es kommen aber zyklisch wiederkehrend Zeiten, in
welchen zuwenige freiwillige und unfreiwillige Nachschuldner verfügbar
sind. Meines Erachtens immer dann, wenn die Relation Schulden / BIP ein
gewisses Mass erreicht. Die Empirie zeigt doch, dass jeder zusätzliche
Dollar an Schulden im gesamten System den Return darauf immer weiter
schwinden lässt. Der altbekannte Chart hierzu:

[image]


Was für ein einzelnes Unternehmen gilt, gilt meiner Meinung nach auch
für die Gesamtwirtschaft.
Die Bilanzsumme hat einen Einfluss auf die Produktivität. Eine
Firma/Volkswirtschaft mit einer Relation Produktion/Bilanzsumme von 1:1
wächst schneller als solche mit einer Relation von 1:10.
Letztere gehen im Schnitt auch früher über den Jordan als erstere.


Diesen Schluss stelle ich in Frage.

Warum werden denn die Grossbanken gezwungen, die Bilanzsumme zu reduzieren? Weil, je höher die Bilanzsumme, desto höher das Risiko eines Bankrotts. Eine kleine Schwankung der Bewertung der Assets auf der Aktivseite führt geradewegs in den Bankrott, und dies gilt doch für jedes Unternehmen, und extrapoliert eben auf die gesamte VoWi.

Was ich für "Sparen" halte, ist das Bilden von Kapital, das dadurch
entsteht, dass
sich Private(?) verschulden. Das Sparen/die Kapitalbildung ist die
Verhinderung des
Rückflusses der Guthaben an jene, die ihre Vorfinanzierung zu tilgen
haben.
Für das Aggregat "Ersparnisse" ist es egal, ob das Guthaben ausgegeben
wird oder nicht,
denn gibt jemand Guthaben aus und das Guthaben bleibt als Guthaben bei
einer anderen Person
bestehen, dann bleibt auch das Aggregat "Ersparnisse" dasselbe, obwohl
sich die Transaktion
aufs BIP auswirkt.

Je mehr also "gespart" wird, desto stärker werden jene Privaten, die eine
Vorfinanzierung zu
tilgen/bedienen haben, gefordert, durch den Verkauf von
Produkten/Dienstleistungen über den
Marktmechanismus an Guthaben zu kommen.

Ja.

Soweit zum Allgemeinen. Zum Konkreten:

Die gesamten "Ersparnisse", deren Entstehung ich oben kurz erläutert
habe, sind über mehrere,
ja möglicherweise sehr viele Jahre gewachsen. Diese Ersparnisse können
sich nur dadurch verändern,
dass neuverschuldet wird oder dass getilgt wird.

Oder dass ausgebucht wird.

Die neuen Schulden die in der 100sten Periode des Systems gebildet werden,
haben deshalb zwingend
einen viel marginaleren Effekt auf das BIP als jene der 5ten Periode, weil
im ersten Fall zusätzlich
noch die ungetilgten Schulden(=Guthaben) der vorhergehenden 99 Perioden
für das BIP sorgen.

Ja, und dieser Effekt hält solange an, bis im grossen Stil ausgebucht wird/werden muss.
Nach der grossen Bereinigung (Depression) beginnt es mit neuen Perioden.

Als Beispiel: Wenn eine Coiffeuse eine Putzfrau mit Guthaben, das vor 3
Jahren in einem 10jährigen Hypothek-Geschäft
entstand, bezahlt, dann entsteht hier BIP mit alten Schulden/Guthaben.

Daher muss das in der Grafik dargestellte Phänomen auftauchen! Die
Interessante Frage ist nun,
wieweit der Null-Punkt durchbrochen wird und ob die Rate dann um den
Null-Punkt herum oszilliert.

In der Vergangenheit wurde der Null-Punkt stets als "natürliche"
Untergrenze angesehen, deren Verteidigung
riesige Krisen und Kriege verursacht haben könnte.

Deshalb ist die jetzige Zeit so interessant, wir haben nun tatsächlich
gemerkt, dass es negative
Zinsen geben kann.

Ja, das System 'lernt', Krisen und Bereinigungen noch weiter hinauszuschieben als jemals zuvor.
Es wird noch mehr Ausbuchungspotential/Vernichtungspotential angespart als jemals zuvor.

Weil Debitisten wissen, dass Zinsen, wenn man ihnen auf den Grund geht,
"Abgaben" sind, dann muss man
sich fragen, ob nicht tatsächlich auch negative Abgaben möglich wären,
d.h. eine negative Steuer (die wir
eigentlich bereits in Form von Subventionen kennen) und deshalb ist die
Diskussion ums bedingungslose
Grundeinkommen so interessant, welches überhaupt keinen Systemwechsel
darstellen würde, sondern lediglich
die Untergrenze der Kopfsteuer nach unten verschieben würde - also eine
negative Kopfsteuer darstellen
würde.

Ja, das wird spannend. Es würde mich jedenfalls überraschen, wenn dies die Lösung eines uralten Problems wäre.

Negativzins oder Grundeinkommen sind deshalb nicht Phänomene von
Sozialismus/Kommunismus sondern im Gegenteil,
Instrumente des Kapitalimus, die erst in hochentwickelten kapitalistischen
Systemen mit genügend Kapitalbildung zum
Einsatz kommen können.

Ja, das sehe ich auch so. Viele sitzen bereits auf gepackten Koffern Richtung Finnland.
Faktisch haben wir in Westeuropa aber mehr oder weniger bereits ein garantiertes Grundeinkommen. Verhungern muss keiner.

Sie sind auch nicht Symptome des Übergangs vom Kapitalismus in den
Sozialismus, weil Marx ein ganz anderes System
beschrieben hat, ein System, das jenem des Adam Smith viel ähnlich ist,
als jenes, das @dottore beschrieben hat,
weshalb @dottore den Kapitalimus, so wie er ihn "richtig" versteht, der
Verwechslungsgefahr mit Adams'/Walras'/etc.
Kapitalismus halber, einfach "Debitismus" nennt.


Die Grafik oben wäre demnach eine der wichtigsten Grafiken für den
Kapitalimus schlechthin, aber kein Grund
für Besorgnis.

Ja, demnach schon, aber ich bin skeptisch, ob es demnach ablaufen wird.

Grüsse, Zara

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