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Geld - woher?

dottore @, Montag, 02.06.2008, 06:06 (vor 6418 Tagen) @ MariaBitterlich

Hi Maria,

nochmals zu meiner Sicht der Dinge, die in dem bekannten Aufsatz „Macht, der Staat und die Institution des Eigentums“ ausgeführt ist. Hier die Kurzform von Miprox (Forenteilnehmer MARSCH), darin kann man auch die Langfassung erklicken. Sie ist ebenfalls auf den Seiten von Weissgarnix unter „Machttheorie des Geldes“ nachzulesen:

http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/Macht-der_Staat-Eigentum.htm

http://www.weissgarnix.de/?p=71

Die einzelnen Schritte, soweit sie sich historisch belegen lassen:

1. Geld ist ohne Eigentum nicht definierbar.
2. Eigentum ist ohne Macht (angedrohte oder eingesetzte) nicht definierbar.
3. Macht ist ohne (überlegene) Waffen nicht definierbar.
4. Das erste (personale) Eigentum ist die Waffe. Ihr Besitz besichert durch ihre Eigenschaft ihr Eigentum.
5. Jetzt ein kleiner Exkurs: Vor 70.000 Jahren war die Zahl der Menschen (homines sapientes) fast ausgestorben:

http://www.welt.de/wissenschaft/article1938089/Menschheit_vor_70.000_Jahren_fast_ausgel...

Danach begann eine rasante Bevölkerungsvermehrung, die in Schüben bis heute anhält. Aus den noch vorhandenen 2000 Exemplaren wurden 6,5 Milliarden. Im Laufe dieser Entwicklung bildeten sich zunächst kleine Trupps (30/50), die beim Erreichen der „Dunbar-Nummer“ (ca. 150) eine „kritische Masse“ erreichten.

http://en.wikipedia.org/wiki/Dunbar's_number

Bei größeren Human-Agglomerationen, kommt es in der Regel zu Stammesteilungen. Treffen solche Stämme bzw. Sub-Stämme auf Fremdstämme entstehen Konflikte. Die verlaufen zunächst in einem Hin und Her (mal gewinnt der eine, dann der andere), so dass ein fragiles Gleichgewicht entsteht.

Das änderte sich, als es den Quantensprung in der Waffentechnik gab – weg von Pfeil und Bogen, Steinzeug usw. hin zu Waffen die aus Metall gefertigt wurden und dies mit erheblicher Geschwindigkeit. Das Metall war Bronze (daher „Bronzezeit“), eine Kupfer/Zinn-Legierung, deren Optimierung eine Zeit in Anspruch nahm.

Der Ursprung der Bronzewaffentechnik ist nach Muschiston (Tadschikistan) zu verorten:

http://www.archaeologie-online.de/magazin/thema/montanarchaeologie/bergbau_mittelasien/...

Von dort aus beginnt der Siegeszug der Bronze (bei der Herkunft des Zinns gibt es unter Experten noch offene Fragen), die schließlich auch bei jenen Stämmen Mittel- und Vorderasiens ankommt, die mit Hilfe ihrer überlegenen Waffen die dort – zumal im fruchtbaren Halbmond - siedelten Haus- und Ortsgemeinschaften, Stämme usw. dauerhaft unterjochen und zu Abgaben, also zu „Schulden ex nihilo“ zwingen konnten. Eine bronzefreie Parallelentwicklung im präkolumbianischen Amerika und anderswo sei hier ausgelassen.

Die Abgaben an die neuen Machthaber (Chief, Clique) musst auf den riesigen Gebieten (Latifundien) zunächst in natura geleistet werden. Verantwortlich waren sog. „Aufseher“, die sich nach Soll-Vorgaben zu richten hatten. Beim Unterschreiten des Solls wurden sie entweder sanktioniert (Eingliederung in die Arbeitertrupps) oder sie hatten die Möglichkeit, sich bei jenen Aufsehern, die mit Übersoll aufwarten konnten, die Differenz zu leihen.

Über den Leihvorgang wurden Dokumente ausgestellt, die zinsfrei waren. Ein Zins entstand erst, wenn der Inhaber eines Leihdokuments vor dessen Fälligkeit seinerseits an die Naturalien kommen wollte oder musste. Das Dokument wurde diskontiert, woraus sich automatisch ein Zinssatz ergibt.

Um die komplizierten Naturalabgaben-Vorgänge zu erleichtern, setzten die Herrscher – nachzuweisen u.a. am Codex Hamurappi

http://www.wsu.edu/~dee/MESO/CODE.HTM

– zunächst für die Standard-Naturalie Gerste, die sich durch in sich gleichgewichtige Körner auszeichnet, eine Parität zu Silber fest: 180 Körner = 1 Shekel. Die Möglichkeit mit Körnern zu bezahlen wurde detailliert geregelt bzw. allmählich verlassen, vgl. das berühmte Beispiel der Schankwirtin (108).

Die Abgaben waren schließlich in Silber zu leisten,wobei nicht mehr einzelne, sondern in der Regel ganze Gemeinwesen hafteten.

6. Wird „Geld“ als „Zahlungsmittel“ definiert, ist zu fragen, um welche Erst-Zahlung es sich denn gehandelt haben mag. Eine Tilgung einer Geldschuld kann es nicht sein, da dann wieder gefragt werden müsste, wie und wozu denn das „Erst-Geld“ entstanden sein mag und wer es sich und wie beschafft haben mag. Also ein Zirkelschluss.
7. Die Vorstellung, Geld sei als „Tauschmittel“ erfunden worden, entbehrt jeglicher historischer Basis (vgl. den bekannten Aufsatz Daltons über „barter“ u.a.).

Summa: Geld in Form von Metall ist als Variante von waffen- und machtbasierten Abgaben (= vom Obereigentümer festgesetzten Schulden ex nihilo) entstanden. Dass sich mit Hilfe von Metallgeld dann alles weitere entwickelte (Handel und Wandel auf privater Basis bis hin zu Produktenbörsen usw.) ist eine logischerweise folgende Entwicklung.

Die Kritik an H/S: Sie gehen von einer „privaten“ Entstehung von Geld aus (Verpfändung von (Unter-)Eigentum), was leider keinen Sinn macht: Entweder jemand hat Unter-Eigentum, dann ließe es sich nur verpfänden, sofern es Ertrag bringt. Bringt es Ertrag, ist nicht zu verstehen, wozu der Ertrag verpfändet werden sollte. Tatsächlich ist Geld aus obrigkeitlichem Ukas entstanden (triple-down) und nicht durch eine „gesellschaftliche Konvention“ aller in einem bestimmten Areal Hausenden („bottom-up“). Von solchen Konventionen ist weit und breit keine Spur zu entdecken.

Gruss in Kürze!

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