Wat mi nich in den Kopp geiht...
Moin Oddo,
geevt dat keen Geldlock? Ick frog mi dat siet Johrn. Da gibt es so ein Buch, "Politische Ökonomie der Finanzmärkte" (2002), von dem linken Bremer Professor Jörg Huffschmid, in dem viel blabla, marxistische Begrifflichkeiten und längst überwundene wirtschaftswissenschaftliche Folklore steht, aber ein Gedanke ist interessant. Hier wurde er meines Wissens noch nie diskutiert:
"Der Begriff »Finanzmarkt« wird gewöhnlich als Oberbegriff der beiden Begriffe Kapitalmarkt und Geldmarkt benutzt. [...] Der Gebrauch des Oberbegriffs ist bemerkenswert jung. [...] [Sein] plötzliches Auftauchen bedeutet mehr als die Erfindung eines klassifikatorischen Oberbegriffes für Geld- und Kapitalmärkte. [Er] signalisiert zum einen, dass die Trennung zwischen den beiden Unterbegriffen unscharf wird [...] [und] zum anderen entwickeln Banken und andere Finanzunternehmen eine Vielzahl von neuen Finanz»instrumenten« und Finanz»innovationen«,die weder den klassischen Geldmärkten noch den Kapitalmärkten zugeordnetwerden können [...]."
Es gebe fünf Ebenen, in die der Finanzmarkt eingegliedert werden kann:
"1. Der Kreditmarkt, mit den Banken als Gläubigern auf der einen, Unternehmen, Regierungen und Privatpersonen als Schuldnern auf der anderen Seite.
2. Der Primärmarkt für Wertpapierfinanzierung, auf dem sich Unternehmendurch die Ausgabe von Aktien oder die Auflage von Anleihen und Regierungen durch Anleihen Finanzierungsmittel direkt beim Publikum beschaffen. Dies ist der klassische Kapitalmarkt, der überwiegend über die Börse abgewickelt wird. Finanzunternehmen sind hierbei nicht als Kreditgeber, sondern als Vermittler zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern tätig.
3. Der Sekundärmarkt für den Wertpapierhandel. Auf ihm werden bereits existierende Wertpapiere, deren Finanzierungsfunktion also bereits erfüllt ist, gehandelt. Dabei tritt das Anlegerinteresse an hohen Renditen und steigenden Kursen gegenüber dem Finanzierungsinteresse in den Vordergrund.
4. Der Markt für Währungen. Er ist zur Abwicklung des internationalen Handels sowie grenzüberschreitender Investitionen erforderlich, hat sich aber weit über diese Funktion hinaus zu einem der bevorzugten Spekulationsmärkte entwickelt.
5. Der Markt für abgeleitete Finanz»instrumente« (Derivate), die sich auf finanzielle Forderungen und Verpflichtungen in der Zukunft beziehen. Dabei steht zum einen ihre Sicherungsfunktion gegen Preisänderungen, zum anderen die Spekulation im Vordergrund."
Die empirische Realität passt jetzt nicht ganz zu Deiner S=I-These, wenn ich das richtig verstehe. Huffschmid spricht von den 80er- und 90er-Jahren:
"Der Umfang der Finanzmärkte ist in den letzten 20 Jahren stark gewachsen, sehr viel stärker als die Investitionen oder die Produktion. Dennoch werden Investitionen von Unternehmen nach wie vor zum größten Teil nicht extern, sondern aus selbst erwirtschafteten Mitteln finanziert. Es erscheint paradox: Der Anteil der Unternehmensinvestitionen, der über die Finanzmärkte finanziert wird, hat in den letzten beiden Jahrzehnten - als die Finanzmärkte explodierten - in den entwickelten Industrieländern im Trend nicht zu-, sondern sogar abgenommen (vgl. Schaubild l)."
Oder hast Du eine Erklärung dafür? Schaubild 1 ist auf S. 26. Was ist nun so besonders am Wertpapierhandel?
"Börsen sind nicht nur Einrichtungen, auf denen Unternehmen und Regierungen sich Finanzmittel beschaffen können. Sie sind gleichzeitig Märkte, auf denen mit Wertpapieren gehandelt wird. Beide Funktionen hängen zwar zusammen, sie sind aber keineswegs miteinander identisch, und ihr Zusammenhang hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten erheblich gelockert. [...] Die Hauptthese dieses Kapitels ist, dass die treibende Kraft der Finanzmärkte der Übergang von der Investitionsfinanzierung zum Finanzinvestment ist."
Empirisch ist das Verhältnis zwischen Aktienbestand und Aktienhandel im Schaubild 6 auf S. 39 abgebildet. Wie soll ich mir das jetzt erklären?
Ich habe zur Verbindung zwischen Primär- und Sekundärmarkt folgendes Modell im Kopf: Ein Unternehmen will sich durch Wertpapiere finanzieren. Es bietet eines für 100€ an. A kauft sich das Wertpapier. Das Unternehmen hat jetzt 100€ zur Verfügung und finanziert seine Produktion. Das ist der Primärmarkt. A bietet jetzt das Wertpapier für 105€ an. B kauft ihm das Wertpapier ab. Das ist der Sekundärmarkt.
Jetzt kommt das Problem mit dem Geldloch.
A könnte jetzt für 105€ im Baumarkt einkaufen gehen. Dann gebe es kein Geldloch. Was ist aber, wenn A wieder ein bereits emittiertes Wertpapier kauft? Etwa für 80€ und mit dem Rest kurbelt er die Wirtschaft an. Oder er legt noch 15€ drauf und kauft sich für 120€ ein Wertpapier. Oder er bleibt bei den 105€ - egal...
Jetzt könnte der Einwand kommen: Kein Problem! Derjenige, der das bereits emittierte Wertpapier verkauft, kann ja jetzt in den Baumarkt gehen --> kein Geldloch!
Aber wäre das nicht eine Spekulation? Theoretisch kann man doch nicht ausschließen, dass der Verkäufer des Wertpapiers wieder bereits emittierte Wertpapiere kauft, genau wie A, oder doch? Was machen denn Börsenhändler den ganzen Tag so, außer Geld hin- und herschieben? Der ganze Vorgang sehe dann wie eine Kette von Eigentumswechseln der Wertpapiere aus, die keinen Bezug zu realwirtschaftlichen Vorgängen haben.
Ich will nicht sagen, dass Geld in einem Loch rumliegt - außer vllt nach Börsenschluss auf dem Girokonto. Ich will sagen, dass das Geld mit dem Handel im Sekundärmarkt nicht in der Realwirtschaft zwangsweise ankommen muss. Wie passt der Sekundärmarkt mit Deiner S=I-These zusammen?
gesamter Thread:
- @Fabio: Dafür, dass Du einer der Wenigen bist, die aus dem Debitismus einen konkreten Nutzen ziehen konnte... -
Lex Mercatoria,
04.09.2011, 01:24
- Beitragslöschung von Lex Mercatoria -
paranoia,
05.09.2011, 00:26
- Danke paranoia ! ... dem kann ich mich - Jeanna, 05.09.2011, 00:43
- Möchte auch gerne weiterhin Lex M. lesen (oT) - Kurt, 05.09.2011, 08:42
- Vielleicht noch mal überdenken - Hardy, der Student, 05.09.2011, 08:03
- wollte nicht der Erste sein - aber bitte überleg es Dir noch mal, der Beitrag war n.m.E. doch nicht "feindlich" gemeint? (oT) - Onkel Otto, 05.09.2011, 08:14
- sehe ich anders - Dieter, 05.09.2011, 09:46
- Der Beitrag war absolut ok, verstehe ich nicht - Gaby, 05.09.2011, 09:58
- Chef, hast vermutlich übersehen, dass ... - Zarathustra, 05.09.2011, 10:01
- Verstehe ich auch nicht ... - Arithmos, 05.09.2011, 10:58
- Ich habe den Beitrag wieder eingestellt und entschuldige mich... - Chef, 05.09.2011, 11:01
- Vielen lieben Dank an alle... - Lex Mercatoria, 05.09.2011, 18:15
- Positive Aspekte des Debitismus: ein Anfang -
Miesespeter,
05.09.2011, 19:50
- Vollste Zustimmung, sehr schön ausgedrückt! (oT) - Elli, 05.09.2011, 20:04
- Fein - wir kommen also doch noch zu einer Diskussion! -
Lex Mercatoria,
06.09.2011, 00:26
- Politische Bedeutung -
tar,
06.09.2011, 01:34
- Jetzt sind wir ganz nahe dran, tar! -
Lex Mercatoria,
06.09.2011, 20:38
- Eutopie vs. Dystopie - tar, 07.09.2011, 03:32
- Gesellschaftssteuerung ist kein Gluecksspiel -
Miesespeter,
10.09.2011, 00:40
- Dieser Satz ist ein so erschreckender Angriff auf die moralischen Grundsätze und Prinzipien der abendländischen Kultur... -
Lex Mercatoria,
10.09.2011, 23:56
- Wahrheit ist eine Lüge -
moneymind,
12.09.2011, 00:42
- Ich glaube, ich gehöre zum Persönlichkeitstyp Cheeseburger... -
Lex Mercatoria,
12.09.2011, 01:47
- Sorgen?!?!? - moneymind, 13.09.2011, 23:59
- Ich glaube, ich gehöre zum Persönlichkeitstyp Cheeseburger... -
Lex Mercatoria,
12.09.2011, 01:47
- Wahrheit ist eine Lüge -
moneymind,
12.09.2011, 00:42
- Dieser Satz ist ein so erschreckender Angriff auf die moralischen Grundsätze und Prinzipien der abendländischen Kultur... -
Lex Mercatoria,
10.09.2011, 23:56
- Utopie, Ziele etc. - moneymind, 11.09.2011, 23:58
- Jetzt sind wir ganz nahe dran, tar! -
Lex Mercatoria,
06.09.2011, 20:38
- Politische Bedeutung -
tar,
06.09.2011, 01:34
- Freiheit von Hoffnung (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 10:08
- Wer mit Hoffnungslosigkeit gut leben kann, hat sehr viel erreicht -
Zarathustra,
06.09.2011, 10:30
- Nicht ganz, denn ... (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 10:51
- Ohne Furcht keine Hoffnung - Zarathustra, 06.09.2011, 11:05
- Sisyphus Schicksal, das blüht den Nachhaltigen und Kreislaufwirtschaftern ... -
Orlando,
06.09.2011, 13:30
- Das ist kein Aufruf zur Selbstkasteneiung in christlicher Tradition (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 13:57
- Nein sagen und die Konsequenzen ertragen - Orlando, 06.09.2011, 15:30
- Ich hätte diese - kack - Einblendung im Video weglassen sollen! Gruß (oT) - Ashitaka, 08.09.2011, 19:04
- Das ist kein Aufruf zur Selbstkasteneiung in christlicher Tradition (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 13:57
- Nicht ganz, denn ... (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 10:51
- Wer mit Hoffnungslosigkeit gut leben kann, hat sehr viel erreicht -
Zarathustra,
06.09.2011, 10:30
- Droge klarer Kopf -
beni,
05.09.2011, 19:58
- Debitismus und Marx (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 10:23
- "Lösungen anzubieten" -
Zarathustra,
06.09.2011, 11:29
- Jetzt "hegelst" du ;-) (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 12:27
- Was ist da vernünftig? Das erschließt sich mir jetzt nicht... -
Mephistopheles,
06.09.2011, 13:28
- Warum muss sie das denn?! (mT) - Melethron, 06.09.2011, 14:08
- So machen wir's. Oder anders. Aber sofort. - moneymind, 12.09.2011, 00:22
- Was ist da vernünftig? Das erschließt sich mir jetzt nicht... -
Mephistopheles,
06.09.2011, 13:28
- Jetzt "hegelst" du ;-) (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 12:27
- Marx -
beni,
06.09.2011, 12:22
- Antwort (mT) - Melethron, 06.09.2011, 13:30
- Nun? - tar, 06.09.2011, 18:18
- "Lösungen anzubieten" -
Zarathustra,
06.09.2011, 11:29
- Debitismus und Marx (mT) -
Melethron,
06.09.2011, 10:23
- Optimistische Debitisten -
Fabio,
05.09.2011, 20:41
- Debithermodynamik v1.2 - Kurt, 14.10.2011, 13:16
- der Debitismus kann die Welt retten, wenn kein Retter mehr in Sicht ist -
Onkel Otto,
06.09.2011, 09:17
- Wat mi nich in den Kopp geiht... -
RogRog,
07.09.2011, 00:37
- wo ist das Geldloch? -
Onkel Otto,
08.09.2011, 11:20
- Musst mich noch ein büschen genauer aufklären! -
RogRog,
08.09.2011, 23:41
- ich versuchs... - Onkel Otto, 09.09.2011, 17:57
- Daten - Thor, 14.09.2011, 07:20
- Musst mich noch ein büschen genauer aufklären! -
RogRog,
08.09.2011, 23:41
- wo ist das Geldloch? -
Onkel Otto,
08.09.2011, 11:20
- Wat mi nich in den Kopp geiht... -
RogRog,
07.09.2011, 00:37
- Beitragslöschung von Lex Mercatoria -
paranoia,
05.09.2011, 00:26